forum Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention

Einführung in das Thema

Himweis vorab:

Menschen mit Behinderungen erfahren immer noch viel Diskriminierung. Ableismus (von dem englischen „to be able“ = fähig sein) benennt diese Form der Diskriminierung als alltägliche Reduktion eines Menschen auf die jeweilige Beeinträchtigung, in der Betroffene nicht als Gleichberechtigte wahrgenommen werden. Aus diesem Grund ist auf eine sensible Sprache und einen wertschätzenden Umgang in der inhaltlichen Vorbereitung sowie auf der Konferenz zu achten. 

 

Kurzzusammenfassung

2008 wurde das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention, kurz BRK) verabschiedet. Damit begann auch ein Kurswechsel im Umgang mit und in der Wahrnehmung von Menschen mit Behinderung. Im Kern steht der Anspruch, Barrieren abzubauen, um Menschen mit Behinderung ein gleichberechtigtes Leben zu ermöglichen. Die aktuell 185 Vertragsstaaten verpflichten sich, die individuellen Rechte der Menschen mit Behinderung zu achten und zu schützen. Die Konvention wendet dafür die bestehenden Menschenrechte auf die Situation von Menschen mit Behinderung an, um damit auch deren Schutz explizit zu gewährleisten. 

Trotz vieler Fortschritte, die seit der Verabschiedung erzielt wurden, gibt es immer noch einige Probleme. So werden beispielsweise oftmals die jeweiligen nationalen Berichte „geschönt“. Es fehlen Zahlen und Statistiken zur Situation von Menschen mit Behinderung. Kritische Punkte werden oftmals nur angerissen oder gar nicht erwähnt. Zudem hat das Thema nur eine geringe Aufmerksamkeit und wird auf der politischen Agenda nicht priorisiert, weshalb viele Barrieren, die Menschen mit Behinderung zum Teil sehr stark einschränken können, weiterhin existieren. Auch die Covid-19-Pandemie hat Menschen mit Behinderung besonders gravierend getroffen. Sie sind häufig Teil der sogenannten Risikogruppe, also besonders gefährdet für bleibende Gesundheitsschäden oder Tod durch eine Infektion und müssen deshalb besonders geschützt werden. Zugleich treffen sie die sozialen und ökonomischen Folgen der Pandemie (z.B. Lockdown) besonders schwer. Aber auch in bewaffneten Konflikten, wie jetzt im Krieg Russlands gegen die Ukraine, werden die Lebenssituationen der Menschen mit Behinderungen erheblich verschärft.
 

Punkte zur Diskussion

Trotz vieler Fortschritte, die seit der Verabschiedung erzielt wurden, sollten die Delegierten überlegen, wie die Vertragsstaaten und die UN den oben genannten Probleme und Punkten zur Verbesserung begegnen können:

  • Häufig werden die jeweiligen nationalen Berichte über die Umsetzung der BRK „geschönt“. Kritische Punkte werden nur angerissen oder gar nicht erwähnt. Oftmals fehlen auch Zahlen und Statistiken, um das tatsächliche Bild differenziert darzustellen. Was kann getan werden, um die Berichte aussagekräftiger und realitätsnäher zu machen?
  • Obwohl kein anderer völkerrechtlicher Vertrag jemals so schnell von so vielen Staaten ratifiziert wurde, genießt das Thema nur eine geringe Aufmerksamkeit und wird auf der politischen Agenda nicht priorisiert. Wie können Staaten und UN-Gremien dazu gebracht werden, dieser Thematik eine größere Bedeutung zu verleihen?
  • Die Covid-19-Pandemie hat Menschen mit Behinderung besonders gravierend getroffen. Sie sind häufig Teil der Risikogruppe und müssen deshalb besonders geschützt werden. Zugleich treffen sie die sozialen und ökonomischen Folgen der Pandemie (z.B. Lockdown) besonders schwer. Was kann unternommen werden, um die schwerwiegenden Folgen der Pandemie für Menschen mit Behinderung abzufedern?
  • Menschen mit Behinderung sind sehr häufig das Ziel von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Wie kann diesem Phänomen entgegengewirkt werden?
  • Im öffentlichen Leben existieren weiterhin viele Barrieren für Menschen mit einer Behinderung. Das Ziel der Verringerung dieser sollte in der aktuellen gesellschaftlichen, fachlichen und rechtlichen Praxis aufgegriffen werden. Das ist wichtig, weil es der Konvention um die Überwindung der Barrieren geht, die Menschen mit Beeinträchtigungen im Alltag, beispielsweise bei der Suche nach einer geeigneten Wohnung, behindern. Was kann getan werden, um den Barriereabbau stattfinden zu lassen, beziehungsweise zu beschleunigen?
     

Einleitung

Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. So heißt es in Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948. Dieses Ideal ist aber weltweit längst nicht verwirklicht, auch nicht für die über eine Milliarde Menschen mit Behinderung (World Report on Disability, WHO). Um diesen Zustand zu verbessern, wurde das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention, kurz BRK) verabschiedet. Mit der 2008 in Kraft getretenen Konvention beginnt ein Kurswechsel im Umgang mit und in der Wahrnehmung von Menschen mit Behinderung. Die Vertragsstaaten verpflichten sich, die individuellen Rechte der Menschen mit Behinderung zu achten und zu schützen. Das Ziel ist es, dass Menschen mit Behinderung ihre Menschenrechte vollumfänglich ausschöpfen können und ein vollständig integrierter Teil der Gesellschaft sind.

 

Hintergrund und Grundsätzliches

Weltweit leben nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO) über eine Milliarde Menschen mit einer Behinderung. Mit dem Hintergrund der weltweiten Erfahrung, dass Menschen mit Behinderung nicht ausreichend vor Diskriminierung und Ausgrenzung geschützt werden, erarbeiteten die Vereinten Nationen das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderung (Behindertenrechtskonvention, BRK). Dieses wurde am 13. Dezember 2006 in New York von der Generalversammlung der Vereinten Nationen (United Nations, UN) verabschiedet. Es ist am 03. Mai 2008 in Kraft getreten und zählt heute 185 Vertragsstaaten. Die BRK ist das erste internationale Spezialübereinkommen für die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Die Konvention wurde zu einem der am schnellsten unterstützten Menschenrechtsinstrumente in der Geschichte, mit starker Unterstützung aller Regionalgruppen. 160 Staaten unterzeichneten die Konvention bei ihrer Verabschiedung im Jahr 2007 und 126 Staaten ratifizierten die Konvention innerhalb der ersten fünf Jahre.

Die BRK dient in erster Linie dazu, die bereits bestehenden menschenrechtlichen Standards unter dem besonderen Blickwinkel der Menschen mit Behinderungen zu präzisieren und zu ergänzen. Sie würdigt Behinderung als Teil der Vielfalt menschlichen Lebens und überwindet damit das noch in vielen Ländern vorherrschende defizitorientierte Verständnis. Das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen greift auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte sowie auf die wichtigsten Menschenrechtsverträge der UN zurück und formuliert zentrale Bestimmungen dieser Dokumente für die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen. Die BRK schafft somit keine Sonderrechte, sondern konkretisiert und spezifiziert die universellen Menschenrechte aus der Perspektive der Menschen mit Behinderungen und vor dem Hintergrund ihrer spezifischen Lebenslagen, die im Menschenrechtsschutz systematische Beachtung finden müssen.

Mit der Konvention werden die Rechte von Menschen mit Behinderungen als allgemeine Menschenrechte anerkannt, wobei die schrittweise Umsetzung der Konvention eine Aufgabe der gesamten Gesellschaft darstellt. Der Abbau von Barrieren auf allen gesellschaftlichen Ebenen sichert nicht nur Menschen mit Behinderungen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, sondern lässt gleichermaßen alle Menschen mit und ohne Behinderungen davon profitieren. Ziel der Konvention ist es, dass Menschen mit Behinderungen ihre Rechte in gleichem Maße ausüben können wie Menschen ohne Behinderungen.

Die Konvention richtet sich in erster Linie an die Vertragsstaaten und verpflichtet diese, Barrieren abzubauen, mit denen Menschen mit Behinderungen konfrontiert sind, sie gegen Diskriminierung zu schützen, ihre Inklusion in der Gesellschaft zu fördern und die Möglichkeit der Wahrnehmung ihrer politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Bürger*innenrechte zu gewährleisten. 

Die Vertragsstaaten haben sich dazu verpflichtet, die Konvention jeweils in nationales Recht zu implementieren und jegliche Diskriminierung von Menschen mit Behinderung zu unterlassen. Die BRK lässt den Vertragsstaaten einen bedeutenden Ermessensspielraum bei der Umsetzung. In Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c wird daran erinnert, dass die Umsetzung der Bestimmungen der Konvention eine Querschnittsaufgabe des Staates darstellt. Alle Gesetzesentwürfe und staatliche Handlungen sollen den Bestimmungen der BRK entsprechen.

Das Abkommen besteht aus 50 Artikeln. Das Gesamtspektrum der Menschenrechte wird unter dem Gesichtspunkt durchgearbeitet, wie Menschen mit Behinderung ihre Ansprüche auf Autonomie, Inklusion, Gleichberechtigung, Barriereabbau, Mobilität, Bildung, Teilhabe, etc. wirksam zur Geltung bringen können.

Über die Implementierung wacht der dafür eingerichtete UN-Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Diesem Expertengremium, bestehend aus 18 Mitarbeiter*innen mit und ohne Behinderung, müssen alle Vertragsstaaten alle vier Jahre einen Bericht zum Stand der Implementierung der BRK vorlegen.

Seit dem 30. März 2007 wird die UN-Behindertenrechtskonvention vom 13. Dezember 2006 um ein Fakultativprotokoll ergänzt. Bei diesem handelt es sich um einen eigenständigen völkerrechtlichen Vertrag. Es erweitert die Kompetenzen des Ausschusses für Menschen mit Behinderungen nach Artikel 34 der UN-Behindertenrechtskonvention um zwei Verfahren. Das erste Verfahren ist die Individualbeschwerde. Diese ermöglicht es Einzelpersonen oder Personengruppen, die eines ihrer in der BRK zugesagten Rechte verletzt sehen, sich an den Ausschuss für Menschen mit Behinderungen zu wenden. Der Ausschuss kann diese Vorwürfe gegen den jeweiligen Staat dann in einem im Fakultativprotokoll festgelegten Verfahren prüfen. Das zweite Verfahren ist das Untersuchungsverfahren. Der Ausschuss ist befugt, bei zuverlässigen Angaben, die auf schwerwiegende oder systematische Verletzungen der im Übereinkommen niedergelegten Rechte hinweisen, auch von sich aus tätig zu werden und die Vertragsstaaten zur Stellungnahme aufzufordern.

 

Aktuelles

Heute zählt die BRK 185 Vertragsstaaten und 92 Unterzeichnerstaaten des Fakultativprotokolls. Allerdings fehlen mit den USA eines der wichtigsten Mitglieder der internationalen Staatengemeinschaft.

Eine Reihe von Vertragsparteien haben Vorbehalte, Auslegungserklärungen oder Erklärungen zur Anwendung des Übereinkommens abgegeben. So sieht beispielsweise Australien sich nicht verpflichtet, die Zwangsmedikation von als psychisch krank eingestuften Personen einzustellen, wenn dies als letztes Mittel angesehen wird. El Salvador erkennt die Konvention nur an, soweit sie mit seiner Verfassung vereinbar ist. Frankreich hingegen betrachtet die Konvention nicht als rechtsverbindlich.

Zu den anderen Parteien, die ihre Ratifizierung oder ihren Beitritt mit Vorbehalten, Absprachen oder Erklärungen versehen haben, gehören  Australien, Aserbaidschan, Belgien, Brunei, Kanada, Zypern, Ägypten, El Salvador, Estland, die Europäische Union, Frankreich, Georgien, Griechenland, Iran, Irland, Israel, Japan, Kuwait, Libyen, Litauen, Malaysia, Malta, Mauritius, Mexiko, Monaco, die Niederlande, Norwegen, Polen, Republik Korea (Südkorea), Singapur, Slowakei, Surinam, Syrien, Thailand, das Usbekistan und Venezuela. Bis zum 16. August 2020 hatten 22 Parteien förmliche Einwände gegen die Vorbehalte, Übereinkünfte oder Erklärungen anderer Parteien eingereicht.

Die Corona-Pandemie hat bestehende Probleme verschärft und ans Licht gebracht, die aber tatsächlich schon seit langem existieren. Tausende Erwachsene mit Behinderung haben den Covid-Lockdown in Pflegeeinrichtungen verbracht. In diesen war der Zugang zu medizinischer Betreuung bereits präpandemisch erschwert, durch Zutrittsbeschränkungen und die Einstellung regelmäßiger Hausbesuche wurde diese Situation insbesondere zulasten dort lebender Menschen mit Behinderungen jedoch zusätzlich erschwert. Aber auch die Wahrscheinlichkeit, an Covid-19 selbst zu erkranken, war durch die zentrale Versorgung in Pflegeeinrichtungen gegenüber dezentral lebenden, pflegebedürftigen Menschen erhöht. Schlussendlich war auch  Zugang zu Informationen zum Virus ist teilweise nicht barrierefrei.

Weitere erhebliche Ungleichheiten wurden im Zusammenhang mit funktionellen Schwierigkeiten in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Arbeit und Lebensstandard (z.B. Elektrizität) festgestellt. Eine Benachteiligung von Personen mit funktionellen Schwierigkeiten gegenüber Personen ohne funktionelle Schwierigkeiten, lässt sich dabei durch alle Ländern hinweg insbesondere in Bezug auf Bildungsniveau, Lese- und Schreibfähigkeit, Ernährungsunsicherheit, Vermögensbesitz, Gesundheitsausgaben und Armut durchgängig feststellen.

Ein Paradigmenwechsel, eine Definition von Behinderung und eine verstärkte gesellschaftspolitische Debatte sind notwendig, insbesondere auch darüber, wie die BRK auf rechtlicher Ebene fortentwickelt werden soll.

 

Probleme und Lösungsansätze

Schon während der Erarbeitung des ersten Entwurfs der Konvention zeichneten sich vier Konfliktlinien ab, die auch noch heute teilweise die Implementierung der BRK behindern. Darunter zählen die Fragen zur rechtlichen Handlungsfähigkeit von Menschen mit Behinderung und das Thema Zwangsbehandlung und Institutionalisierung. Auch die unterschiedlichen sozialen, religiösen und kulturellen Werte der Mitgliedsstaaten waren ein Konfliktanlass, insbesondere da in vielen Gesellschaften Ableismus, also die systematische Diskriminierung von behinderten Menschen tief in den kulturellen und sozialen Werten verankert ist. So kommt es häufig dazu, dass sich Staaten in ihren Äußerungen zur Behindertenrechtskonvention ableistisch ausdrücken oder verhalten und dies menschenrechtswidrig mit ihren religiösen oder kulturellen „Werten“ rechtfertigen. Das vierte Konfliktthema lässt sich mit den Worten Inklusion vs. Segregation umschreiben.

In seinen abschließenden Bemerkungen, die der Ausschuss für die Berichte der Vertragsstaaten verabschiedet, werden oftmals zahlreiche Menschenrechtsverletzungen aufgezählt. Besonders häufig geht es dabei um Entmündigungen bzw. die rechtliche Betreuung von Menschen mit psychosozialer oder kognitiver Beeinträchtigung, um Institutionalisierung Behinderter in Sonderwelten wie Heimen, Sonderschulen oder Werkstätten für behinderte Menschen sowie um Zwangsbehandlungen. Es geht mithin um genau jene Bereiche, die, wie oben dargelegt, auch bei der Entstehung der Konvention die zentralen Konfliktthemen waren.

Ein alle betreffendes Problem besteht allerdings darin, dass in vielen Vertragsstaaten große Mängel in der innerstaatlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung von Menschen mit Behinderung bestehen. Um die gewünschte Inklusion in den einzelnen Ländern zu erreichen, müssen strengere Überprüfungen der Richtlinien stattfinden.

Jedes Land, das die BRK ratifiziert hat, ist dazu verpflichtet, die Öffentlichkeit regelmäßig über ihre Umsetzung in Stand zu setzen. Allerdings sind viele dieser Berichte ungenau, basieren auf schlecht erforschten Zahlen und können aufgrund von fehlenden Zahlen und Statistiken vielfach gar keine Auskunft geben. In den nationalen Haushaltserhebungen und Volkszählungen vieler Länder sind Menschen mit Behinderungen weiterhin unsichtbar. Um die Berichte der Vertragsstaaten aussagekräftiger zu machen, sollten die Staaten dazu angehalten werden, mehr über die Situation von Menschen mit Behinderung in ihrem Land in Erfahrung zu bringen. Zudem können zur Komplettierung Schattenberichte und Berichte von Nichtregierungsorganisationen einen wertvollen und unabhängigen Beitrag leisten.

Wie oben beschrieben, haben die Vereinten Nationen mit der umfassenden Beteiligung der Zivilgesellschaft neue Wege beschritten. Auch mit dem Koordinierungsmechanismus wurden neue Strukturen geschaffen, die hoffentlich von weiteren Behindertenbeauftragten fortentwickelt werden. Und nicht zuletzt sind so manche Organisationen der Zivilgesellschaft über ihre Schatten gesprungen und haben sich zu Kompromissen bereit erklärt, um einen starken gemeinsamen Parallelbericht zu schaffen – Beispiele gelungener Partizipation.

Nicht unerwähnt bleiben darf dabei die Tatsache, dass Selbstvertretungsorganisationen behinderter Menschen bislang fast nur auf ehrenamtlicher Basis unter einem hohen Maß an Selbstausbeutung Partizipation realisieren können. Wenn Partizipation von Menschen mit Behinderungen ernst genommen wird, dann müssen auch die notwendigen Ressourcen für Selbstvertretungsorganisationen bereitgestellt werden, um eine tatsächliche und qualitativ hochwertige Partizipation der Betroffenen zu sichern.

 

Hinweise zur Recherche und weiterführende Links

Zur eigenen Recherche ist es sinnvoll, die Informationen der Vereinten Nationen bezüglich des Behindertenrechtskonvention und ihren aktuellen Diskussionsthemen zu sichten. Zusätzliche Informationen bieten zudem die Publikationen nichtstaatlicher Akteur*innen wie beispielsweise dem Institut für Menschenrechte oder Amnesty International. Um mehr über den Hintergrund ihres Landes bezüglich der Thematik herauszufinden, empfiehlt es sich, die Berichte der Vertragsstaaten zur Hand zu nehmen. Nach Artikel 35 BRK muss jeder Vertragsstaat dem Ausschuss über den*die Generalsekretär*in der Vereinten Nationen einen umfassenden Bericht über die Massnahmen, die er zur Erfüllung seiner Verpflichtungen aus dem Übereinkommen getroffen hat, und über die dabei erzielten Fortschritte vorlegen. Alle Berichte der Vertragsstaaten sowie weiterführende Informationen sind auf der Website des Ausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen (Committee on the Rights of Persons with Disabilities) verfügbar.

Für weitere Nachforschungen können Sie gerne Google Scholar als Suchmaschine verwenden. Bei der Suche kann es hilfreich sein, gezielt nach bestimmten Begriffen (wie beispielsweise Barrierefreiheit BRK) zu suchen, um sich erforderliches Wissen in den Teilbereichen anzueignen und so nicht in der Komplexität der Thematik verloren zu gehen. Gehen Sie bei der Recherche eine Thematik nach der anderen durch und versuchen Sie, sich die Zusammenhänge zu erschließen.

Website des Abkommens zum thematischen Einstieg: https://www.behindertenrechtskonvention.info

Amtliche deutsche Übersetzung der Konvention: https://www.behindertenbeauftragter.de/SharedDocs/Publikationen/DE/Broschuere_UNKonvention_KK.pdf?__blob=publicationFile&v=45

Website des Europäischen Verbands für die Rechte von Menschen mit geistiger Behinderung. Gibt einen guten Einblick in die europäische Politik für Menschen mit Behinderung: http://www.inclusion-europe.eu/the-un-crpd-what-our-members-have-been-doing/

Informationsseite der UN zu Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf Menschen mit Behinderung:  https://www.un.org/development/desa/disabilities/covid-19.html

Anzeige des Ratifizierungsstands nach Land oder nach Vertrag: https://tbinternet.ohchr.org/_layouts/15/TreatyBodyExternal/Treaty.aspx?Treaty=CRPD&Lang=en.

Committee on the Rights of Persons with Disabilities https://www.ohchr.org/en/treaty-bodies/crpd
 

Lexikon

Spezialübereinkommen: Da es sich bei der Behindertenrechtskonvention um ein Übereinkommen handelt, dass schon bestehende Rechte nochmal für eine bestimmte Gruppe Menschen hervorhebt, wird von einem Spezialübereinkommen gesprochen.

Inklusion: Inklusion bedeutet den Einschluss oder die Einbeziehung von Menschen in die Gesellschaft. Durch Inklusion sollen gesellschaftliche Strukturen so verändert und gestaltet werden, dass sie allen Menschen mit ihren unterschiedlichen Fähigkeiten von Anfang an besser gerecht werden. Die Definition von Inklusion schließt also mit ein, dass Menschen mit Behinderungen aufgrund ihrer Beeinträchtigung nicht benachteiligt werden dürfen. Durch die UN-Behindertenrechtskonvention wurde das Recht auf Inklusion als Menschenrecht gefestigt. 

Behinderung: Grundsätzlich gibt es keine rechtsverbindliche und allgemeingültige Definition von Behinderung. In der Präambel der BRK heißt es allerdings, dass „das Verständnis von Behinderung sich ständig weiterentwickelt und dass Behinderung aus der Wechselwirkung zwischen Menschen mit Beeinträchtigungen und einstellungs- und umweltbedingten Barrieren entsteht, die sie an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern“. Laut BRK zählen zu den Menschen mit Behinderung Menschen, „die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können“.

Funktionelle Schwierigkeiten: Dieser Begriff beschreibt übergreifend die Einschränkungen, die Menschen im Bestreiten Ihres Alltags oder ihrer sozialen und kulturellen Teilhabe erfahren können, beispielsweise das eigenständige Kochen von Mahlzeiten, der Lebensmitteleinkauf oder die unabhängige Mobilität, ohne auf fremde Hilfe angewiesen zu sein. Der Grund für die Einschränkung ist dabei nicht zwingend eine dauerhafte Behinderung, sondern kann beispielsweise auch eine vorübergehende Erkrankung sein.

Barrierefreiheit: Eine barrierefrei gestaltete Umwelt ist die Grundlage für eine gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. Deshalb verpflichtet die BRK ihre Unterzeichnerstaaten in Artikel 9 Absatz 1, geeignete Maßnahmen zu treffen, um für Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen den Zugang zur physischen Umwelt, zu Transportmitteln, zu Information und Kommunikation, einschließlich Informations- und Kommunikationstechnologien und -systemen sowie zu anderen Einrichtungen und Diensten, die der Öffentlichkeit in städtischen und ländlichen Gebieten offen stehen oder für sie bereit gestellt werden, zu gewährleisten.

Konvention: Eine Konvention ist ein Übereinkommen, das von Menschen oder Staaten einvernehmlich eingehalten wird.

Teilhabe: Nach einer Definition der Weltgesundheitsorganisation aus dem Jahr 2001 bedeutet Teilhabe das „Einbezogensein in eine Lebenssituation“. Teilhabe kann dabei bspw. sozialer Natur, also im Sinne eines aktiven und offenen Freundeskreis oder kultureller Natur, also bspw. bauliche Zugänglichkeit von Theatern und Konzerten sein.

 

Quellenangaben und weiterführende Links

Aichele, Valentin: Eine Dekade UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland. 01.02.2019. Bonn: Aus Politik und Zeitgeschichte, Bundeszentrale für politische Bildung https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/284888/eine-dekade-un-behindertenrechtskonvention-in-deutschland/.

Arnade, Dr. Sigrid: Ableismus erkennen und begegnen, 2018, Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e. V. – ISL http://www.isl-ev.de/attachments/article/1687/Able-Ismus-bf_2018-bf.pdf.

Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung: Die UN-Behindertenrechtskonvention: Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen- amtliche Übersetzung. https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/Redaktion/PDF/DB_Menschenrechtsschutz/CRPD/CRPD_Konvention_und_Fakultativprotokoll.pdf.

Bielefeldt, Prof. Dr. Heiner: Zum Innovationspotenzial der UN-Behindertenrechtskonvention. (3., aktual. U. erw. Aufl.) (Essay 5) Berlin: Deutsches Institut für Menschenrechte 2009. https://www.ssoar.info/ssoar/handle/document/32813

Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen. 30.11.2020 https://www.bmas.de/DE/Soziales/Teilhabe-und-Inklusion/Politik-fuer-Menschen-mit-Behinderungen/un-behindertenrechtskonvention-rechte-von-menschen-mit-behinderungen-langtext.html.

Convention on the Rights of Persons with Disabilities (CRPD), United Nations: Department of Economic and Social Affairs https://www.un.org/development/desa/disabilities/convention-on-the-rights-of-persons-with-disabilities.html.

Degener, Theresia /Diehl, Elke: Handbuch Behindertenrechtskonvention, Teilhabe als Menschenrecht – Inklusion als gesellschaftliche Aufgabe. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 2015.

Degener, Theresia (2018), Towards inclusive equality: 10 years Committee on the Rights of Persons with Disabilities.https://www.gemeinsam-einfach-machen.de/SharedDocs/Downloads/DE/AS/UN_BRK/Dokumente_InklusionGestalten/Degener_Buch_EN.pdf;jsessionid=E8C29C6D3DAAFC086F18DBEC0504B1E3.2_cid345?__blob=publicationFile&v=2.

Institut für Menschenrechte: Die UN-Behindertenrechtskonvention https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/das-institut/monitoring-stelle-un-brk/die-un-brk.

Skorpis, Marianne: Menschen mit Behinderung - unsichtbare Covid-Opfer. Arte Info. https://www.arte.tv/sites/story/reportage/menschen-mit-behinderung-unsichtbare-covid-opfer/?lang=de.

Mitra, Sophie /Yap, Jaclyn: The disability data report 2021: https://disabilitydata.ace.fordham.edu/wp-content/uploads/2021/05/The-Disability-Data-Report-2021.pdf.

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