forum Menschenrechtslage im Jemen

Einführung in das Thema

Kurzzusammenfassung

Im Jemen herrscht seit 2015 ein blutiger Bürgerkrieg. Die Situation hat sich zu einer der größten humanitären Krisen der Welt entwickelt. Die Folgen dieses Krieges haben das Land, welches vor Ausbruch des Krieges bereits zu den ärmsten Ländern der arabischen Welt gezählt hat, hart getroffen und die ohnehin schon prekäre Menschenrechtssituation verschlimmert. Laut dem Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (World Food Programme, WFP) sind ca. 19 Millionen Menschen im Jemen unterernährt. Ungefähr 4,2 Millionen Menschen sind auf der Flucht und über 21 Millionen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, davon mehr als die Hälfte Kinder. Angriffe auf Zivilist*innen und Gesundheitseinrichtungen verhindern, dass lebensrettende Hilfe gewährleistet wird und dass Kinder und Jugendliche Bildung erfahren. Das zum Großteil zerstörte Gesundheitssystem kann der Bevölkerung kaum Gesundheitsleistungen garantieren. Der fehlende Zugang zu sauberem Trinkwasser und Hygienemaßnahmen führen dazu, dass sich Krankheiten schnell ausbreiten. Darüber hinaus war der Jemen im August 2022 von Starkregen und Überschwemmungen betroffen, was die ohnehin schon geschädigte Infrastruktur weiter beeinträchtigt hat.

Aktuell wird die Hungersnot noch verschärft durch weggefallene Weizenimporte seit dem Ukraine-Krieg. Die schon vorher massiv unterernährte Bevölkerung steht nun noch schlechter da.

Die Menschenrechtslage ist fatal. Durch den Bürgerkrieg sind insbesondere das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person, das Recht zur Freiheitssphäre der Person und das Recht auf soziale Sicherheit sowie soziale Ordnung stark beeinträchtigt. Der gesellschaftliche Kollaps des Jemens wirkt sich aber auch auf viele andere Menschenrechte aus, wie beispielsweise das Recht auf Bildung und das Recht auf Freiheit des Kulturlebens.  

Im April 2022 wurde ein Waffenstillstand zwischen den Konfliktparteien ausgehandelt, der jedoch nicht über den Oktober hinaus verlängert wurde. Die weitere Entwicklung der Krise ist demnach sehr uneindeutig. Eine langfristige Lösung für die verschiedenen Konflikte wurde bisher nicht gefunden. 

 

Punkte zur Diskussion

  • Weltweite Nichtbeachtung der schon lange andauernden humanitären Krise im Jemen, bis hin zur pluralistischen Ignoranz. Wie kann Aufmerksamkeit geschaffen werden?
  • Eine Hungersnot, die, besonders aktuell in Bezug auf die fehlenden Weizenimporte seit dem Ukraine-Krieg, nahezu die gesamte Bevölkerung betrifft, vor allem Kinder sind von tödlichem Hunger bedroht. Außerdem landesweite, mittlerweile konstante Verletzungen der Menschenrechte der Zivilbevölkerung. Wie kann gezielt Zivilist*innen schnell geholfen werden?
  • Fehlende Hilfeleistung und Mittel für humanitäre Hilfe. Auf welcher Ebene (lokal, national, international) soll wie agiert werden?
  • Einmischung der Nachbarländer, sowie großer westlicher Länder, unter anderem Waffenlieferungen aus den USA, Frankreich, Großbritannien und Deutschland. Welche Unterstützungen sind erlaubt, welche werden benötigt und welche gehören verboten?
  • Weiterer Verlauf des Krieges und Erwartungen, nachdem der Waffenstillstand nicht verlängert wurde. Wie kann ein erneuter Kriegsausbruch verhindert werden?
  • Eine ungeklärte Lage bezüglich der Regierung und politischen Situation des Landes. Wie kann das gespaltene Land in Zukunft friedlich zusammenleben? Wie können alle gesellschaftlichen Gruppen (viele belastete junge Menschen, insbesondere Frauen) angemessen mit eingebunden werden?

Einleitung

“Jeder hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person.” Dieser Satz steht in Artikel 3 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR). Und auch wenn die AEMR 1948 einstimmig angenommen wurde, so kommt es tagtäglich zur Verletzung dieser Rechte. Ein Beispiel, in dem die Menschen besonders stark von der Verletzung ihrer grundlegenden Rechte betroffen sind, ist der Jemen. In den letzten Jahren wurde in den meisten Nachrichten vor allem eines gezeigt: die Pandemie. Dabei ging die, nicht selten als schlimmste humanitäre Krise der Welt bezeichnete, unübersehbare, prekäre Menschenrechtslage im Jemen unter. Sie scheint eben doch genau das zu sein: übersehbar. 

 

Hintergrund und Grundsätzliches

Alle Menschen sollen ein würdevolles Leben leben. Das ist der Ursprungsgedanke der Menschenrechte. Um dies zu ermöglichen, müssen alle Menschen mit bestimmten Rechten ausgestattet werden, die sie vor einem unwürdigen Leben schützen und ihnen ein würdiges Leben ermöglichen. Ein Recht ist somit kein Selbstzweck, sondern ein Werkzeug, mit dessen Hilfe ein würdiges Leben ermöglicht wird. In der AEMR werden 27 Rechte formuliert, die jedem Menschen, unabhängig von dessen Staatsbürgerschaft, zukommen. Hierzu zählen das Recht auf Leben und Sicherheit, ebenso wie das Recht auf Asyl. Rechte, die wir im deutschen Grundgesetz unter dem Begriff Grundrechte kennen: Zum Beispiel sichert die AEMR allen Menschen auch ein Recht auf Arbeit. 1948 wurde die AEMR als eine Resolution der Generalversammlung einstimmig (d.h. mit keiner Gegenstimme) angenommen. Damit haben sich die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen zum Schutz dieser Rechte bekannt. Allerdings mangelt es an Durchsetzungsmechanismen. So können Menschen, die sich in ihren Menschenrechten verletzt fühlen, vor keinem Gericht Klage erheben. Auch ist wichtig zu erwähnen, dass es sich bei der AEMR um kein völkerrechtlich bindendes Dokument handelt. Diesen Mangel versuchte man 1976 durch den Abschluss des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (auch UN-Zivilpakt) und des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (auch UN-Sozialpakt) zu beheben. Beide Dokumente sind völkerrechtlich bindende Verträge, zu welchen sich der Jemen auch bekannt hat. Und obwohl es völkerrechtlich bindende Bekenntnisse zum Einhalten und Schutz der Menschenrechte gibt, kommt es trotzdem dazu, dass Menschen diese Rechte nicht garantiert werden. So zum Beispiel auch im Jemen.

Der Jemen liegt im Süden der Arabischen Halbinsel, angrenzend an Saudi-Arabien und den Oman. Die Konflikte innerhalb des Jemen reichen weit zurück. Die Bevölkerung ist seit Jahrzehnten gespalten und es kommt immer wieder zu Auseinandersetzungen und sogar Bürgerkriegen. Die Spaltung kann unter anderem durch die unterschiedlichen ethnoreligiösen Gruppen erklärt werden. So leben im Nordjemen vor allem zaiditisch-schiitische Araber*innen und im Südjemen überwiegend schafiitisch-sunnitische Araber*innen. Die Hochstimmung nach der Vereinigung der Arabischen Republik Jemens (auch kurz Nordjemen) und der Demokratischen Volksrepublik Jemens (auch kurz Südjemen) zur Republik Jemen im Jahr 1990 hielt nicht lange an. Es brach ein Bürgerkrieg aus, den die Streitkräfte des ehemaligen Südjemen verloren, wodurch tausende Südjeminit*innen ihre Arbeit verloren. An dieser Stelle sollte jedoch verdeutlicht werden, dass der Konflikt viel mehr als eine zweiteilige Feindschaft ist und die Entwicklung häufig zu reduziert beschrieben wird. Es können unzählige Ursachen für die Instabilität des Jemens genannt werden. Stark prägend waren vor allem die jahrzehntelange Diktatur, Misswirtschaft, Korruption und Unterdrückung durch das Regime von Ali Abdullah Salih (Präsident Jemens von 1990 – 2012). Die Regierung unter Salih hat durch die massive Unterdrückung der Volksgruppe der Huthi, als auch der südjemenitischen Akteure, eine  systematischen Ungleichheit und Unzufriedenheit in der Bevölkerung geschaffen.

Ab 2000 kamen weitere Einflüsse durch Angriffe der Al-Qaida, durch den Arabischen Frühling und den Rücktritt Salihs hinzu. Als Konsenskandidat wurde Abd Rabbo Mansur Hadi neuer Präsident. 2014 erlangte die nördliche Huthi-Bewegung mehr Zuspruch und die Kontrolle über die nördliche Hauptstadt Sanaa. Durch diese Besetzung musste Präsident Hadi flüchten, woraufhin er die Stadt Aden zur Interimshauptstadt (vorläufige Hauptstadt) Jemens erklärte, die kurz darauf ebenfalls von den Huthi-Rebellen angegriffen wurde. Es kam zu einer Militärintervention von Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten sowie sieben weiteren arabischen Ländern, womit der Konflikt die internationale Ebene erreichte.

Mittlerweile wird jede Gruppierung im Jemen durch mindestens einen ausländischen Akteur unterstützt. Die Kriegspartei der Hadi-Regierung wird von Saudi-Arabien, sowie den Vereinigten Arabischen Emiraten unterstützt. Die Huthi-Rebellen erhalten vor allem Unterstützung des Irans in Form von militärisch-strategischer Beratung sowie Waffenlieferungen. Hinsichtlich der langjährigen Konflikte Saudi-Arabiens und des Irans wird auch  von einem Stellvertreterkrieg gesprochen. Nicht zu unterschätzen sind hierbei die wohl einflussreichsten Unterstützungen der Hadi-Regierung aus den USA, Großbritannien und Frankreich, mit Beratungen und Waffenlieferungen. Auch Deutschland und Russland haben ihre Beteiligung am Jemen-Krieg. Es zeigt sich also, der Konflikt ist komplex und international bedeutend. 

Alle Akteure und ihre Interessen zu verstehen, ist ein zentrales Problem für ein Verständnis der Situation. Das macht es sehr schwer zu benennen, welche Akteure schuld daran sind, dass Menschenrechte im Jemen verletzt werden. Was bleibt ist, dass die Menschen kein würdiges Leben führen können, wie es ihnen durch die Menschenrechte gewährleistet werden soll.

 

Aktuelles

Die Folgen des Bürgerkriegs zeigen sich deutlich in der Bevölkerung. Von den insgesamt 31 685 550 Einwohner*innen (Stand: Oktober 2022) sind über 70 Prozent auf internationale humanitäre Hilfe zum Überleben angewiesen.

Mit einem Index der Menschlichen Entwicklung (Human Development Index, HDI) von 0,455 im Jahr 2021 liegt der Jemen weltweit auf Rang 183 von 191, was sowohl als Ursache als auch als Konsequenz der Notsituation gesehen werden kann. Noch besorgniserregender sind die Zahlen des Fragile State Index (FSI). Dieser bewertet, wie instabil das politische System eines Staates ist. Der Jemen hatte 2022 einen Wert von 112,4 und damit weltweit das schlechteste Ergebnis.  Dies stellt eine große Bedrohung der Menschenrechte dar, da es in dem Menschenrechtssystem die Aufgabe des Staates ist, die Einhaltung und den Schutz der Menschenrechte zu garantieren. Ist ein Staat allerdings funktionsunfähig, so kann er auch dieser wichtigen Aufgabe nicht mehr nachkommen. 

Auch wirkt sich die Instabilität eines Staates auf viele weitere Bereiche des alltäglichen Lebens aus: Von der Infrastruktur, über die Wirtschaft, bis hin zur Bildung kann der Jemen im internationalen Vergleich nicht mithalten. Durch die Kriegssituation ist die Instabilität des Jemens noch gestiegen und die Armut erreicht Höchstwerte. Es wird geschätzt, dass 80% der Bevölkerung in Armut leben, davon 51% in extremer Armut. 

Das Gesundheitssystem, welches schon zuvor nicht ausreichend Kapazitäten hatte, wurde durch die Cholera-Epidemie 2016 stark getroffen. Im Jemen wurde das weltweit historisch schwerste Auftreten der Krankheit berichtet, das dort vor allem eine hohe Sterblichkeitsrate von Kindern zur Folge hatte.

Ebenso leidet der Jemen aktuell unter der Corona-Pandemie. Hier sind Bedrohungen des Rechts auf einen angemessenen Lebensstandard, ausreichender Ernährung, Bekleidung und Unterbrindung, sowie eine Gesundheitsversorgung und natürlich des Rechts auf Leben zu erkennen.

Die größte Not besteht dennoch durch Unterernährung. Zu wenig verfügbare Lebensmittel bedeuten häufig den Hungertod. Mindestens 13 Millionen Jemenit*innen sind vom Hungertod bedroht. Besonders schlecht sind der Zugang zu sauberem Trinkwasser und die Kinderernährung.

Trotz aller bisherigen Appelle kam in den letzten Jahren nicht einmal die Hälfte der benötigten Spenden zusammen, um die Notrationen für die hungerleidende Bevölkerung zu finanzieren. Anfang dieses Jahres sah sich das Welternährungsprogramms gezwungen, acht Millionen Jemenit*innen nur noch halbe Essensrationen auszuteilen. Volle Rationen konnten nur für gerade einmal 5 Millionen der am stärksten betroffenen Jemenit*innen bereitgestellt werden.

Zudem war der Jemen stets auf Weizenimporte aus der Ukraine angewiesen. Bis zu 30 Prozent der landesweiten Weizenimporte fallen jetzt aufgrund des Ukraine-Krieges weg. Der ebenfalls aus dem Krieg resultierende Preisanstieg von Getreide erschwert zusätzlich die Hilfeleistungen von UN-Organisationen.

Die aktuelle Lage des Krieges ist, wie so viele Aspekte der Krise, unklar. Aufgrund des Krieges sind bereits 380 000 Menschen gestorben, davon viele durch indirekte Folgen, wie fehlende medizinische Versorgung und Lebensmittel.

Im April 2022 haben sich die Kriegsparteien tatsächlich auf eine Waffenruhe einigen können, die im Juni und August zweimal für jeweils zwei Monate verlängert wurde. Die Todesfälle in der Zivilbevölkerung sind dadurch gesunken, jedoch sind auch in der “gewaltfreien” Zeit noch zu viele Menschen gestorben, durch Minen, Hunger und vereinzelte Waffengewalt. Die Waffenruhe ist am 02.10.2022 ohne eine weitere Verlängerung ausgelaufen, weil nach Meinung der Huthi-Rebell*innen die von Saudi-Arabien angeführte Koalition nicht zu Verbesserungen der Lebensumstände geführt hat. Eine Gefahr besteht nicht nur durch wieder auftretende öffentliche Waffengewalt, sondern auch dadurch, dass noch weniger Hilfeleistungen in der Bevölkerung verteilt werden können.

 

Probleme und Lösungsansätze

Der Jemen-Konflikt beruht auf einer langjährigen Entwicklung und ist damit sehr vielschichtig mit unzähligen Beteiligten und Betroffenen, die unterschiedlichste Intentionen und Ziele verfolgen. Es stellt sich die Frage, wer sucht für welches Problem eine Lösung? Es ist eindeutig, dass etwas gegen die akute Notlage getan werden muss in Hinblick auf das furchtbare Leiden der jemenitischen Zivilbevölkerung. Es wird dringend Unterstützung benötigt. Nur ist unklar: In welcher Form kann am besten geholfen werden? Ist es sinnvoll, immer nur die Symptome, also beispielsweise die landesweite Hungersnot, zu bekämpfen? Ist das tatsächlich die einzige legitime Weise, in den Konflikt von außen einzugreifen? Welche Ansätze könnten möglich sein, um gegen die Ursachen vorzugehen? Können Waffenlieferungen eine Hilfe darstellen, oder sollte man diese eher untersagen, um dem Krieg nicht weitere Ressourcen zur Gewalt bereitzustellen? Wie kann die Sicherung und Umsetzung der Menschenrechte in Jemen wieder gewährleistet werden?

Die UN versuchen bisher vor allem durch Lebensmittellieferungen (genannte nicht ausreichende Rationen) zu helfen. Vor dem Ablauf der Waffenruhe im Oktober haben die UN außerdem die beteiligten Akteure nochmal dazu aufgefordert, ein Friedensabkommen (bzw. eine weitere Verlängerung der Waffenruhe) zu verabschieden, was jedoch erfolglos blieb. 

Die zusammengefallene Infrastruktur und Wirtschaft erschweren die Möglichkeiten erheblich, Hilfe zu organisieren. Die Hungersnot wird zusammen mit der Armut immer größer und die Versorgung immer knapper. Es fehlt an umfassenden Ansätzen, um die gesamte Krisenlage zu entschärfen. 

Auch die Möglichkeit einer Flucht aus dem Land wird den Jemenit*innen extrem erschwert, Barrieren auf dem Landweg, unterbundener Flugverkehr und versperrte Seewege machen eine Flucht, besonders für sowieso schon geschwächte Menschen, unmöglich. Es ist eindeutig, dass hier das Recht auf Leben und Freiheit verletzt wird, außerdem befindet sich die Auswanderungsfreiheit in einem massiv eingeschränkten Status.

All dies zeigt, dass ein schnelles und entschiedenes Handeln unbedingt nötig ist. 

Wichtig dafür ist die Anerkennung der Komplexität der Krise und die Einsicht, dass vereinfachte Erklärungen dem Konflikt und der heterogenen Gesellschaft nicht gerecht werden. Wenn Kommunikation stattfindet, dann müsste diese zielgerichtet und inklusiv ausgerichtet sein, indem alle Bevölkerungsgruppen vertreten wären, vor allem bezüglich Frauen und Jugendlichen. Eine Hilfe könnte ein gemeinsames Ziel, wie die Friedenssicherung, bieten, das vor individuellen Interessen stünde. 

Die in sich zerfallenen, lokalen Institutionen müssten gestärkt und wieder erbaut werden, um die Bereitstellung von Wasser und medizinischer Versorgung, aber auch um das Recht auf Bildung und das Recht auf soziale Sicherheit sicherzustellen. Auf lokaler Ebene kann eine friedliche Zusammenarbeit leichter erreicht werden, da hier bereits gemeinsame Identitäten vorherrschen.

Auch muss die bisher systematisch zerstörte lokale Industrie und Landwirtschaft wieder ermöglicht werden. Dabei wird eine Lösung durch Waffenexporte erschwert, die durch wirtschaftliche Interessen genehmigt sind. Neue, angemessen bezahlte Arbeitsplätze, besonders im Bildungs- und Gesundheitssektor, würden helfen, die Armut vieler zu lindern. Dadurch werden Teile der Bevölkerung das Recht auf Arbeit und gerechte, befriedigende Entlohnung ganrantiert.

Es zeigt sich, dass der anhaltende Konflikt eine Bedrohung der Menschenrechte auf vielen Ebenen darstellt. Nicht nur weil Menschen durch die Kampfhandlungen selbst ums Leben kommen, sondern weil die Effekte des Bürgerkriegs den Menschen im Jemen ein Leben in Würde unmöglich machen. Mit eben jener Verbindung von Bürgerkrieg und unwürdigen Lebensbedingungen muss sich der Menschenrechtsrat beschäftigen.

 

Hinweise zur Recherche

Da der Konflikt so viele verschiedene Seiten umfasst und viele Berichte, nur eine oberflächliche Sichtweise beleuchten, ist es empfehlenswert, sich unterschiedlichste Quellen anzuschauen, um sich selbst ein umfassendes Bild der Situation erschließen zu können. Dabei ist es verständlich, dass nicht jede historische Grundlage aus allen Sichtweisen erarbeitet werden kann. Es geht vielmehr darum, sich zuerst einmal der eigenen Unwissenheit bewusst zu werden. 

Wenn möglich ist auf neutrale Quellen zurück zu greifen und in jeden Fall die Intention der Autor*innen zu hinterfragen, um Artikel besser einordnen zu können. Als Einblick in die Konfliktsituation können Artikel des Hochkommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (United Nations High Commissioner for Refugees, UNHRC), des Welternährungsprogramms und von Nichtregierungsorganisationen (Non-Governmental Organization, NGO) wie Amnesty International dienen, wie bereits teilweise unten verlinkt. Möglicherweise helfen zusammenfassende Videos auf Youtube auch zur Visualisierung der Geschehnisse, jedoch sollten die dort angegebenen Quellen kritisch hinterfragt werden. Eine ausführlichere Darlegung der Akteure wurde von der Rosa Luxemburg Stiftung veröffentlicht, der Link zur Publikation ist ebenfalls unten zu finden. Für einen Überblick zu Lösungsansätzen ist die Website der Bundeszentrale für politische Bildung ein guter Start.

 

Lexikon

Al-Qaida: Al-Qaida (deutsch: die Basis) wurde im August 1988 gegründet, doch handelte es sich damals um einen losen Zusammenschluss ohne genau definierte Ziele, so dass die Gruppe zunächst unbedeutend blieb. Als Organisation in der Form, in der sie die Anschläge des 11. September 2001 in New York und Washington ausführte, entstand al-Qaida erst Mitte der 1990er Jahre, als sich Osama Bin Laden (1957-2011) und seine Gefolgsleute mit der ägyptischen Jihad-Organisation unter dem heutigen al-Qaida-Chef Aiman az-Zawahiri (geb. 1951) verbündeten. Seit 2001 spiegelt sich diese Vereinigung auch in ihrem neuen Namen "Qaida al-Jihad" wieder. (bpb, 2011)

Arabischer Frühling: Als Arabischer Frühling […] wird eine im Dezember 2010 beginnende Serie von Protesten, Aufständen und Revolutionen in der arabischen Welt bezeichnet. Diese richteten sich […] gegen die dort autoritär herrschenden Regime und die politischen und sozialen Strukturen dieser Länder. Ursprünglich war der Begriff positiv besetzt und man erhoffte sich Verbesserung in Hinblick auf die Menschenrechtslage in den betroffenen Ländern; mittlerweile hat sich dieses Bild ins Gegenteil verkehrt. (Wikipedia, “Arabischer Frühling”)

Cholera-Epidemie: 2016 kam es im Jemen zu einer Cholera-Epidemie, die bis zu 5% der Bevölkerung erreichte und insbesondere bei Kindern unter 5 Jahren zu einer hohen Sterblichkeit führte. Die Gesundheitssysteme des Jemen waren im Zuge der Cholera-Epidemie überlastet und auf internationale Hilfe angewiesen. 

Cholera ist eine bakterielle Infektion des Dünndarms, die zu Durchfall und Erbrechen führt. Sie verbreitet sich zumeist durch Verunreinigungen im Trinkwasser. Durch Dehydrierung oder in Verbindung stehende Infektionen kann Cholera auch zum Tod führen. Die Krankheit ist relativ gut behandelbar, bei Nichtbehandlung ist die Letalität jedoch hoch, weswegen betroffene Regionen eine gute medizinische Versorgung benötigen. 

Eine Epidemie beschreibt das Auftreten einer Krankheit in einer begrenzten Region. Sie ist Gegenstück zur Pandemie, die große Teile oder die gesamte Welt betrifft. 

Fragile State Index (FSI): Der Fragile State Index (ehem. Failed States Index) wird seit 2005 jährlich von dem Fund for Peace veröffentlicht und soll anhand von 12 Indikatoren (unter anderem Menschenrechte, öffentliche Dienstleistungen und Sicherheit) aus politischen, sozialen und wirtschaftlichen Faktoren das Risiko eines Konfliktausbruchs bzw. des Zerfalls eines Landes errechnen. Ein hoher Index ist verbunden mit einem hohen Risiko. 

ethnoreligiöse Gruppen: Der Begriff ist nicht genau definiert. Er fasst Gruppen zusammen, für deren Abgrenzung vom Rest der Gesellschaft sowohl ethnische als auch religiöse von Relevanz sind. 

Hadi-Regierung: Die Regierung unter Präsident Hadi hält an dem Interesse einer Einheit der Republik Jemen fest. Sie wird häufig als “international anerkannte Regierung” bezeichnet, da er 2012 nach Salih als Konsenskandidat aufgestellt wurde. Jedoch hätte seine Amtszeit durch nie stattgefundene Neuwahlen 2014 enden müssen.

Huthi-Rebellen: Als eine soziopolitische Bewegung aus der Grenzregion zu Saudi-Arabien, tragen sie eine Hauptrolle im Jemen Konflikt.

Präsident Abd Rabbo Mansur Hadi: (*1945) Nach der Vizepräsidentschaft bis 2012, wurde er als Konsenskandidat gewählt. Hadi musste unter dem Druck der Huthis Ende 2014 zurück treten und nach Aden fliehen, wo er seinen Rücktritt zurücknahm. Später flüchtete er nach Saudi-Arabien, wo er Unterstützung im Kampf gegen die Huthis erhielt und seine Regierung im Exil wieder aufbauen konnte, die seitdem meist aus der saudischen Hauptstadt agiert und wenig bis kaum Präsenz in Aden zeigt. 

Präsident Ali Abdullah Salih: (1942-2017) Von 1978 bis zur Wiedervereinigung war er Präsident der Jemenitischen Arabischen Republik (Nordjemen) und von 1990 bis 2012 Präsident des geeinten Jemens, der Jemenitischen Republik. 2017 wurde er von Huthi-Rebellen ermordet. 

schafiitisch-sunnitisch: Die Schafiiten sind eine Untergruppe der sunnitischen Glaubensrichtung im Islam.

Stellvertreterkrieg: Ein Stellvertreterkrieg ist eine bewaffnete Auseinandersetzung zwischen kleineren Staaten, die zum Einflussbereich jeweils verschiedener Großmächte gehören und damit stellvertretend für diese die Auseinandersetzung führen.

Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (United Nations World Food Programme, WFP): Das 1961 gegründete WFP ist eine von den UN getragene humanitäre Einrichtung im Kampf gegen den globalen Hunger und auch im Jemen aktiv.

zaiditisch-schiitisch: Die Zaidiya ist eine schiitische Glaubensrichtung im Islam.

 

Quellenangaben und weiterführende Links

Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR), Generalversammlung, 1948/12, https://www.un.org/depts/german/menschenrechte/aemr.pdf - Die einstimmig angenomme AEMR

Bettina Rühl, Der vergessenste Krieg der Welt, Amnesty International, 2022/09 https://www.amnesty.de/informieren/laender/jemen  - Menschenrechtslage im Jemen, Hungernot 

Yemen, UNHCR, https://www.unhcr.org/yemen.html  - Allgemeine Informationen zur Lage im Jemen (englisch)

Anne-Linda Amira Augustin, Der Krieg im Jemen und seine Akteure, RLS, https://www.rosalux.de/publikation/id/40861/der-krieg-im-jemen-und-seine-akteure  - Beleuchtung des Konflikts aus verschiedenen Sichtweisen, Konfliktursachen und Akteure

World Population Prospects 2022, UN Department of Economic and Social Affairs, https://population.un.org/wpp/Graphs/DemographicProfiles/Line/887 - Demografie des Jemen (englisch)

Jemen Bevölkerung, countrymeters, aktuell, https://countrymeters.info/de/Yemen - die Bevölkerung des Jemens

Nachrichten zum Thema Jemen, Tagesschau, 2022, https://www.tagesschau.de/thema/jemen/  - die aktuellen Berichterstattungen der Tagesschau zum Jemen

Yemen, World Food Programme, https://www.wfp.org/countries/Yemen - Menschenrechtslage im Jemen und akutelle Hilfeleistungen des WFP

Mareike Transfeld, Ansatzpunkte für einen nachhaltigen Frieden im Jemen, bpb.de, 2020/01, https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/302928/ansatzpunkte-fuer-einen-nachhaltigen-frieden-im-jemen/ - Ansätze zur Konfliktlösung

Mareike Transfeld, Drei Szenarien zum Jemen-Krieg, SWP, 2022/01, https://www.swp-berlin.org/10.18449/2022A03/ - Mögliche weitere Konfliktverläufe

"Saleh, Ali Abdallah", Munzinger Online/Personen, 2018/07, http://www.munzinger.de/document/00000015426 - Allgemeine Informationen zu Ali Abdullah Salih

Guido Steinberg, Al-Qaida, bpb.de, 2011/09,  https://www.bpb.de/themen/islamismus/dossier-islamismus/36374/al-qaida/ - Erklärung der al-Qaida

Conflict Barometer 2021, Heidelberg Institute for International Conflict Research, 2022, https://hiik.de/wp-content/uploads/2022/03/CoBa_01.pdf  - Tieferer Einblick in die Konfliktsituation 2021 (englisch)

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