forum Piraterie

Einführung in das Thema

Kurzzusammenfassung

Die internationale Staatengemeinschaft beschäftigt die internationale Staatengemeinschaft bereits seit einigen Jahrzehnten, jedoch steigt weiterhin die Zahl der Piratenangriffe: Trotz Einschränkungen der Schifffahrt durch die Covid-19-Pandemie in den letzten Jahren stieg die Zahl der Angriffe 2021 um gut 20% auf einen neuen Höchststand von 195 Piratenüberfällen weltweit. Opfer von Piraterie ist zumeist die Berufsschifffahrt. Die Schiffe werden oft entweder im Hafen ausgeraubt oder auf See entführt. In zweitem Fall werden Besatzung, Ladung und Schiff gegen ein Lösegeld in Millionenhöhe wieder freigelassen, jedoch werden die Geiseln in sehr vielen Fällen gefoltert, schwer verletzt und/oder getötet.

Sehr lang war die Küste Somalias am Horn von Afrika die am stärksten von Piraterie betroffene Region der Welt. Seit 2019 ist die Zahl von Angriffen stark zurückgegangen. Dieser Rückgang ist unter anderem als Erfolg der Militärmission Atlanta der EU auf Grundlage der Resolution  S/RES/1816 (2008) des Sicherheitsrates zu verzeichnen. Drastisch verschlimmert hat sich im Gegensatz dazu aber die Lage an der Küste Nigerias im Golf von Guinea. Ursachen dafür sind unter anderem fehlende Rechtsstaatlichkeit, Hunger, Armut, fehlende Bildung, kaum medizinische Versorgung und Begünstigung der Verbrechen durch terroristische Gruppierungen, wie den Boko Haram. Nichtstaatliche Akteur*innen setzen sich bereits vielfältig dafür ein, die Ursachen zu bekämpfen. Jedoch lässt sich auch humanitäre Hilfe nur mit militärischer Unterstützung umsetzen, da erstere oft auch per Frachter ankommt und somit auch von der Piraterie gefährdet ist. Hier muss die militärische Symptombehandlung mit nachhaltiger Hilfe zusammengedacht werden, um langfristige Stabilität und Gewaltreduktion zu erreichen.

 

Punkte zur Diskussion

  • Sollten Küstenstaaten gewisse Pflichten bei der Bekämpfung von Seeräuberei auferlegt werden?
  • Sollten bei deren Nichtbeachtung die Hoheitsbefugnisse über die eigenen Hoheitsgewässer aufgehoben bzw. eingeschränkt werden können?
  • Sollten weitere Militärmissionen für mehr Sicherheit in den maritimen Regionen sorgen?
  • In welchem Ausmaß und in welcher Verantwortung sollte humanitäre Hilfe für betroffene Länder verstärkt werden, um die Ursachen von Piraterie zu bekämpfen?
  • Wie kann sichergestellt werden, dass die Hilfe auch tatsächlich ankommt und nicht wiederum von Pirat*innen abgefangen wird? 
  • Sollte die Verantwortung für Schutzmaßnahmen (Bewaffnung, längere Routen, eine verbesserte Ausbildung, etc.) der potentiell angegriffenen Schiffe weiterhin bei deren Betreiber*innen, also in privater Hand, liegen?

 

Einleitung

Piraterie ist keineswegs eine neue Herausforderung für die Schifffahrt und dennoch steigt die Zahl der Piratenangriffe weiterhin – trotz Bemühungen der internationalen Staatengemeinschaft, Lösungen zu finden. Obwohl die Seefahrt durch die Covid-19-Pandemie in den letzten Jahren eingeschränkt war, stieg die Zahl der Angriffe 2021 um gut 20% auf einen neuen Höchststand von 195 Piratenüberfällen weltweit. Die Küste Somalias galt in der Wahrnehmung des globalen Nordens lange Zeit als gefährlichster Hotspot. Unter anderem auch durch die EU-Militärmission (Operation Atalanta) auf Basis von S/RES/1816 (2008) in den Gewässern vor dem Horn von Afrika. Aber auch andere hochfrequentierte Schifffahrtswege im Golf von Guinea in Westafrika, der Straße von Malakka und dem Südchinesischen Meer sind stark von Piraterie betroffen. Insbesondere der Golf von Guinea vor der westafrikanischen Küste gilt derzeit als eine der gefährlichsten maritimen Regionen weltweit. Allein im Zeitraum von Januar bis März 2021 verzeichnete das Internationale Schifffahrtsbüro IMB mit 16 Angriffen die höchste Fallzahl im Golf von Guinea, gefolgt von 11 Fällen in Südamerika. Um die Gefahr einzudämmen, sind weitere tiefgreifende Maßnahmen notwendig. Die internationale Gemeinschaft ist aufgefordert, zielführende Bemühungen in die Wege zu leiten.
 

Hintergrund und Grundsätzliches

Im Völkerrecht wird Piraterie in Artikel 101 des Seerechtsübereinkommens als jede rechtswidrige Gewalttat, Freiheitsberaubung oder Plünderung definiert, welche (1.) auf Hoher See gegen (2.) ein anderes Schiff und (3.) zu privaten Zwecken verübt wird. Die International Maritime Organization (IMO) definiert das Phänomen als bewaffnete Raubüberfälle eines privaten Schiffes zu privaten Zwecken gegen Schiffe auf hoher See oder an einem Ort außerhalb der Gerichtsbarkeit eines Staates.

Das Seerecht unterscheidet zwischen Hoheitsgewässern (bis 12 sm bzw. 22,2 km Entfernung von der Küste), in der dem Küstenstaat sämtliche Hoheitsbefugnisse zustehen, der Anschlusszone (bis 24 sm bzw. 44,4 km), in dem in Hoheitsgewässern begangene Verstöße weiterhin geahndet werden können, und der Hohen See, die frei von der Ausübung staatlicher Hoheitsgewalt ist. 

Lange Zeit galt die Küste Somalias am Horn von Afrika als das gefährlichste Gewässer weltweit. Seit dem Sturz der somalischen Regierung 1991 gab es in dem ostafrikanischen Land keine effektive staatliche Kontrolle über die Einhaltung von Rechtsvorschriften, wodurch auch die Hoheitsgewässer kaum überwacht wurden. Erst seit rund zehn Jahren gibt es wieder eine international anerkannte Regierung in Somalia, jedoch ist diese noch im Aufbau, wodurch das Hoheitsgebiet aufgrund von innerstaatlichen Konflikten  immer noch kaum kontrolliert werden kann. Zudem ist die Region für die internationale Schifffahrt von großer Bedeutung, so laufen durch den Golf von Aden die wichtigsten Handelsrouten zwischen Europa, der Arabischen Halbinsel und Asien. Dementsprechend häufig und regelmäßig wird diese Region befahren. Zusätzlich begünstigt durch Armut und schlechte humanitäre Versorgung der Bevölkerung, mehrten sich deshalb die Fälle von Piraterie in den letzten Jahren immer weiter. Seit 2018 ist jedoch ein deutlicher Rückgang der Zahl der Fälle in dieser Region zu verzeichnen. Allan Seemann, der Kommandeur des deutschen Anteils der europäischen Atalanta-Mission (siehe Aktuelles), fasst die Gründe für diesen Rückgang wie folgt zusammen: „Das liegt, denke ich, an dem vernetzten Ansatz, den die Mission Atalanta in Zusammenarbeit mit den anderen internationalen Marineverbänden umsetzt, die rund ums Horn von Afrika bis rein in den Persischen Golf operieren, und gleichzeitig in der Unterstützung des Welternährungsprogramms, das die notleidende Bevölkerung Somalias unterstützt.“ 

Dennoch ist die internationale Staatengemeinschaft noch weit davon entfernt, Piraterie und deren Ursachen umfassend zu bekämpfen. Zwar wurden in Somalia in den letzten beiden Jahren nur noch vereinzelt Angriffe auf Schiffe und ihre Besatzung registriert, doch die Lage in anderen Teilen der Welt, besonders im Golf von Guinea an der Küste Nigerias, verschlechterte sich dramatisch. Auch in Westafrika sind Hunger, Armut und das Fehlen eines funktionierenden Staatsapparates die Hauptursachen für die starke Piraterie. So können Fischer in der Region durch sehr starke Umweltverschmutzung, bedingt durch die Ölförderung, nicht genügend und vor allem kaum gesunde Fische fangen, um zu überleben. Das führt zu verbreiteter Perspektivlosigkeit, welche durch mangelhafte Strafverfolgung, Korruption und dadurch fehlendes Vertrauen in staatliche Akteur*innen begleitet wird. Hinzu kommt außerdem noch die terroristische Bedrohung durch die Boko Haram und andere terroristische Gruppen an Land. Um Piraterie effektiv zu bekämpfen, müssen vor allem auch die Ursachen an Land angegangen werden. 

Opfer von Piraterie ist zumeist die Berufsschifffahrt. Die Schiffe werden oft entweder im Hafen ausgeraubt oder auf See entführt. In zweitem Fall werden Besatzung, Ladung und Schiff gegen ein Lösegeld in Millionenhöhe wieder freigelassen, jedoch werden die Geiseln meist gefoltert, schwer verletzt und/oder getötet, wodurch die Sicherheit der Besatzungen massiv gefährdet ist. Wirtschaftliche Nachteile entstehen den Reedereien durch fällige Lösegeldzahlungen, Kosten für Sicherheitseinrichtungen und gegebenenfalls eigene Sicherheitstruppen auf den Schiffen, drastisch höhere Versicherungsprämien oder Umwege (beispielsweise um das Kap der Guten Hoffnung statt durch den Suez-Kanal). 

 

Aktuelles 

Die Gewässer vor dem Horn von Afrika galten lange Zeit als die am stärksten von Piraterie betroffene Region weltweit. Aktuellen Statistiken zufolge geht die Zahl der Angriffe vor der Küste Somalias seit 2012 immer weiter zurück, sodass im Zeitraum von Januar bis Juni des Jahres 2021 nur ein Angriff im Golf von Aden vom International Maritime Bureau (IMB) registriert wurde und die betroffene Küste seit 2019 keine bedeutende Rolle mehr für die Piraterie in internationalen Gewässern spielt. Ein wesentlicher Faktor in der Bekämpfung der Piraterie vor der Küste Somalias war der Einsatz von Militärmissionen, wie der Mission Atalanta, welche im November 2008 vom Rat der Europäischen Union als Antwort auf die Resolution S/RES/1816 (2008) aus dem Februar des gleichen Jahres eingerichtet wurde. In besagter Resolution beschloss der Sicherheitsrat, dass es Staaten, zunächst für einen Zeitraum von sechs Monaten und in Kooperation mit der Übergangsregierung Somalias, erlaubt sei, für den Zweck der Bekämpfung von Piraterie und sonstigen bewaffneten Angriffen, im Rahmen des international geltenden Rechts, die Hoheitsgewässer Somalias bewaffnet zu befahren. Die Aufgaben der beteiligten Streitkräfte der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union umfassten dabei unter anderem den Schutz der Schiffe des World Food Programs (WFP) der Vereinten Nationen, da durch den Bürgerkrieg im Land nicht nur die staatlichen Strukturen zusammenbrachen, sondern auch die Wirtschaft, wodurch die Armut und der Hunger unter der Bevölkerung Somalias humanitäre Hilfe der internationalen Staatengemeinschaft unabdingbar machte. Zudem wurde die Operation Atalanta auch zur Abschreckung, Verhütung und Beendigung von Piraterie, zur Durchsetzung des gegen Somalia verhängten Waffenembargos, sowie für das Überwachen des illegalen Handels mit Suchtstoffen und illegale Fischereitätigkeiten eingesetzt.

Des Weiteren verabschiedete der Sicherheitsrat drei Resolutionen zum Thema in den vergangenen drei Jahren. Während in den Resolutionen der Jahre 2020 und 2021 immer noch die Situation in Somalia in den Blick nahmen, wurde mit der jüngsten dieser Resolutionen, S/RES/2634 vom 31. Mai 2022, die Lage im Golf von Guinea besonders in den Fokus gerückt. Die Mitgliedsstaaten der betroffenen Region werden dazu aufgerufen, mit internationaler Unterstützung so schnell wie möglich Maßnahmen zur Prävention und Verfolgung der Piraterie auf nationaler und regionaler Ebene durchzusetzen. Dabei solle auch auf die Expertise und die Ressourcen von nichtstaatlichen Akteur*innen sowie anderer, nicht direkt betroffener Staaten zurückgegriffen werden, um unter Wahrung der Hoheitsgebiete möglichst effektiv gegen die Gefahr in diesen Gewässern vorzugehen. Zudem soll weiterhin auf mögliche Verbindungen zu terroristischen Organisationen in West- und Zentralafrika geachtet werden. 

Während zumindest die direkte Gewalt im Golf von Aden mit der Mission Atalanta unter Kontrolle gebracht werden konnte, verschlechterte sich die Situation im Golf von Guinea in den letzten Jahren drastisch. Da in dieser Region keine zentralen Handelsrouten von Staaten des globalen Nordens verlaufen, ist die Bereitschaft dieser, Ressourcen für entsprechende Militäreinsätze aufzubringen, geringer. Doch die Ursachen der Piraterie vor der Küste Westafrikas sind denen der Ostküste sehr ähnlich: Der Staatsapparat Nigerias ist von starker Korruption geprägt, die Bevölkerung leidet unter starker Armut, Hunger, einer fehlenden medizinischen Grundversorgung und unter andauernden Kämpfen verschiedener Bevölkerungsgruppen. Hinzu kommt unter anderem die Gefahr durch die terroristische Organisation Boko Haram, welche beispielsweise Drogenschmugglern gesicherte Versorgungswege zur Verfügung stellt, wodurch wiederum die Sicherheit an Land und auf See zusätzlich gefährdet wird. Zusätzlich wird die Region von schweren Umweltverschmutzungen belastet, wodurch gesunde und legale Fischerei kaum noch möglich ist und die dort lebenden Menschen noch weiter in Hunger und Armut getrieben werden. 
 

Probleme und Lösungsansätze

Ein Problem der Thematik beginnt bereits bei der offiziellen Definition: Sowohl bei der Definition von Seeräuberei im Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen, als auch in der Definition der International Maritime Organization (IMO) setzen private Intentionen der Straftaten voraus. Tatsächlich verbinden sich in der Realität jedoch häufig private und politische Motive miteinander. Eine zu engmaschige Sicht kann deshalb die effektive Bekämpfung von Piraterie behindern, wenn ein Staat nicht gegen Seeräuberei in seinem Hoheitsgebiet vorgehen will und/oder kann. Als Alternativkonzept kann ein ganzheitlicher Blick auf maritime Sicherheit dienen. Dabei könnte dann beispielsweise die Zusammenarbeit der an ein bestimmtes Meer grenzenden Staaten, die humanitäre Unterstützung durch Nichtstaatliche Akteur*innen sowie Sicherheitskonzepte im internationalen Handel diskutiert werden. 

Des Weiteren muss die Rolle der Souveränität der betroffenen Staaten in den Blick genommen werden. Die Souveränität eines Staates in seinen Hoheitsgewässern bleibt bis auf wenige Ausnahmen, wie im Falle Somalias, von der Verpflichtung der Staatengemeinschaft zur Bekämpfung der Piraterie unberührt. Das bedeutet, dass fremde Staaten Seeräuberschiffe nur bis an die Grenzen anderer Hoheitsgewässer verfolgen können, sofern nicht spezifische Kooperationsabkommen zwischen den Staaten bestehen. Sobald ein Frachter die internationalen Gewässer verlässt und sich der Küste nähert, sind bewaffnete Sicherheitsteams an Bord nicht mehr erlaubt, denn dann kommt er in die Hoheitsgewässer souveräner Staaten, welche das staatliche Gewaltmonopol beanspruchen, also in ihrem Hoheitsgebiet selbst für Sicherheit sorgen wollen. Oft gelingt dies aber nicht sehr erfolgreich, besonders in Bezug auf Piraterie, weil häufig eine der Ursachen im fehlenden Gewaltmonopol liegt. Für einen Lösungsansatz könnten hierfür Erfahrungen von 2008 mit der damaligen Übergangsregierung von Somalia herangezogen werden. Diese verzichtete auf ihre Souveränität insofern, als dass andere Staaten auch bewaffnet die Hoheitsgewässer befahren durften, wenn es in Kooperation mit besagter Übergangsregierung und zum Zwecke der Bekämpfung der Piraterie geschah. 

Ein wesentliches Problem stellt die stark gefährdete Sicherheit der Besatzungen dar. Moderne Piraterie, besonders im Golf von Guinea, ist von traumatisierenden Geiselnahmen geprägt, um hohe Summen Lösegeld zu erpressen. Diese gehen oft mit Folter einher und enden nicht selten auch mit dem Tod einiger Besatzungsmitglieder. Zudem sind die Täter*innen oft nicht nur mit schweren Waffen ausgestattet, sondern auch mit modernen Booten, die zunehmend größere Reichweiten zurücklegen können. Je erfolgreicher die Pirat*innen sind, umso mehr Waffen können sie sich leisten, um zukünftig noch erfolgreicher zu sein. Der aktuelle Lösungsansatz, bestehend aus mehr militärischem Schutz für die Berufsschifffahrt, führt zu einem weiteren Problem im aktuellen Umgang mit dem Komplex der Piraterie: Allein mit der Symptombehandlung bestehend aus verstärktem Einsatz des Militärs, wird Piraterie nicht nachhaltig bekämpft. Solange die Ursachen - unter anderem fehlende Rechtsstaatlichkeit, Hunger, Armut, fehlende Bildung, kaum medizinische Versorgung und Begünstigung der Verbrechen durch terroristische Gruppierungen - weiterhin bestehen und sich verschlechtern. Nichtstaatliche Akteur*innen wie das WFP setzen sich dafür ein, die betroffene Bevölkerung zu unterstützen und so den Ursachen langfristig entgegenzuwirken. Jedoch lässt sich auch humanitäre Hilfe nur mit militärischer Unterstützung umsetzen, da erstere oft auch per Frachter ankommt und somit auch von der Piraterie gefährdet ist. Kommt die Hilfe nichtstaatlicher Akteur*innen nicht an Land an, verstärkt sich die Möglichkeit einer Verschärfung der Ursachen und somit ein potentieller Anstieg der Seeräuberei. Hier muss die militärische Symptombehandlung mit nachhaltiger Hilfe zusammengedacht werden, um langfristige Stabilität und Gewaltreduktion zu erreichen. 

Ein weiteres Problemfeld besteht in der ökologischen Belastung: Zum einen können an der Küste lebende Fischer*innen durch Umweltverschmutzungen, Überfischung und Fischsterben sicht nicht mehr versorgen oder werden zum Teil in die illegale Fischerei getrieben, welche wiederum dazu beiträgt, dass den Staaten steuerliche Einnahmen fehlen, wodurch weniger Ressourcen zur Durchsetzung der Rechtsstaatlichkeit vorhanden sind, was die Lage insgesamt weiter verschlechtert. Zum andern befinden sich an Bord der Schiffe, die von den Pirat*innen angegriffen werden, nicht selten umweltschädigende Frachten (bspw. bei Öltankern). Besonders dann, wenn die Täter*innen damit drohen, das Schiff zu sprengen, ist die Sicherheit der Ladung nicht mehr gewährleistet. 

 

Hinweise zur Recherche

Für den Start in die Recherche der eigenen Länderposition bietet es sich an, auf Folgendes einen genaueren Blick zu werfen: Welche anderen Länder handeln mit dem eigenen Land und wie wirkt sich das auf die Handelsrouten aus? Oder grenzt der Staat selbst an von Piraterie betroffene Gebiete und ist auf die Hilfe von Nichtstaatlichen Akteur*innen angewiesen? Hierfür lohnt sich ein Besuch der Webseiten von bekannten NGOs, da diese ausführlich Menschenrechtsverletzungen auflisten und genauer erklären, in welchen Ländern sie wie handeln und helfen können. Mit anderen Worten, wie stark ist das Land selbst überhaupt von Piraterie und deren Ursachen betroffen?
Außerdem lohnt sich auch immer ein Blick auf das Abstimmungsverhalten bei vergangenen Resolutionen (diese sind weiter unten verlinkt) und besonders in Hinblick auf Marineeinsätze auch auf Bündnisse mit anderen Staaten. 

Für weitere allgemeine Informationen zur aktuellen Lage der Piraterie bieten die International Maritime Organization sowie das ICC International Maritime Bureau viele Informationen und Studien an. Die Links zu den Webseiten sind weiter unten angegeben. 

 

Lexikon 

Boko Haram:    je nach Übersetzung „Westliche Bildung/Erziehung/Zivilisation ist Sünde/verboten“; Boko Haram ist seit dem Jahr 2003 als bewaffnete Gruppierung des politischen Islams in Nigeria aktiv, seit 2014 begeht sie zudem auch Menschenrechtsverletzungen in Kamerun, Niger und Tschad; die USA stufen Boko Haram als Terrororganisation ein

Gerichtsbarkeit: die Gesamtheit der Institutionen und Rechtsprechungen, durch die ein Staat seine Gesetze verwirklichen kann

Gewaltmonopol: „Monopol“ bedeutet in diesem Fall so viel wie „Vorrecht“ oder „alleiniger Anspruch“; Gewaltmonopol meint also das Vorrecht, Gewalt auszuüben; ein staatliches Gewaltmonopol bedeutet demnach, dass nur der Staat Gewalt anwenden darf

International Maritime Organization (IMO): auf Deutsch Internationale Seeschifffahrts-Organisation – eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen mit Sitz in London. Die IMO ist die global normgebende Behörde für die Sicherheit, Gefahrenabwehr und Umweltverträglichkeit der internationalen Schifffahrt. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, einen fairen und wirksamen Rechtsrahmen für die Schifffahrtsbranche zu schaffen, der weltweit angenommen und umgesetzt wird.

International Maritime Bureau (IMB): auf deutsch Internationales Schifffahrtsbüro – eine Fachabteilung der Internationalen Handelskammer (ICC). Es handelt sich um eine gemeinnützige Organisation, die 1981 gegründet wurde, um als Anlaufstelle im Kampf gegen alle Arten von Verbrechen und Vergehen auf See zu fungieren.

Rat der Europäischen Union: ist ein Organ der Europäischen Union; verhandelt und erlässt Rechtsakte meist gemeinsam mit dem Europäischen Parlament, außerdem beauftragt er die Kommission, im Namen der EU Abkommen zwischen der EU und Drittländern bzw. internationalen Organisationen auszuhandeln

Rechtsstaatlichkeit:    bedeutet, dass Regierung und Verwaltung nur im Rahmen bestehender Gesetze handeln dürfen, dies dient dem Schutz der Bürger*innen vor staatlicher Willkür, Diskriminierung und Menschenrechtsverletzungen

Reedereien: Unternehmen, die mit (eigenen) Schiffen Personen und/oder Güter befördern

Seerechtsübereinkommen: kurz SRÜ, Vertrag der Vereinten Nationen, der Regelungen über nahezu alle Bereiche des Seevölkerrechts trifft; die überwiegende Mehrheit der Staaten ist diesem Übereinkommen beigetreten

S/RES/1816 (2008):    die offizielle Bezeichnung der Resolution des Sicherheitsrates zum Thema Piraterie aus dem Jahr 2008

Völkerrecht:    die durch Verträge oder Gewohnheitsrecht begründeten Rechtssätze, die in Frieden und Krieg die Rechte, Pflichten und Beziehungen der Staaten regeln;

Waffenembargos: Beschränkungen im Außenwirtschaftsverkehr, die Verbote von Handlungen und Rechtsgeschäften gegenüber einem bestimmten Land oder bestimmten Personen/Personengruppen beinhalten; Waffenembargos beziehen sich nur auf Waffen, Munition und Rüstungsmaterial

World Food Programme: (dt.: Welternährungsprogramm); das UN World Food Programme (WFP) der Vereinten Nationen, ist eine führende humanitäre Organisation im Kampf gegen den weltweiten Hunger. 1961 gegründet, 2020 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet, und ausschließlich durch freiwillige Beiträge finanziert
 

Quellenangaben und weiterführende Links:

Bettina Rühl, Benjamin Moscovici, Unsichere Handelswege. Piraten vor Afrikas Küsten, Deutschlandfunk Archiv, 2021/28.02.: 

https://www.deutschlandfunk.de/unsichere-handelswege-piraten-vor-afrikas-kuesten-100.html  - Bericht über die Entwicklungen der Atalanta-Mission vor der Küste Somalias 

ICC International Maritime Bureau, Gulf of Guinea remains world’s piracy hotspot in 2021, according to IMB’s latest figures, 2021/13.04.:

https://www.icc-ccs.org/index.php/1306-gulf-of-guinea-remains-world-s-piracy-hotspot-in-2021-according-to-imb-s-latest-figures  - Zusammenfassung des IMB Reports 2021 (englischsprachig)

Kevin Schulte, Piraten ziehen von Ost- nach Westafrika, ntv-Podcast “Wieder was gelernt”, 2021/02.04.: https://www.n-tv.de/panorama/Piraten-ziehen-um-von-Ost-nach-Westafrika-article22461217.html  - Zusammenfassung der Ursachen der Piraterie in Somalia und Nigeria 

Offizielle Website der Bundeswehr: Horn von Afrika – EUNAVFOR European Union Naval Forces Somalia Operation Atalanta: https://www.bundeswehr.de/de/einsaetze-bundeswehr/abgeschlossene-einsaetze-der-bundeswehr/horn-von-afrika-eunavforsom-operation-atalanta 

International Maritime Organization, Piracy and armed robbery against ships, 2019: https://www.imo.org/en/OurWork/Security/Pages/PiracyArmedRobberydefault.aspx - Definitionen, Reporte und weiterführende Informationen zu Piraterie von der IMO (englischsprachig)

Wolf Kinzel, Piraterie im Golf von Guinea: Greift der Yaoundé-Prozess?, SWP-Studie 2019/S 05, 29.03.2019, 41 Seiten, hauptsächlich genutztes Kapitel für den obenstehenden Text: Kapitel 3 “Hintergründe der Piraterie am Golf von Guinea”: https://www.swp-berlin.org/publikation/piraterie-im-golf-von-guinea-greift-der-yaounde-prozess#hd-d41647e525

Elektronisches Dokumentenarchiv der Vereinten Nationen: https://documents.un.org/prod/ods.nsf/home.xsp 

Model United Nations Schleswig-Holstein - Einführung ins Völkerrecht https://www.mun-sh.de/tools/files/files/mun-sh/2020/Einfuehrung_VR.pdf

Relevante SR-Resolutionen

S/RES/2634 (2022): https://documents-dds-ny.un.org/doc/UNDOC/GEN/N22/368/42/pdf/N2236842.pdf?OpenElement

S/RES/2608 (2021): https://documents-dds-ny.un.org/doc/UNDOC/GEN/N21/369/82/pdf/N2136982.pdf?OpenElement

S/RES/2554 (2020): https://documents-dds-ny.un.org/doc/UNDOC/GEN/N20/344/44/pdf/N2034444.pdf?OpenElement

S/RES/1816 (2008): https://documents-dds-ny.un.org/doc/UNDOC/GEN/NO0/818/16/pdf/NO081816.pdf?OpenElement

Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:21998A0623(01)&from=DE

description Positions- und Arbeitspapiere

© Model United Nations Schleswig-Holstein 2024