forum Neue Methoden der HIV-Prävention

Einführung in das Thema

Hinweis: Hier gibt es das Handbuch zum Gremium

1. Einleitung

Im Rahmen der Nachhaltigen Entwicklungsziele (Englisch: Sustainable Development Goals, SDGs) der Vereinten Nationen hat die 69. Weltgesundheitsversammlung 2016 eine Strategie für den Umgang mit HIV/AIDS beschlossen. Bis 2020 sollen die HIV-bedingten Todesfälle auf unter 500.000 sinken, ebenso wie die weltweiten jährlichen HIV-Infektionen. Die Zahl der infizierten Säuglinge soll auf Null sinken. Diese ambitionierten Ziele sind dabei nur Etappenziele auf dem Weg, die HIV- und AIDS-Pandemie bis 2030 zu beenden. Im Zuge dieser strategischen Ausrichtung der WHO ist es wichtig, sich mit den neuen Forschungs- und Behandlungsoptionen zu befassen.

 

2. Hintergrund und Grundsätzliches

1981 wurde in den Vereinigten Staaten der erste Fall des “Aquired Immunodeficiency Syndrome”, kurz AIDS, dokumentiert. 1983 wurde das “Human Immunodeficiency Virus” (HIV, oder auch HI-Virus) als Krankheitserreger identifiziert. Das Jahr 1981 markiert somit den Ausbruch einer Pandemie, die bis heute ca. 35 Millionen Todesopfer gefordert hat und im Zuge derer ca. 78 Millionen Menschen mit HIV infiziert wurden.

Das HI-Virus wird vorrangig durch den Austausch von Körperflüssigkeiten wie Blut, Sperma, Vaginalsekret oder Muttermilch übertragen. Somit sind der Geschlechtsverkehr, verunreinigtes Injektionsbesteck beim Drogenkonsum, Bluttransfusionen oder Übertragungen von Mutter zum Kind die wesentlichen Übertragungswege.

Nach der Ansteckung mit HIV treten zunächst Symptome auf, die von vielen Betroffenen als grippaler Infekt missverstanden werden. Die HI-Viren vermehren sich stark und ihre Konzentration in den Körperflüssigkeiten (Blut, Sperma, Scheidenflüssigkeit und auf den Schleimhäuten) ist besonders hoch. Die Ansteckungsgefahr bei ungeschütztem Sex ist daher sehr groß, obwohl der*die HIV-positive Partner*in vermutlich noch gar nichts von seiner*ihrer Infektion weiß. Im weiteren Verlauf vermehrt sich das Virus weiter und schwächt das Immunsystem kontinuierlich. Der Ausbruch von AIDS wird durch das Auftreten von spezifischen Erkrankungen infolge der fortschreitenden Schwächung des Immunsystems markiert, die als opportunistische Infektionen bezeichnet werden. Ein Mensch stirbt nicht direkt am HI-Virus, sondern vielmehr an einer anderen Krankheit, die vom Immunsystem nicht mehr bekämpft werden kann. AIDS ist das Endstadium der HIV-Infektion.

Wird eine HIV-Infektion rechtzeitig erkannt, so kann die Virus-Anzahl mithilfe einer Antiretroviraler Therapie (ART) so gering gehalten werden, dass AIDS nicht ausbricht. Sollten die Symptome von AIDS bereits aufgetreten sein, können diese gelindert und eine weitere Verschlechterung des Gesundheitszustandes verhindert werden. Durch die Therapie kann die Anzahl der Viren so reduziert werden, dass diese im Blut nicht mehr nachweisbar sind, wodurch die Ansteckungsgefahr verschwindend gering wird. Auch die Übertragungswahrscheinlichkeit von der Mutter auf ihr Kind kann auf weniger als ein Prozent reduziert werden, wenn verschiedene ART-Medikamente kombiniert werden. Geheilt sind die Patienten jedoch nicht – die Medikamente müssen kontinuierlich eingenommen werden. 

Vielfach hält sich das Vorurteil, dass vor allem Männer, die Sex mit Männern haben (Englisch: Men who have sex with men, MSM) und Drogenabhängige Gefahr laufen, sich mit HIV zu infizieren. Als sogenannte Risikogruppen gelten laut WHO jedoch auch Gefangene, Sexarbeitende inklusive ihrer Kund*innen und Transgender. 

Die Weltgesundheitsorganisation verabschiedete 1986 den ersten Maßnahmenkatalog zur Bekämpfung der Ausbreitung des Virus: Die globale AIDS-Agenda (Englisch: Global Programme on AIDS) sah verschiedene Schritte gegen die rasante Ausbreitung des Virus vor: Schärfung des öffentlichen Bewusstseins, Bereitstellung technischer und finanzieller Unterstützung für betroffene Staaten, Forschungsprogramme und -finanzierung, Einbeziehung von Nichtregierungsorganisationen, Stärkung der Rechte von HIV-Positiven. In der Folge konnten zwar Forschungserfolge verbucht werden, wie beispielsweise Erkenntnisse über Mutter-Kind-Infektion, jedoch konnte die Ausweitung der AIDS-Krise Ende der 1990er-Jahre nicht verhindert werden.

Seit 1996 werden alle Anstrengungen von Organisationen der Vereinten Nationen unter dem Dach von UNAIDS, dem sogenannten „Joint United Nations Programme on HIV/AIDS“, vereint. UNAIDS und die Weltgesundheitsorganisation arbeiten seit jeher eng zusammen.

 

3. Aktuelles – Die Strategie 2016-2021 der Weltgesundheitsorganisation

Die WHO hat im Rahmen der Entwicklung ihrer Strategie für 2016-2021 eindeutig erkannt, dass das Fortführen bisheriger Methoden nicht mehr ausreicht. Im Gegenteil, wenn die Bemühungen nicht verstärkt werden, wird die Anzahl der neuen HIV-Infektionen weiter steigen. Die Strategie umfasst daher zunächst folgende Ziele: 

1. Sicherstellung, dass alle Betroffenen ihren Status kennen

Momentan leben weltweit circa 7,5 Millionen Menschen mit einer HIV-Infektion, ohne davon zu wissen. Um diesen größten Risikofaktor für die Verbreitung zu beseitigen, ist es notwendig, neue Möglichkeiten von HIV-Tests, insbesondere kostengünstigen Schnelltests, weiter zu erforschen, zu entwickeln, und dann in betroffenen Gebieten zu etablieren.

2. Ausweitung der Behandlungsmöglichkeiten und -qualität

Rund 15 Millionen infizierte Menschen weltweit waren Ende 2018 trotz ihres bekannten Status nicht in Behandlung. Diese Behandlungslücke zu füllen, ist eine der Prioritäten der internationalen Staatengemeinschaft. Insbesondere besonders gefährdete Gruppen wie Kinder, Jugendliche und Menschen aus den HIV-Risikogruppen benötigen dringend Zugang zu Behandlung und Medikamenten. 

3. Sicherstellung der Gesundheit von Betroffenen

Es gibt eine starke Korrelation zwischen dem Ausbruch von AIDS und anderen Krankheiten: Die häufigste Todesursache von AIDS-Erkrankten ist eine Tuberkulose-Infektion, gefolgt von Infektionen mit anderen Krankheiten wie Malaria, viraler Hepatitis sowie anderen opportunistischen Infektionen. Daher ist es wichtig, in der Bekämpfung von HIV/AIDS Verknüpfungen zur Bekämpfung anderer Krankheiten zu schließen.

4. Schutz der am meisten Gefährdeten

Auch wenn die Gesamtzahl der HIV-Positiven zurückgeht, steigt sie in bestimmten Gesellschaftsgruppen, wie beispielsweise bei Mädchen und jungen Frauen in Zentral- und Südafrika, drastisch an. Daher müssen die neuen Programme insbesondere diese Bevölkerungsschichten berücksichtigen: Maßnahmen gegen sexuelle Gewalt, Programme zur Unterstützung und Reintegration von Drogenabhängigen und Unterstützung nomadischer oder vertriebener Volksgruppen sind hierbei wichtige Ansätze.  

5. Kostenreduzierung und erhöhte Effizienz

Um die globale Versorgung von HIV-positiven Menschen sicherzustellen, muss das gesamte Versorgungssystem effektiver werden: Kosten für Medikamente und andere essenzielle medizinische Ausrüstung müssten gesenkt und die Effizienz der lokalen Verteilung erhöht werden. 

Zur Erreichung dieser fünf Hauptziele wurden Etappenziele bis 2020 gesetzt: 

  1. Die Anzahl der HIV-bedingten Todesfälle soll unter 500.000 fallen, genau wie die Anzahl der neuen HIV-Infektionen. Es sollen sich keine Säuglinge neu infizieren. 

  2. 90-90-90-Ziel: 90% der HIV-positiven Menschen sollen von ihrer Infektion wissen. Davon sollen 90% antiretrovirale Therapie erhalten. Von den Menschen, die bereits in Therapie sind, sollen sich 90% unter der Nachweisgrenze bezüglich der Viruslast befinden.

  3. Es soll keine diskriminierenden Gesetze und Regulierungen bezüglich HIV-Positiven mehr geben, sowie keine Diskriminierung im Gesundheitssektor.

  4. Investitionen in die Bekämpfung von HIV/AIDS sollen in Entwicklungs- und Schwellenländern insgesamt eine Summe von über 26 Milliarden US-Dollar erreichen, und alle Länder sollen Maßnahmen zur Unterstützung des Kampfes gegen HIV/AIDS in ihre nationale Gesundheitsfinanzierung einbauen.

  5. Die Forschung bezüglich einer HIV-Impfung und neuer Medizin soll verstärkt werden, und der Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen bezüglich HIV, Tuberkulose, Hepatitis und STDs (Englisch: Sexually Transmitted Diseases) soll in mindestens 90% aller Staaten gewährleistet werden.

Zur Umsetzung dieser Ziele und der Wegbereitung der Ziele der Agenda 2030 legt die Strategie einen Fünf-Punkte-Plan vor: 

1. Weitere Informationsbeschaffung

Um effizient handeln zu können, muss die Datenerhebung weiter ausgebaut werden. Unter anderem müssen Daten wie das Auftreten von Neuinfektionen, Infektionswege, betroffene Risikogruppen und die Frage, wie sich die sozialen und rechtlichen Voraussetzungen auf die Verbreitung auswirken, gesammelt werden. 

2. Implementierung der Gesundheitsversorgung in den Staaten

Zunächst geht es hierbei um die Prävention, um weiteren Infektionen vorzubeugen. Hier gibt es mehrere Ansätze, insbesondere aber drei große Strategien. 

Zunächst soll der Schutz vor Infektion durch Nutzung von Kondomen genannt werden. Dies ist eine der effektivsten und wirksamsten Methoden zum Schutz vor Neuinfektion, wird dennoch in vielen betroffenen Gebieten kaum genutzt. Hier sind insbesondere die Staaten gefragt, effektive nationale Programme zur Verteilung und Aufklärung über Kondome zu entwickeln.

Die zweite Strategie ist der Schutz durch Präexpositionsprophylaxe (PrEP). Präexpositionsprophylaxe sind antiretrovirale Medikamente, die bei kontinuierlicher Einnahme vor einer HIV-Infektion schützen. Auch die situationsbezogene Einnahme ist möglich, erfordert jedoch eine sehr gut geplante und disziplinierte Anwendung und wird daher nicht empfohlen. PrEP stellt eine große Chance dar, um Neuinfektionen vorzubeugen: Wenn Menschen mit erhöhtem Ansteckungsrisiko mit PrEP einer HIV-Infektion vorbeugen, könnte die Ausbreitung des HI-Virus massiv eingedämmt werden. Problematisch ist hier insbesondere die Frage der Finanzierung.

Die dritte Strategie ist schließlich der Schutz durch Therapie. Betroffene, die sich unter der Nachweisgrenze zu befinden, können das Virus nicht mehr weitergeben. 

Andere Präventionsmaßnahmen sind beispielsweise die Verteilung von sauberen Nadeln für drogenabhängige Menschen, oder die medizinische Beschneidung bei Männern. 

Eine weitere große Rolle in der Prävention spielt der Zugang zu Testmöglichkeiten, insbesondere auch zu HIV-Schnelltests. Schnelltests können jedoch eine HIV-Infektion erst drei Monate nach Risikokontakt sicher nachweisen oder ausschließen.

3. Stärkung der Humanressourcen und Materialien

Häufig fehlt in Krisengebieten das geschulte Personal und die medizinische und medikamentöse Grundausstattung, um die medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Dies muss geändert werden.

4. Finanzierung 

Für die Umsetzung der beschriebenen Maßnahmen werden neue Quellen der Finanzierung benötigt. Hierbei müssen die aktuellen Investitionen mindestens noch um 50% gesteigert werden. Dies soll über die Erhöhung der Gesundheitsausgaben, insbesondere bezüglich HIV/AIDS, der einzelnen Staaten, aber auch über vermehrte Entwicklungshilfe geschehen. 

5. Innovation

Schlussendlich braucht es immer Innovation, um neuen Herausforderungen zu begegnen. Die neuen Entwicklungen und Innovationen, insbesondere durch PrEP, aber auch im Design von Kondomen, machen bereits sehr viel Hoffnung. 

 

4. Probleme und Lösungsansätze

Momentan sind trotz der großen Zielsetzungen Finanzmittel zu schlecht verteilt und zu wenig vorhanden. 2018 lebten rund 38 Millionen Menschen weltweit mit HIV, auch wenn die Zahl der Neuinfektionen rückläufig ist. Das 90-90-90-Ziel für 2020 wird kaum erreicht werden können: 2018 wussten nur rund 80% der HIV-Positiven von ihrer Infektion, wovon auch nur rund 80% in Therapie waren. Fast 90% der Menschen in Behandlung lagen unter der Nachweisgrenze. Diese Zahlen bleiben hinter dem Anspruch der Weltgesundheitsorganisation und der Vereinten Nationen zurück. 

Menschenrechtsverletzungen sowie weitverbreitete sexuelle Gewalt, Stigmatisierung und Diskriminierung, verhindern, dass Notleidende Zugang zu den Gesundheitssystemen ihrer Länder erhalten. Dazu kommt, dass nationale Gesundheitsprogramme für HIV-Positive häufig ihren Fokus nicht auf die besonders Hilfebedürftigen setzen, wodurch die Wirkung dieser Programme nicht so groß ist, wie sie sein könnte.   

Die präventive Wirkung von antiretroviralen Medikamenten gegen die Weitergabe von HIV sind bekannt. Das revolutionäre Potential von PrEP ist erwiesen. Eine Kombination beider Strategien könnte die Verbreitung des Virus theoretisch komplett eliminieren. Kondome müssen jedoch weiterhin der Grundstein der Präventionsprogramme bilden. Innovationen innerhalb von Kondom-Verteilungsprogrammen könnten den Kampf gegen HIV noch weiter nach vorne bringen. Die Entwicklung eines Mikrobiozids, also eines Medikaments, das die HI-Viren im Körper direkt angreift, sowie einer Impfung wären starke zusätzliche Mittel im Kampf gegen HIV/AIDS. Des Weiteren sind HIV-Tests für Betroffene von höchster Bedeutung. 

Präventionsarbeit und medizinische Grundversorgung in weniger entwickelten Staaten werden  häufig von Nichtregierungsorganisationen geleistet. Diese werden oft von Staaten nicht unterstützt, ihre Arbeit wird teilweise sogar sabotiert. Dies verhindert eine Ausweitung ihrer Aktivität, obwohl sie für einen großen Teil der positiven Entwicklungen  verantwortlich sind. 

Unabdingbar für eine dauerhafte Prävention sind sexuelle Aufklärung und Bildung im Allgemeinen. HIV/AIDS ist in weiten Teilen des Globalen Südens ein Tabuthema, dem sich  aus religiösen und gesellschaftlichen Gründen kaum genähert wird. AIDS-Erkrankte leiden daher unter Stigmatisierung und gesellschaftlicher Isolation, in manchen Ländern werden sie sogar bewusst verfolgt. Dem kann nur mit Aufklärung und Bildungsprogrammen begegnet und so die Enttabuisierung des Themas weiter vorangetrieben werden. Sollte das Ziel der Eliminierung von AIDS bis 2030 umgesetzt werden, so wird das auch zur Umsetzung anderer SDGs beitragen – Armut würde reduziert, Ungleichheiten und gesellschaftliche Exklusion vermindert, Geschlechtergleichheit unterstützt, sowie Stigmatisierung und Diskriminierung bekämpft werden. Der Kampf gegen AIDS ist ein kleiner, aber bedeutender Teilabschnitt auf dem Weg in eine nachhaltige Entwicklung der Weltgemeinschaft. Ein Teilabschnitt, der Millionen Menschenleben retten kann. 

 

5. Punkte zur Diskussion

Bezüglich der neuen Methoden der HIV-Prävention sind in den Debatten und Resolutionen folgenden Fragestellungen besonders zu berücksichtigen: 

  • Wie kann dafür gesorgt werden, dass der Zugang zu den wichtigen Maßnahmen gegen HIV, also zu Kondomen, PrEP, antiretroviralen Medikamenten, sowie HIV-Tests insbesondere in Risikogebieten gewährleistet wird? Wie sieht es hierbei mit der Finanzierung der unterschiedlichen Maßnahmen aus? 

  • Wie kann die Forschung nach einem Mikrobizid gegen HIV sowie nach einer Impfung gegen HIV weiter gestärkt werden? 

  • Welche sonstigen Maßnahmen können zur Umsetzung des Ziels 2030 ergriffen werden? 

  • Wie können Staaten dazu gebracht werden, diskriminierende Gesetze gegen Betroffene aufzuheben? Welche Rolle können die Vereinten Nationen hier spielen? 

  • Wie kann Aufklärung über HIV/AIDS für alle verfügbar gemacht werden? Wie können sexuelle Bildungsprogramme, besonders in Entwicklungsländern, weiter vorangetrieben werden? Wie sehr sollten hierbei nichtstaatliche Organisationen eine Führungsrolle einnehmen, wie sehr die Staaten? 

  • Wie kann die internationale Zusammenarbeit auf diesem Themengebiet weiter intensiviert werden? Wie können hier Nichtregierungsorganisationen mit einbezogen werden? 

 

6. Lexikon

AIDS: Beim Befall größerer Mengen von immunkompetenten Zellen beginnt der Ausbruch von AIDS. Der Begriff AIDS, kurz für Acquired Immune Deficiency Syndrome, bezeichnet dabei einen spezifischen Symptomkomplex. Im Verlauf zeigt sich eine schrittweise Zerstörung des Immunsystems durch den Untergang von T-Helferzellen. Der daraus resultierende Immundefekt der Patienten erzeugt eine hohe Anfälligkeit für opportunistische Infektionen und/oder Tumore. Treten opportunistische Infektionen oder bestimmte Tumore auf, wird die Diagnose AIDS gestellt. Man spricht daher von AIDS-definierenden Erkrankungen.

Antiretrovirale Therapie: Die antiretrovirale Therapie, kurz ART, ist eine medikamentöse Behandlungsmethode der HIV-Infektion. Dabei kommen Arzneistoffe aus der Wirkstoffgruppe der Reverse-Transkriptase-Hemmer zum Einsatz. Das HI-Virus gehört zur Gruppe der Retroviren und benötigt das Enzym “Reverse Transkriptase”, um aus RNA DNA zu machen und so sich vermehren zu können. Die Wirkstoffe blockieren die Reverse Transkriptase und verlangsamen bzw. verhindern damit die Vermehrung des Virus im menschlichen Organismus. 

Epidemie: Eine Epidemie ist das vermehrte Auftreten von Krankheitsfällen einheitlicher Ursache innerhalb einer menschlichen Population, solange es zeitlich und örtlich begrenzt bleibt. 

HIV: Das HI-Virus ist ein RNA-Virus, das eine HIV-Erkrankung verursacht, die üblicherweise im Spätstadium zu AIDS führt. Bisher sind zwei Typen von HI-Viren sowie zwei Subtypen bekannt. 

HIV-Infektion: Nach dem Eindringen des Virus in die Blutbahn des Menschen hat das Virus die Möglichkeit, über sein Oberflächenprotein an die  CD4+ T-Lymphozyten (T-Helferzellen) und Makrophagen zu binden. Prinzipiell sind jedoch alle Zellen, die den Rezeptor (die Andockstelle) der T-Helferzellen aufweisen, potentielle Zielzellen des Virus; dies trifft zum Beispiel auch Zellen des Nervensystems. Die vom Virus freigesetzte RNA wird, unter Zuhilfenahme der reversen Transkriptase des Virus, in die DNA der Wirtszelle eingefügt. Nun beginnt die Wirtszelle mit der Synthese von Virusbestandteilen und fügt diese zusammen. Durch den Zerfall der Wirtszelle werden sie wieder ins Blut freigesetzt und binden erneut an T-Helferzellen.

HIV-Test: Aktuell stehen drei Testmöglichkeiten zur Verfügung. Der Labortest mit Blutentnahme und Einsendung ins Labor, der HIV-Schnelltest und die PCR-Testung. Moderne HIV-Labortests suchen sowohl nach Antikörpern als auch nach einem bestimmten Bestandteil des Virus. Um diesen Bestandteil nachweisen zu können, muss die HIV-Menge im Blut sehr hoch sein. Das ist nur kurz nach einer Ansteckung oder bei einem bestehenden Immundefizit der Fall. Der Test kann schon ab zwei Wochen nach einem HIV-Übertragungsrisiko eingesetzt werden. Eine Infektion sicher ausschließen kann der Test jedoch erst sechs Wochen nach dem letzten Risiko einer Infektion. So lange dauert es maximal, bis genügend Antikörper für einen Nachweis gebildet wurden.
Ähnlich wie beim Labortest wird beim Schnelltest auch nach Antikörpern gesucht. Seine Durchführung kann ohne größeren Laboraufwand erfolgen. Er kann bereits drei Wochen nach einem HIV-Übertragungsrisiko eingesetzt werden. Eine Infektion sicher ausschließen kann der Test jedoch erst zwölf Wochen nach dem letzten Risiko einer Infektion.

Der PCR-Test sucht nicht nach Antikörpern, sondern nach HIV selbst. Eingesetzt wird er vor allem zur Kontrolle, ob eine HIV-Therapie wirkt. Dies ist dann der Fall, wenn die Medikamente die Vermehrung von HIV soweit verhindern, dass keine Viren mehr nachweisbar sind. Mit den empfindlichsten PCR-Tests kann man eine Virenmenge ab 20 HIV-Kopien pro Milliliter Blutserum messen. Der PCR-Test kann auch als Bestätigungstest eines Antikörper-Suchtests eingesetzt werden. Misst er mehr als 1.000 HIV-Kopien pro Milliliter Blutserum, ist das Ergebnis bestätigt. Außerdem kann der PCR-Test bei Neugeborenen eingesetzt werden. In den ersten 18 Monaten fallen Antikörper-Suchtests bei Babys von Müttern mit HIV nämlich immer reaktiv aus, obwohl sie wahrscheinlich selbst nicht infiziert sind. Der Grund: Die Babys haben Antikörper ihrer Mütter im Blut. Um eine HIV-Infektion auszuschließen, eignen sich PCR-Tests in der Regel nicht. 

Opportunistische Infektionen: Als opportunistische Infektionen bezeichnet man Infektionen, die durch Erreger verursacht werden, die eigentlich zur normalen Flora des menschlichen Körpers gehören. Als Flora werden alle Mikroorganismen, wie Bakterien und Pilze, zusammengefasst, die einen natürlichen Bestandteil der Oberfläche von gesunder Haut oder des Magen-Darm-Traktes bilden. Die Mikroorganismen nutzen den geschwächten Immunstatus aus, um in den Körper einzudringen und dort  Krankheiten zu verursachen. Menschen mit einem intakten Immunsystem erkranken nicht. 

Pandemie: Eine Pandemie ist eine weltweit oder über ein sehr großes Gebiet auftretende Epidemie, die internationale Grenzen übertritt und normalerweise eine große Menge an Menschen betrifft.

PEP - Postexpositionsprophylaxe: Die HIV-Postexpositionsprophylaxe, kurz PEP oder HIV-PEP, ist eine vierwöchige antiretrovirale Behandlung, um eine HIV-Infektion nach potentieller Exposition (also ein für eine Infektion relevantes In-Kontakt-Kommen mit einem Erreger oder einer infektiösen Substanz) zu verhindern. Die Behandlung unterscheidet sich in Abhängigkeit von der beruflichen bzw. außerberuflichen (meist sexuellen) Exposition. 

PrEP - Präexpositionsprophylaxe: Unter einer Präexpositionsprophylaxe, kurz PrEP, versteht man Präventionsmaßnahmen, die vor einer Infektion ergriffen werden. Damit ist vor allem die Vorbeugung einer HIV-Infektion durch präventive Einnahme antiretroviraler Medikamente gemeint. 

Reverse Transkriptase: Reverse Transkriptase ist ein Enzym, was die RNA des Virus in DNA umgewandelt, also so übersetzt, dass die Zelle damit arbeiten kann. Ohne dieses Enzym können die Informationen des Virus nicht verarbeitet werden. 

RNA (Ribonukleinsäure) ist bei bestimmten Virentypen (RNA-Viren, Retroviren) Träger der Erbinformation, also die materielle Basis der Gene

TASP - Therapy as Protection: Unter effektiver und konsequenter antiretroviraler Therapie sinkt die Viruslast im Verlauf unter die Nachweisgrenze derzeitiger PCR-Tests. Derzeit sind das pro Milliliter (ml) Blut 50 Viruskopien und weniger. Die Viruslast in anderen Körperflüssigkeiten wie Sperma oder Vaginalsekret sinkt, etwas zeitverzögert, ebenfalls. In aktuellen Studien konnte bei Patienten, deren Viruslast unter effektiver Therapie unter der Nachweisgrenze von 50 Viruskopien pro ml lag, keine Übertragung nachgewiesen werden. HIV-Positive, deren Viruslast seit mindestens einem halben Jahr unter der Nachweisgrenze liegt, gelten daher als nichtinfektiös. 

Viruslast: Die Anzahl von HI-Viren pro ml nennt man Viruslast .

 

7. Wichtige Dokumente

Weltgesundheitsorganisation, Global Health Sector Strategy on HIV 2016-2021, 2016, https://apps.who.int/iris/bitstream/handle/10665/246178/WHO-HIV-2016.05eng.pdf;jsessionid=1CD2BCB90C35381D302B36D869D9B123?sequence=1 – Die Strategie bzgl. HIV/AIDS 2016-2021 der Weltgesundheitsorganisation, visualisierte umfangreiche Zusammenfassung (Englisch). 

Originalbeschluss der Strategie,  http://apps.who.int/gb/ebwha/pdf_files/WHA69/A69_31-en.pdf (Englisch).

Globale Gesundheitsstrategie der WHO 2011-2015, hierbei insbesondere Annex 4 zu HIV/AIDS https://apps.who.int/gb/ebwha/pdf_files/WHA64-REC1/A64_REC1-en.pdf#page=85 (Englisch).

Resolution A/65/L.77: Political declaration on HIV and AIDS: Intensifying our efforts to eliminate HIV and AIDS: https://www.unaids.org/sites/default/files/sub_landing/files/20110610_UN_A-RES-65-277_en.pdf (Englisch). 

Resolution A/70/L.52: 2016 United Nations General Assembly Political Declaration on Ending AIDS: http://undocs.org/A/70/L.52 (Englisch). 

Agenda 2030: http://www.un.org/Depts/german/gv-70/band1/ar70001.pdf (Deutsch).

 

8. Quellen und weiterführende Links

UNAIDS, Fact sheet – Global AIDS Update 2019, 2019, 

https://www.unaids.org/sites/default/files/media_asset/UNAIDS_FactSheet_en.pdf – Sehr aktuelle Zahlen zu HIV/AIDS, auch mit regionalen Informationen (Englisch).

WHO, HIV/AIDS Data and statistics, 2019, https://www.who.int/hiv/data/en/ – Ebenfalls sehr aktuelle Zahlen zu HIV/AIDS, sehr anschaulich dargestellt (Englisch). 

WHO, HIV country intelligence, 2019, http://cfs.hivci.org – Datenprofile für alle Länder der WHO bezüglich HIV/AIDS, essentielle Quelle zur Vorbereitung auf die einzelnen Staaten (Englisch). 

Hedda Nier für Statista, Osteuropa hat ein HIV-Problem, 30.11.2018 https://de.statista.com/infografik/16267/hiv-neuinfektionen-pro-100000-einwohner – Übersicht der HIV-Neuinfektionen in Europa im Jahr 2017 (Deutsch). 

Robert-Koch-Institut, HIV/AIDS RKI-Ratgeber,  https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_HIV_AIDS.html – Essentielle Quelle für grundlegende Daten und Fakten, hier kann man alles zu dem Thema nachlesen. 

WHO, Global Health Sector Strategies for HIV, viral hepatitis, STIs, 2016-2021,  https://www.who.int/hiv/strategy2016-2021/en/ – Erklärungen und Hintergründe zur Strategie 2016-2021 der WHO zum Thema HIV/AIDS, anschaulicher und nicht so sperrig wie das Originaldokument (Englisch). 

Der Spiegel, Experte warnt vor "Krise historischen Ausmaßes", 22.07.2018, https://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/welt-aids-konferenz-in-amsterdam-experte-warnt-vor-krise-historischen-ausmasses-a-1219635.html – Presseartikel zu den modernen Risiken von HIV/AIDS (Deutsch). 

Deutsche Aidshilfe, UNAIDS legt HIV/Aids-Strategie für 2016 bis 2021 vor, 2015, https://www.aidshilfe.de/meldung/unaids-legt-hivaids-strategie-fur-2016-2021 – Kommentar zur Strategie 2016-2021 von UNAIDS, nicht der WHO, dennoch empfehlenswert (Deutsch). 

Avert, History of HIV and AIDS overview, 26.11.2018, https://www.avert.org/professionals/history-hiv-aids/overview#footnote96_pkyfqib – Sehr guter historischer Überblick über HIV/AIDS (Englisch).

Deutsche Aidshilfe, HIV-Tests im Überblick, 2019, https://www.aidshilfe.de/hiv-tests-ueberblick – Guter Überblick über verschiedene Testmethoden (Deutsch).

Robert-Koch-Institut, HIV (AIDS),  https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/H/HIVAIDS/hiv_node.html – Umfangreiche Informationen rund um das Thema HIV/AIDS (Deutsch). 

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