forum Zukunft von UN-Friedensmissionen in Afrika

Einführung in das Thema

Triggerwarnung: Dieser Gremientext behandelt teilweise sexuellen Missbrauch und sexualisierte Gewalt. Die entsprechenden Absätze und Quellen sind gekennzeichnet und können daher übersprungen werden. Bitte zögern Sie bei Unwohlsein auch nicht, die Vertrauenspersonen oder die Teilnehmendenbetreuung zu kontaktieren.

 

Kurzzusammenfassung

UN-Friedensmissionen wurden 1949 dafür geschaffen, Waffenstillstandsabkommen zu überprüfen und bei der Friedenssicherung zu unterstützen. Mit der Zeit wurden die Aufgaben immer komplexer: Es kam der Schutz der Zivilbevölkerung hinzu, die Aufgabe, teilweise die Stellung der Polizei zu übernehmen und beim Aufbau staatlicher Strukturen zu helfen. Mitunter kamen auch robuste Mandate hinzu, welche der Mission das Recht gaben, Gewalt auch über Selbstverteidigung hinaus einzusetzen. Die Missionen sind jedoch stets auf die Mitarbeit der betroffenen Konfliktparteien angewiesen. Insbesondere in Mali, der Zentralafrikanischen Republik und in der Demokratischen Republik Kongo ist diese Mitarbeit teilweise aufgrund von Militärputschen, teilweise aufgrund unterschiedlicher Auffassungen über Missionsziele, nicht mehr gegeben. In Mali und der Zentralafrikanischen Republik wird vermehrt mit privaten Akteur*innen wie beispielsweise russischen Söldnergruppen zusammengearbeitet. UN-Friedensmissionen bringen häufig das Problem mit sich, teilweise selbst für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich zu sein. Außerdem könnte sich Afrika damit abhängig von der Hilfsbereitschaft anderer Kontinente machen.

Die RKA muss sich daher Gedanken machen, ob UN-Friedensmissionen auf dem Kontinent das richtige Mittel sind, um das Ziel des Friedens und des Schutzes der Zivilbevölkerung zu erfüllen. Eine Lösung kann die Reform ebendieser UN-Friedensmissionen sein, eine andere der vermehrte Einsatz der Sicherheitsarchitektur der Afrikanischen Union (AU). Teilweise gibt es, im Sudan mit UNAMID, bereits gemeinsame Missionen.

 

Punkte zur Diskussion

  • Sollen UN-Friedenstruppen auch aktiv mit einem robusten Mandat in die Konflikte eingreifen dürfen? Wo liegen Grenzen?
  • Wie kann die Zusammenarbeit der Regierungen und Konfliktparteien mit den UN-Friedensmissionen verbessert werden? Wo bestehen Grenzen der Zusammenarbeit? Und wie kann sichergestellt werden, dass die Unparteilichkeit der Missionen nicht gefährdet wird?
  • Wie sollte beispielsweise vorgegangen werden, wenn die Regierung, welche mit den UN-Friedensmissionen unterstützt werden soll, selbst Menschenrechtsverbrechen ausübt?
  • Wie kann mit Menschenrechtsverletzungen durch Soldat*innen von UN-Missionen umgegangen werden? Welche Maßnahmen müssen getroffen werden, um diese zu vermeiden und Straftäter*innen zu belangen?
  • Wie kann die Akzeptanz der UN-Missionen in den einzelnen Ländern verbessert werden? Welche Rolle können hier Informationskampagnen der UN spielen? Wie kann mit Misinformation umgegangen werden?
  • Wie kann als Alternative zu UN-Friedensmissionen vermehrt auch die Sicherheitsarchitektur der AU gesetzt werden? 
  • Soll eine bessere Zusammenarbeit zwischen UN und AU existieren und wie könnte diese aussehen?

 

Einleitung

Afrika ist der Kontinent mit den meisten UN-Friedensmissionen. Von den insgesamt 77 Missionen seit 1949 waren die Hälfte in Afrika. Auch 6 der 12 aktiven Missionen sind in Afrika beheimatet. Für den afrikanischen Kontinent und insbesondere die Regionalkommission für Afrika ist die Zukunft dieser Missionen besonders relevant. Aufgrund immer komplexer werdender Missionen und teilweise fehlender Bereitschaft der internationalen Gemeinschaft, Ressourcen zur Verfügung zu stellen, sowie mangelnder Kooperation der Gast-Regierungen werden immer mehr dieser Missionen kritisch gesehen. Dazu kommen auch die Vorwürfe, dass Menschenrechtsverletzungen nicht nur geduldet, sondern beispielsweise im Falle von sexualisierter Gewalt auch selbst verübt werden.
 

Hintergrund und Grundsätzliches

UN-Friedenssicherung, insbesondere in Gestalt der „Blauhelme", ist einer der sichtbarsten Teile der Arbeit der UN. Rechtlich sind diese Missionen in Kapitel VI (Die friedliche Beteiligung von Streitigkeiten) und VII (Maßnahmen bei Bedrohung oder Bruch des Friedens und bei Angriffshandlungen) der UN-Charta begründet. Friedensmissionen bestehen zwar auch aus Soldat*innen, beinhalten jedoch auch häufig Polizei- und Zivilkräfte aus verschiedenen UN-Ländern. Ihr oberstes Ziel ist dabei die Eindämmung von Gewalt.

Die ersten beiden Friedensmissionen waren die UN Truce Supervision Organisation (UNTSO), die sich seit 1948 auf die Stabilisierung des Nahen Ostens konzentriert, und die UN-Military Observer Group in India and Pakistan (UNMOGIP), die seit 1949 den Waffenstillstand zwischen Indien und Pakistan überwachen soll. Beide Friedensmissionen werden durch unbewaffnete Kräfte durchgeführt. Die erste bewaffnete Friedensmission, die First UN Emergency Force (UNEF I), fand 1956 bis 1967 in Anbetracht der Suez-Krise statt. Diese ersten Friedensmissionen wurden mithilfe einer Anzahl von Soldat*innen im niedrigen dreistelligen Bereich durchgeführt. Die UN Operation in the Congo (ONUC), die 1960 begann, hatte dagegen zwischenzeitlich bis zu 20.000 Soldat*innen.

Friedensmissionen werden von den UN-Mitgliedsstaaten finanziert. Die größten Geldgeber*innen sind die USA, China, Japan und Deutschland. Die größten Truppensteller sind Bangladesch, Äthiopien, Ruanda und Indien. Diese Diskrepanz birgt viele Konfliktpotentiale, da die truppenstellenden Staaten häufig wenig im Hinblick auf die Aufstellung und Mandatierung ihrer Truppen zu sagen haben. Auch können die Geldgeber*innen, meist westliche Staaten, die Verantwortung für den Einsatz von sich schieben. 

Seit den 1990er Jahren haben sich UN-Friedensmissionen stark gewandelt. Seitdem sind es häufiger innerstaatliche Konflikte, welche gelöst werden müssen und nicht Konflikte mit mehreren Staaten. Teilweise übernehmen UN-Friedensmissionen auch exekutive oder judikative Aufgaben, wie die Errichtung einer Übergangsregierung.

UN-Friedensmissionen bauen auf drei Grundprinzipien auf. Das eine ist das Einverständnis des Gastlandes, dass die Mission in dem Land operieren darf. Zudem fällt die Unparteilichkeit darunter: So sollte sich die UN nicht auf eine Seite des Konfliktes stellen, sondern für Vermittlung und Frieden in der Region sorgen. Zuletzt darf der Einsatz von Gewalt nur zur Selbstverteidigung sowie zur Verteidigung des Mandates erfolgen.

 

Aktuelles

Derzeit sind insgesamt 6 Missionen in Afrika aktiv. Während drei dieser Missionen (MINURSO in Westsahara und UNMISS sowie UNISFA im Sudan und Südsudan) klassische Waffenstillstandsmissionen sind, sind die Aufgaben der anderen drei deutlich komplexer.

MINUSCA in der Zentralafrikanischen Republik ist 2014 aus der MISCA Mission der AU entstanden. Die Mission ist derzeit mit über 15.000 Personen ausgestattet. Sie soll in dem seit 2012 herrschenden Bürgerkrieg im Land schlichten, demobilisieren, abrüsten, Menschenrechte sichern und das Justizsystem unterstützen. Bei dieser Mission kam es im Frühling von 2014 zu Hinweisen zu sexueller Ausbeutung von Personen. Hierbei wurde auch festgestellt, dass innerhalb der UN Hinweisen nicht nachgegangen wurde. Weder die Leitung der MINUSCA-Mission noch die UNICEF oder andere UN-Organe haben die Betroffenen geschützt oder dafür gesorgt, dass die Täter zur Rechenschaft gezogen werden.

MINUSMA in Mali besteht seit 2013 und wurde aufgrund des Tuareg-Aufstandes im Norden des Landes eingesetzt. Die Aufgaben sind insbesondere die Unterstützung bei der Umsetzung eines 2015 geschlossenen Friedensabkommens, die Wiederherstellung staatlicher Autorität, und der Schutz von Zivilbevölkerung, Menschenrechten und humanitärer Hilfe. Inzwischen ist die Mission die zweittödlichste UN-Mission nach den Korea-Kriegen. Problematisch ist hierbei auch, dass die UN-Truppen teilweise mangelhaft ausgerüstet sind und nicht das notwendige Wissen besitzen, um die Missionsziele zu erreichen. Auch in Mali gibt es Vorwürfe der Menschenrechtsverletzungen durch UN-Truppen, z.B. willkürliche Hinrichtungen. Besonders komplex macht die Mission auch die innenpolitische Lage in Mali. So wurde im Jahr 2020 und 2021 in Mali durch das Militär geputscht. Die eigentlich für Februar 2022 geplanten Wahlen wurden um fünf Jahre verschoben. Seit dem letzten Putsch arbeitet die malische Armee vermehrt auch mit der russischen Söldnertruppe „Gruppe Wagner“ zusammen. Zusammen mit dieser wurden von der malischen Armee teils brutale Verbrechen, wie die Exekution hunderter Männer im März 2022, begangen. Aufgrund dessen haben viele Staaten angekündigt, ihre eigene Präsenz und ihre Teilnahme an MINUSMA auszusetzen. 

Die Mission MONUSCO (bis 2010 MONUC) in der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo)  ist die vermutlich komplexeste Mission. Anfänglich wurde die Mission aufgrund des zweiten Kongokrieges im Jahr 1999 ins Leben gerufen. Mit über 18.000 Personen ist es auch die derzeit größte UN-Friedensmission. Zu Beginn 1999 wurde die Mission noch als einfache Mission zur Überwachung eines Waffenstillstandes und der Demobilisierung geplant. Über die Jahre kamen jedoch diverse zusätzliche Aufgabengebiete hinzu. Im Jahr 2013 hat der Sicherheitsrat in Resolution 2098 beschlossen, eine „Force Intervention Brigade“ einzurichten. Diese Einrichtung ist eine Neuigkeit, da sie mit einem offensiven Mandat ausgestattet ist. Sie darf somit alleine oder mit den Regierungskräften im Kongo gegen Rebell*innen vorgehen. Bis 2006 kann die Mission als vergleichsweise erfolgreich eingestuft werden, da sie es geschafft hat, den Waffenstillstand zu kontrollieren, eine Einheitsregierung zu formen und die Wahlen 2006 zu organisieren. Der Prozess begann jedoch zu stocken. Die Befriedung vor allem im Osten war schwierig und die Regierung hat zunehmend autoritäre Züge angenommen und angefangen, Opposition und Zivilgesellschaft zu unterdrücken. Diese Haltung der Regierung hat auch zur Folge, dass wichtige Reformen im politischen, wirtschaftlichen, aber auch militärischen Bereich ausblieben. Auch dies ist ein Problem der Friedensmissionen, dass sie auf die Mitarbeit des jeweiligen Gast-Staates angewiesen sind. Ende Juli 2022 entwickelten sich in Goma Proteste gegen die Mission, welche auch tödlich endeten. Es wird vermutet, dass Rebell*innengruppen diese Proteste angestachelt haben.

 

Probleme und Lösungsansätze

Im folgenden Kapitel werden die bereits angerissenen Probleme detaillierter beschrieben: Die Kooperation der involvierten Konfliktparteien, die defensive bzw. offensive Natur von UN-Friedensmissionen, der Verlust der Unparteilichkeit sowie die von den UN-Truppen selbst verübten Menschenrechtsverletzungen. Diese Probleme gilt es nun, in der RKA zu diskutieren und innerhalb der afrikanischen Staatengemeinschaft Lösungen zu finden – möglicherweise unter Berücksichtigung der  Sicherheitsarchitektur der AU, die am Ende dargestellt wird. 

Die Kooperation der Konfliktparteien liegt bei einigen Missionen nicht mehr vor. Teilweise auch aufgestachelt durch Propaganda werden UN-Friedensmissionen als neo-imperialistisches Instrument dargestellt, während Regierungen brutal gegen die eigene Bevölkerung vorgehen. Durch dieses individuelle Vorgehen der Regierungen kommt es kaum zu Erfolgen in der Friedenssicherung; dadurch verliert auch die lokale Bevölkerung das Vertrauen in die Kompetenz der UN-Missionen.

Gegensätzliche Interessen auf weltpolitischer Ebene machen es auch immer schwerer, im UN-Sicherheitsrat entsprechende Mehrheiten für Missionen oder die Überarbeitung von bestehenden zu finden. Der Krieg gegen die Ukraine hat diese Mehrheitenfindung nicht nur schwerer gemacht, sondern auch dafür gesorgt, dass die Ukraine ihre Truppen abgezogen hat und dass viele andere Staaten ihr Engagement überdenken. 

UN-Friedensmissionen sind in ihrem Grundsatz keine offensiven Missionen. Es gibt jedoch auch Stimmen, welche ein „robusteres Mandat” für die Missionen fordern. Üblicherweise ist die Forderung, dass die Truppen auch offensiv tätig werden dürfen und beispielsweise Rebellengruppen angreifen. Dieses Konstrukt wurde in der DR Kongo gewählt, scheint jedoch schlussendlich gescheitert. Denn eine Mandatierung mit dem „Einsatz aller erforderlichen Maßnahmen“ nach Kapitel VII der UN-Charta bedeutet noch nicht, dass das Mandat entsprechend umgesetzt wird. In der DR Kongo wurde das Mandat nur dafür genutzt, die von Ruanda unterstützte M23-Miliz zu besiegen. Für weitere Aktionen fehlte es an Rückhalt von den truppenstellenden Staaten und der kongolesischen Regierung. Auch die Unfähigkeit oder Unwille zu Reformen am Staat und seiner Sicherheitsagenturen wie dem Militär, der Polizei und der Justiz sind einer der Hauptgründe, warum die Missionen in Afrika keine nennenswerten Ergebnisse liefern. Inzwischen wird die MINUSCO von der Regierung in der DR Kongo sogar als Sündenbock für die fehlende Befriedung im Osten genutzt. In diesem Zuge muss auch kritisch erwähnt werden, dass sich aufgrund des Auftrages, die staatliche Autorität auf das gesamte Staatsgebiet auszudehnen und das Gewaltmonopol wiederherzustellen, die UN sich de facto auch auf die Seite der in diesen Gebieten teils unbeliebten Regierung stellt. Dies macht es mitunter unmöglich, die Grundprinzipien der Unparteilichkeit und das Einverständnis des gastgebenden Staates zu achten und dabei noch effektiv an der Erfüllung der Missionsziele zu arbeiten.

 

Triggerwarnung: Sexueller Missbrauch

Bereits im Kapitel Hintergrund und Grundsätzliches wurde das Problem von Menschenrechtsverbrechen an der Zivilbevölkerung durch Mitglieder der UN-Friedensmissionen erwähnt. Problematisch ist auch die Aufarbeitung, welche nach dem Bekanntwerden der Fälle von sexuellem Missbrauch stattgefunden hat. Diese Informationen wurden laut einem Bericht einfach nur „von Tisch zu Tisch, Posteingang zu Posteingang verschoben, ohne dass jemand willens war, die Verantwortung zu übernehmen, diese schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen anzusprechen“. Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass „die Abwesenheit von konkreten Maßnahmen bezüglich des Fehlverhaltens eben jener Personen, die zum Schutz gefährdeter Bevölkerungsgruppen entsandt wurden, dazu führt, dass die Glaubwürdigkeit der UN und die Zukunft von UN-Friedensmissionen in Gefahr sind“. Auch weitere Menschenrechtsverletzungen wie die Ermordnung von Personen und Menschenhandel sind inzwischen bekannt. Zudem gibt es Berichte über die Beteiligung an illegalem Waffen- und Edelmetallhandel. Eines der Hauptprobleme bei der Verfolgung dieser Straftaten ist, dass die Jurisdiktion über die Soldat*innen bei den Herkunftsstaaten verbleibt und nicht auf die UN übergeht. Dies bedeutet, dass die Militärgerichte dieser Staaten die Verbrechen verfolgen und die Personen zur Rechenschaft ziehen müssen. Dies ist häufig nicht der Fall, da in diesen Staaten oftmals gar kein Interesse an der Aufklärung besteht: eine Verurteilung könnte ein schlechtes Licht auf die Staaten werfen und gleichzeitig es schwieriger machen, Soldat*innen zu rekrutieren, da diese Angst vor ähnlicher Verurteilung hätten. 

Als Alternative zu UN-Friedensmissionen können auch Missionen innerhalb der Friedens- und Sicherheitsarchitektur der AU in Frage kommen. Bereits jetzt engagieren sich Afrikanische Staaten immer mehr an den UN-Friedensmissionen. Es bestünde jedoch die Möglichkeit, über die AU effizientere Missionen aufzubauen, ohne über den blockierten UN-Sicherheitsrat zu gehen. In der Gründungsakte der AU ist festgeschrieben, dass bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit, beispielsweise Kriegsverbrechen oder Völkermorde, Mitgliedstaaten auch gegen den Willen der betroffenen Regierung militärisch intervenieren können. Hierzu wurde auch die Afrikanische Bereitschaftstruppe ins Leben gerufen. Diese besteht, aufgeteilt auf fünf regionale Brigaden, aus insgesamt 25.000 Personen. Diese Bereitschaftstruppe kann, wie UN-Friedensmissionen eingesetzt werden, um zu beraten, zu beobachten, Frieden zu sichern, oder eben um zu intervenieren. Für diese Intervention soll nach 14 Tagen ein Einsatz erfolgen können. Für einen solchen Einsatz muss der Friedens- und Sicherheitsrat der AU mit einer 2/3 Mehrheit diese Mission beschließen. Dieser Friedens- und Sicherheitsrat besteht aus 15 Mitgliedern, welche nach einem Regionalschlüssel aufgeteilt sind. Je nach Art des Einsatzes muss danach auch noch die Unionsversammlung, bestehend aus allen Staats- und Regierungsoberhäuptern, mit einer weiteren 2/3 Mehrheit zustimmen. Auch wenn diese doppelte 2/3 Mehrheit notwendig ist, ist dies teilweise einfacher zu erreichen, als die Vetomächte des UN-Sicherheitsrats von einer Mission zu überzeugen. Aber auch der Einsatz dieser Bereitschaftstruppe ist teilweise schwer zu erzielen. So vertreten ein Teil der regionalen Wirtschaftszonen die Meinung, dass auch der Einsatz der Afrikanischen Bereitschaftstruppe durch den UN-Sicherheitsrat mandatiert sein soll. Auch die Finanzierung dieser Missionen ist schwierig. So kommt weniger als 5% des Budgets der AU-Friedensmissionen aus Afrika. Der Rest wird von den UN, der EU oder den USA gezahlt.

 

Hinweise zur Recherche

Ein Anfang für Ihre Recherche ist es, herauszufinden, ob in Ihrem Staat derzeit eine UN-Friedensmission aktiv ist oder in der Vergangenheit aktiv war. Hier können Sie dann recherchieren, wie die Haltung der Bevölkerung und der Regierung ist bzw. war und wie erfolgreich die Mission ist bzw. war. Außerdem können Sie schauen, ob Ihr Staat ein wesentlicher Steller von Truppen für UN-Friedensmissionen ist und wo diese derzeit eingesetzt werden.

Im Anschluss bietet es sich an, herauszufinden, ob Ihr Staat eher eine Reform der UN-Friedensmissionen bevorzugt oder sich für die vermehrte Nutzung der Ressourcen der AU einsetzt. Hierzu bieten sich die Webseiten der UN und AU an, aber auch die Quellen und weiterführende Links bieten eine erste Einsicht in die Problematik.

 

Lexikon

Demobilisierung: Handlung, bei der Personen aus einer Armee entlassen werden. Dies beinhaltet die Rückgabe von Waffen. Häufig inkludiert die Demobilisierung auch die Integration der Personen in die normale Gesellschaft. 

Einheitsregierung: Eine Regierung, bei der (fast) alle im Land existierenden Parteien und Gruppierungen beteiligt sind. Diese soll helfen, Streitigkeiten geregelt auszutragen und die Akzeptanz der Regierung zu erhöhen.  

Gast-Regierungen: Das Land bzw. die Regierung, in dem eine UN-Friedensmission aktiv ist, ist eine Gast-Regierung bzw. ein Gast-Land. 

Gewaltmonopol: In einem Staat hat nur die Regierung und die von ihr beauftragten Organe wie die Polizei das Recht, physische Gewalt auszuüben. Klassischerweise wird das Gewaltmonopol als gefährdet angesehen, wenn Gruppierungen oder machtvolle Akteure wie Drogenkartelle Gewalt ausüben

Goma: Teilweise zwischen Regierung und Rebellen umkämpfte Stadt im Osten der Demokratischen Republik Kongo. In ihr leben ca. 2 Millionen Menschen. 

Gruppe Wagner: Eine russische Söldnertruppe, welche von der russischen Regierung genutzt wird, um Sicherheitsinteressen in der Welt sicherzustellen. Vielfach ist sie in nichtstaatlichen gewaltbasierten Auseinandersetzungen beteiligt. Aufgrund von Menschenrechtsverletzungen der Gruppe Wagner wird sie von der EU und den USA sanktioniert.  

Jurisdiktion: Bereich der Gültigkeit von Gesetzen eines Landes sowie der Zuständigkeit eines Gerichts.  

Korea-Kriege: Militärischer Konflikt zwischen dem von China unterstützten Nordkorea und dem vom Westen unterstützten Südkorea. Der Krieg endete in einem Waffenstillstand. In Resolution 84 autorisierte der Sicherheitsrat eine 500.000 Personen starke UN-Truppe zur Unterstützung Südkoreas. 

(Neo-)Imperialismus: Ausbeutung eines Landes oder Region durch reiche Staaten. Hierbei wird die Lage in diesem Land ausgenutzt, um Einfluss auszuüben und/oder um eine Abhängigkeit herzustellen. 

robuste Mandate: Ein nach Art 42 UN-Charta eingesetzte Friedensmission, welche auch das Recht hat, offensiv militärisch tätig zu werden. 

Söldnergruppen: Eine Gruppe von Personen, welche gegen Bezahlung an einem bewaffneten Konflikt teilnehmen. 

Truppensteller: Staaten, welche der UN Truppen zur Verfügung stellen. Die UN bezahlt den Staaten hierfür Geld.  

Tuareg: Volksgruppe, welche in Mali, Algerien und im Niger lebt. Sie leben als Nomaden, ziehen daher durch die Wüste. Durch die Regierungen in den Ländern werden sie teilweise unterdrückt. 

Wiederherstellung staatlicher Autorität: Hierbei soll insbesondere das Gewaltmonopol wiederhergestellt werden. Es geht jedoch auch darum, dass der Staat andere Angebote wieder anbieten kann, wie Bildungseinrichtungen oder die öffentliche Verwaltung. 

Zweiter Kongokrieg: Bürgerkrieg in der Demokratischen Republik Kongo, welcher von 1998-2003 andauerte und zwischen der Regierung und verschiedenen Rebellen ausgetragen wurde. 

 

Quellenangaben und weiterführende Links

UN, Übersichtsseite der UN zu Peacekeeping mit sehr vielen hilfreichen Infos, https://peacekeeping.un.org/en (Englisch)

UN, Ideen zur Reformation der Friedensmissionen, https://peacekeeping.un.org/en/reforming-peacekeeping (Englisch)

Security Council Report, Übersichtsseite zu Peacekeeping, https://www.securitycouncilreport.org/peacekeeping/ (Englisch)

Bundeszentrale für politische Bildung, Friedensmissionen, 2011, https://sicherheitspolitik.bpb.de/de/m2/articles/peace-missions, Einführung der BpB zum Thema Friendensmissionen

Brookings Institution, The future of peacekeeping in Africa, 2021, https://www.brookings.edu/events/the-future-of-peacekeeping-in-africa/, Vortrag und Transcript über die Effektivität und Zukunft von Friedensmissionen in Afrika. (Englisch)

UN, Bericht über die Implementierung und Resultate des Schutzes von Zivilisten in UN Friedensmissionen (A/68/787), 2014, https://undocs.org/A/68/787, (UN-Sprachen)

UN, Bericht über eine unabhängige Untersuchung bezüglich sexueller Ausbeutung und vergewaltigung von UN-Friedenstruppen in der Zentralafrikanischen Rebublik (A/71/99), 2016, https://www.undocs.org/A/71/99 (UN-Sprachen) (TW: Sexueller Missbrauch)

UN Sicherheitsrat, Protokoll der Sitzung vom 6.09.2022 über UN Friedensmissionen, 2022,  https://undocs.org/S/PV.9123, Hierbei kommen auch die Staaten Gahna, Gabun und Kenia zu Wort. (UN-Sprachen)

Nadine Ansong, Felix Haaß, Multilaterale Friedenssicherung in Afrika, 2013, https://pure.giga-hamburg.de/ws/files/24481699/gf_afrika_1306.pdf, generelle Einführung in Friedenssicherung in Afrika.

Denis Tull, Die MONUSCO und das Dilemma der Stabilisierung, 2016, https://zeitschrift-vereinte-nationen.de/suche/zvn/heft/friedenssicherung-in-der-dr-kongo/, Einführung und Bewertung von MONUSCO (DR Kongo)

Dr. Annika Hansen, Tobias von Gienanth, UN-Friedenssicherung in Afrika - eine Bestandsaufnahme, 2016, https://zeitschrift-vereinte-nationen.de/publications/PDFs/Zeitschrift_VN/VN_2016/Heft_5_2016/02_Gienanth_Hansen_VN_5-16_Okt-2016.pdf

Martina Schwikowski, Afrikanische Union: Kein Geld für Frieden, 2017, https://zeitschrift-vereinte-nationen.de/publications/PDFs/Zeitschrift_VN/VN_2016/Heft_5_2016/02_Gienanth_Hansen_VN_5-16_Okt-2016.pdf, Kleine Einführung in die Sicherheitsarchitektur der AU und die Probleme ebendieser.

Kevin Sieff, The world’s most dangerous U.N. mission, 2017, https://wapo.st/mali, Bericht über die besonderen Probleme der UN-Friedensmission in Mali (Englisch)

Maheba Goedeke Tort, Eine stärkere Rolle für die Menschenrechte in UN-Friedensmissionen, 2020, https://dgvn.de/meldung/eine-staerkere-rolle-fuer-die-menschenrechte-in-un-friedensmissionen 

Claire Klobucista, Danielle Renwick, The Role for Peacekeeping in Africa, 2021, https://www.cfr.org/backgrounder/role-peacekeeping-africa, Einführung in die UN-Friedensmissionen in Afrika und Kritik an diesen, sowie Reformvorschläge. (Englisch)

DGVN Mitteldeutschland, UN-Friedensmissionen - Fehlschläge, Herausforderungen, Reformen, 2020, https://anchor.fm/dgvn-mitteldeutschland/episodes/UNhrbar-07---Basis-UN-Friedensmissionen---Fehlschlge--Herausforderungen--Reformen-ejpm9h, Podcast der DGVN

Stiftung Wissenschaft und Politik, Die Peacekeeping-Kriese der Vereinten Nationen, 2010, https://www.swp-berlin.org/publikation/uno-peacekeeping-krise, Studie zu den Problemursachen der UN-Friedensmissionen. Es werden auch Lösungsansätze wie die Partnerschaft mit der AU besprochen.

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