forum Stärkung der internationalen Strafgerichtsbarkeit

Einführung in das Thema

Kurzzusammenfassung

Die Frage der Stärkung der internationalen Strafgerichtsbarkeit ist gerade angesichts der derzeitigen Konflikte und Kriege wieder ins Bewusstsein der Weltgemeinschaft gerückt. Seit 1998 existiert zu deren Umsetzung der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag, der auch schon mit Sondertribunalen vor Ort, beispielsweise in Ruanda, aktiv geworden ist und bis heute 50 Personen wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen oder Genozid angeklagt. Doch bei aller Relevanz eines weltweit tätigen Gerichts, das die schlimmsten Gräueltaten ahnden soll, regt sich auch scharfe Kritik am aktuellen Stand der internationalen Strafgerichtsbarkeit, was insbesondere Vorwürfe gegen den IStGH beinhaltet. So sei der Gerichtshof teilweise parteiisch, hätte Doppelstandards im Bezug auf ständige Mitglieder des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, würde in manchen Aspekten Neokolonialismus betreiben oder zu oft Frieden gegen Recht und Gerechtigkeit ausspielen. Die Aufgabe der Generalversammlung wäre nun, all diese Kritikpunkte aufzuarbeiten und zu debattieren, inwiefern durch mehr offenen Dialog mit betroffenen Staaten, vor allem in Afrika, eine eventuelle Aufhebung der Immunität von Staatsoberhäuptern und mehr finanzielle Mittel nicht nur der IStGH als zuständige Instanz, sondern auch die internationale Strafgerichtsbarkeit generell verbessert werden können.

Punkte zur Diskussion

  • Wie kann man zu einer Lösung der Frage gelangen, ob Frieden schaffen oder Konflikte aufarbeiten und Gerechtigkeit herstellen wichtiger ist?
  • Ist es in Ordnung, dass die meisten Verfahren des IStGH auf dem afrikanischen Kontinent angesiedelt sind oder ist das Neokolonialismus?
  • Sollten (gewählte) Staatsoberhäupter in Zukunft von der Gerichtsbarkeit des IStGH ausgenommen werden, damit Staaten weiterhin handlungsfähig bleiben?
  • Ist es gerecht, dass der UN-Sicherheitsrat Verbrechen an den IStGH weitergeben darf, wenn die ständigen Mitglieder des Gremiums selbst nicht diesen Regeln unterliegen?
  • Welche Mittel, seien sie finanziell oder politisch, muss der IStGH erhalten, um die internationale Strafgerichtsbarkeit effektiv und langfristig zu stärken?

Einleitung

Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen, Völkermord - dies sind nur drei der schlimmsten Menschheitsverbrechen, die unter die internationale Strafgerichtsbarkeit fallen. Um diese Verbrechen weltweit korrekt ahnden und verurteilen zu können, ist über viele Jahre ein passendes Rechtssystem entwickelt worden, dem mittlerweile der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) vorsteht. Dessen Effektivität ist allerdings im Laufe der vergangenen Jahrzehnte zunehmend in die Kritik geraten, unter anderem die Frage, ob Frieden gegen Recht und Gerechtigkeit ausgespielt wird oder ob im IStGH zu starke Doppelstandards sowie Parteilichkeit existieren. Umso wichtiger ist es, angesichts der aktuell herrschenden Konflikte und Kriege darüber zu diskutieren, wie die internationale Strafgerichtsbarkeit wieder gestärkt werden kann oder sollte.

Hintergrund und Grundsätzliches

Seit 1998 gibt es den IStGH mit Hauptsitz in Den Haag, Niederlande. Zunächst ist noch der wesentliche Unterschied zum Internationalen Gerichtshof (IGH) zu erwähnen: Letzterer verhandelt über Streitigkeiten zwischen verschiedenen Staaten, der IStGH dagegen Akte des Völkermords, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen oder andere schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen, die einzelnen Personen zur Last gelegt werden.

Weder der UN-Sicherheitsrat noch ein Staat können beim IStGH direkt eine Klage einreichen. Es kann nur die Aufnahme von Ermittlungen bei der Anklagebehörde des IStGH beantragt werden. Erst wenn diese aufgrund der Ermittlungen zum Schluss kommt, dass wirklich ein Verbrechen unter der Gerichtsbarkeit des IStGH vorliegt, wird Anklage erhoben.

Der UN-Sicherheitsrat kann auch die Verfolgung von Verbrechen anordnen, die auf dem Gebiet von Nicht-Vertragsstaaten durch Angehörige von Nichtvertragsstaaten begangen wurden (Art. 13 lit.b Römisches Statut).

Der Begriff der internationalen Strafgerichtsbarkeit wird größtenteils in einem institutionell-organisatorischen Sinne verstanden und bezeichnet die Befugnis der von der internationalen Staatengemeinschaft geschaffenen Strafgerichte, Strafverfahren abzuhalten und auf der Grundlage des Völkerrechts Strafen zu verhängen. Da diese Strafgerichte wie internationale Organisationen auf völkerrechtlicher Basis agieren und ihre Spruchkörper und Organe mit Vertreter*innen aus mehreren Staaten besetzt sind, werden diese Gerichte als international bezeichnet. Im weiteren Sinne gilt dies auch für „internationalisierte“ Strafgerichte, die im Rahmen einer UN-Übergangsverwaltung, beispielsweise Kosovo oder Osttimor, oder eines bilateralen Abkommens des betreffenden Staates mit internationalen Organisationen, welche meistens die Vereinten Nationen sind, zum Beispiel mit Sierra Leone, Kambodscha und dem Libanon.

Die erste Grundlage für eine internationale Strafgerichtsbarkeit wurde - nachdem Versuche infolge des Ersten Weltkrieges gescheitert waren - als Antwort auf die in der Zeit des Nationalsozialismus verübten Verbrechen geschaffen, vor allem den Völkermord an den europäischen Jüd*innen. Diese Nürnberger Prozesse zogen die militärische Führung des NS-Regimes für Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit strafrechtlich zur Verantwortung und riefen damit erstmals ein internationales Strafgericht ins Leben, das auf der Grundlage des Völkerrechts Strafen gegen Einzelpersonen verhängte. Dennoch gelang es daraufhin nicht, das damals begründete Völkerstrafrecht auch mit einer eigenen Institution zu verankern. Dies wurde erst nach Ende des Kalten Krieges wieder aufgegriffen, als es 1993 im zerfallenden Jugoslawien zu massiven Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht gekommen war und der UN-Sicherheitsrat als Reaktion darauf mit der Einsetzung eines ad-hoc-Strafgerichtshofes für das ehemalige Jugoslawien (JStGH) reagierte. Kurze Zeit später wurde unter dem Eindruck des 1994 in Ruanda verübten Völkermordes an der ethnischen Minderheit der Tutsi ein weiterer ad-hoc-Strafgerichtshof für Ruanda (RStGH) eingerichtet. Beide Gerichte verurteilten 83 (Jugoslawien) beziehungsweise 62 (Ruanda) Personen. Diese Entwicklung begünstigte die kurz zuvor im Auftrag der UN-Generalversammlung wieder aufgenommenen Arbeiten zur Schaffung eines IStGH, die schließlich zu dem auf der Konferenz von Rom im Jahre 1998 verabschiedeten Statut für einen Internationalen Strafgerichtshof (IStGH-Statut) führten, auch Rom-Statut genannt. Das IStGH-Statut ist am 01.07.2002 in Kraft getreten und von 124 Staaten ratifiziert worden.

Aktuelles

Seit seiner Gründung hat der IStGH zwar in zahlreichen Ländern ermittelt, darunter Uganda, Kongo, Georgien und Libyen, jedoch sind nur drei Personen verurteilt worden, während in mehreren Fällen die Anklage entweder zurückgezogen oder gar nicht erst zur Hauptverhandlung zugelassen wurde.

Mit Ausnahme der 2016 eingeleiteten Untersuchung zu Georgien betrafen die Verfahren ausschließlich afrikanische Staaten, was dem IStGH den Vorwurf politisch motivierter Auslese, teils sogar rassistischer Voreingenommenheit oder Neokolonialismus eingebracht hat. Gleichzeitig gilt es festzuhalten, dass die Verfahren überwiegend auf Wunsch der betroffenen Staaten (Uganda, Kongo, Zentralafrikanische Republik, Mali) oder des UN-Sicherheitsrates (Sudan, Libyen) eingeleitet wurden. Zu einer hitzigen Kontroverse kam es, als der IStGH gegen den sudanesischen Präsidenten Umar Al-Bashir einen Haftbefehl erließ und mehrere afrikanische Staaten, unter anderem Südafrika, diesen weiterhin als Staatsgast empfingen, anstatt ihn festzunehmen und an den IStGH auszuliefern. Damit sie solchen Streitigkeiten in Zukunft entgehen können, aber auch mit Blick auf die Konzentration der Strafverfolgung auf afrikanische Staaten, haben Südafrika, Burundi und Gambia im Herbst 2016 verkündet, den IStGH zu verlassen. Im gleichen Zuge muss jedoch erwähnt werden, dass Afrika mittlerweile die größte Regionalgruppe im IStGH ausmacht und dass die Mehrheit der Amtsträger*innen in Den Haag afrikanische Staatsbürger*innen sind. Fraglich ist in diesem Zusammenhang, ob die afrikanischen Amtsträger*innen ebenfalls die afrikanische Bevölkerung oder Teile dieser repräsentieren.

Diese Entwicklung geht mit der Initiative der Afrikanischen Union (AU) einher, beim neuen Afrikanischen Gerichtshof (African Court of Justice and Human Rights) Strafkammern einzurichten, die für die Verfolgung und Aburteilung völkerstrafrechtlicher Verbrechen zuständig sein sollen. In einem Abkommen zwischen der AU und dem Senegal wurde bereits ein erster Schritt zur Regionalisierung der internationalen Strafgerichtsbarkeit gegangen, indem innerhalb des senegalesischen Gerichtssystems afrikanische Sonderkammern zur Aburteilung im Tschad begangener Völkerrechtsverbrechen eingeführt wurden. Hier zeigt sich in manchen Ländern die Tendenz, zusätzlich zum IStGH eigene hybride Strafgerichte aufzubauen, die unabhängig von ihren völkerrechtlichen Grundlagen und ihrem Bezug zu internationalen Organisationen (UN, AU) fest in einer nationalen Strafrechtsordnung verankert sind.

Ein weiterer Kritikpunkt am IStGH ist der Vorwurf der erhobenen Doppelstandards sowie der Parteilichkeit. So sind beispielsweise die ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats und einige andere große Staaten nicht Teil des IStGH. Entsprechend können auch keine Verfahren gegen sie erhoben werden und falls doch solch ein Versuch angestrebt wird, führt es meist nicht zum Erfolg, sondern eher zu Konsequenzen, wie das Beispiel einer gambischen Chefanklägerin zeigt: Diese beauftragte Ende 2017 die IStGH-Richter*innen mit Ermittlungen in Afghanistan wegen vermeintlicher Kriegsverbrechen, unter anderem auch von US-amerikanischen Truppen. Ungefähr anderthalb Jahre später entzogen die USA der Anklägerin das Einreisevisum.

Probleme und Lösungsansätze

Doch nicht nur bei Staaten herrscht das Problem der Doppelmoral: Im Gegensatz zu ungefähr allen anderen Individuen im internationalen Recht fallen auch im Amt befindliche Staatsoberhäupter unter die Rechtsprechung des IStGH. Dies wird insbesondere von Staatsoberhäuptern kritisiert, die selbst angeklagt sind, aber auch von befreundeten Staaten. Das Argument in diesem Zusammenhang lautet, dass Staatsoberhäupter Immunität brauchen, damit Staaten handlungsfähig bleiben und überhaupt jemand bereit ist, das Risiko einer Präsidentschaft oder eines ähnlich hohen Amtes einzugehen. Als besonders problematisch wird die Anwesenheitspflicht von Angeklagten bei Verfahren in Den Haag angesehen. Letzteres wurde bereits teils durch Videoschalten zu lösen versucht; die Mehrheit wünscht sich weiterhin eine Jurisdiktion über Staatsoberhäupter selbst.

Ein weiteres Dilemma ist das Ausspielen von Frieden gegen Recht und Gerechtigkeit. Manche Staaten argumentieren, dass es manchmal nötig ist, für den Frieden auf Rechtsetzung zu verzichten. Ein häufiges Beispiel dafür sind Amnestien für Befehlshabende, die Teil von Friedensverträgen oder Waffenstillständen werden, was einen Anreiz für eben jene Befehlshabende darstellt, die Waffen niederzulegen. Auch nach Konflikten bilden Eliten oft neue Regierungen, die in einem Konflikt auf einer der Seiten standen und dort Kriegsverbrechen begangen haben, wie beispielsweise Kenyatta und Ruto in Kenia. Gleichzeitig ist eine Herstellung von Recht und Gerechtigkeit nicht nur für das Fortbestehen der Internationalen Gerichtsbarkeit wichtig, sondern auch für die Aufarbeitung vor Ort und für die Menschen, die von den Verbrechen betroffen sind. Hier stellt sich die Frage, ob es wichtiger ist, Konflikte zu beenden und für Stabilität und Frieden oder für Recht zu sorgen. Interessante Zwischenlösungen sind häufig lokale Gerichtsverfahren wie die Gacaca Gerichte in Ruanda. Diese sind auf eine Versöhnung ohne Ahndung auf internationaler Ebene ausgelegt.

Ein Mittel zur Lösung des vorhin genannten Vorwurfs des Neokolonialismus wäre vor allem ein offener Dialog auf Basis der Kernelemente des Rom-Statuts, in dessen Rahmen die Kritikpunkte der Afrikanischen Union ernst genommen und sorgfältig überprüft werden. Hier ist zum einen der IStGH selbst gefragt: Er muss seine diplomatischen Aktivitäten optimieren sowie im Rahmen seiner Kommunikation stärkeres Augenmerk auf die Opfer von Verbrechen gegen die Menschheit legen und aktiv auf die Kritiker*innen zugehen. Trotz offenen Dialogs ist aber nach wie vor an den zentralen Pfeilern des Rom-Statuts festzuhalten: Hierzu gehört insbesondere die Aufhebung der Immunität von Staats- und Regierungschefs. Deshalb sollte auch die Schaffung des Afrikanischen Gerichtshofes solange nicht unterstützt werden, wie sein Statut weitreichende Immunitätsrechte ermöglicht.

Damit diese Lösungen auch in greifbare Nähe rücken, benötigt der IStGH ein ausreichend hohes Budget. In Anbetracht seiner Aufgaben und vor dem Hintergrund, dass der IStGH anders als nationale Gerichte nicht auf einen Polizeiapparat für die Ermittlungsarbeit zurückgreifen kann, ist er mit einem Budget von 154.855.000€ eine vergleichsweise günstige Organisation. In letzter Zeit verlangen manche Staaten eine Kürzung des Budgets, doch gerade das Gegenteil sollte geschehen. Insbesondere sowohl die Ausweitung der Strafverfahren auf Situationen außerhalb Afrikas, beispielsweise eventuell auch der derzeit laufende Krieg Russlands gegen die Ukraine, als auch die Verbesserung der Kommunikationsarbeit erfordert ausreichend finanzielle Mittel. Für Ersteres benötigt der IStGH allerdings auch diplomatische Rückendeckung von der internationalen Staatengemeinschaft.

Die Gründung des IStGH vor 24 Jahren entgegen allen Widerstands ist durchaus als große Errungenschaft der internationalen Staatengemeinschaft auf dem Gebiet des Völkerstrafrechts zu verstehen. Trotz unterschiedlicher nationaler Erfahrungen und Eindrücken mit Gräueltaten gegen die Menschlichkeit und Genoziden im vergangenen Jahrhundert gelang es, sich in Rom auf ein Statut zu einigen, dem mittlerweile 123 Staaten beigetreten sind. Insofern ist der IStGH keinesfalls unbrauchbar. Gleichzeitig ist das Statut mit seinen ganzen zuvor erwähnten Problemen lediglich als Kompromiss zu verstehen. Noch größere Befugnisse hätten weder zu einer Einigung in Rom noch zu einer mittlerweile so großen Zahl an Beitrittsländern geführt. Jedoch gilt es weiterhin daran zu arbeiten, das Gericht in Den Haag noch effektiver zu gestalten. Dies könnte zum einen durch eine konsequente Überweisung von Fällen an den IStGH ungeachtet von Staaten- oder Bündnisinteressen und zum anderen durch eine Reform des UN-Sicherheitsrats im Hinblick auf die Bekämpfung von Massenverbrechen gelingen.

Eine weitere Überlegung ist, ob Verbrechen gegen die Umwelt (sog. Ökozide) ebenfalls als Straftatbestand beim IStGH aufgeführt werden sollen. Derzeit gibt es nur eine Bestimmung im Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs, die sich auf Kriegsverbrechen bezieht und in der die Schädigung der Umwelt ausdrücklich erwähnt wird (Artikel 8(2)(b)(iv)). Diskutiert werden kann hier, ob zunächst eine Menschenrechtsverletzung durch Umweltverschmutzung sowie Klimawandel hervorgeht und das einem einzelnen Staat bzw. dessen Amtsträger*innen zuzurechnen ist oder ob generell Verbrechen gegen die Umwelt im Rom-Statut aufgeführt werden sollen. Dabei ist allerdings fraglich, ob aufgrund der genannten Probleme und Hürden des IStGH des Ökozids Schuldige wirklich strafrechtlich verfolgt werden könnten. Zumindest hat eine Expert*innengruppe eine Definition des Ökozids als Kernverbrechen erstellt: „Für die Zwecke dieses Statuts bedeutet „Ökozid“ rechtswidrige oder mutwillige Handlungen, die in dem Wissen begangen wurden, dass eine erhebliche Wahrscheinlichkeit besteht, dass durch diese Handlungen schwerwiegende und entweder weitverbreitete oder langfristige Umweltschäden verursacht werden.“

Hinweise zur Recherche

Offizielle Seiten des IStGH, aber auch von international tätigen Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International sind sehr zu empfehlen. Die Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen hat auch Material zum Thema, das einem auf jeden Fall einen tieferen Einblick in die Materie ermöglicht. Seiten mit Fokus auf internationalem Recht und Stiftungen wie auch Institute zur Friedens- und Konfliktforschung sind ebenso zu empfehlen wie grundlegende Informationen zur Thematik, die man z. B. bei der Bundeszentrale für politische Bildung in Erfahrung bringen kann.

Lexikon

Verbrechen gegen die Menschlichkeit: im Wesentlichen grobe und ausgedehnte systematische Menschenrechtsverletzungen wie etwa das «Verschwindenlassen» von Personen, Vergewaltigungen, Vertreibungen oder Folter.

Völkerrecht: die durch Vertrag oder Gewohnheitsrecht begründeten Rechtssätze, die in Frieden und Krieg die Rechte und Pflichten, die Beziehungen und den Verkehr der Staaten und der sonstigen Rechtssubjekte des Völkerrechts untereinander regeln.

Ad-hoc-Strafgerichte: ein Sondertribunal der Vereinten Nationen. Es wird meist eingerichtet, um die Kernverbrechen des Völkerstrafrechts, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Völkermord in einem bestimmten Konflikt aufzuklären. Bisher wurden Sondertribunale zur Verfolgung der Verbrechen im ehemaligen Jugoslawien (1993), in Ruanda (1994), in Kambodscha (2003) und im Libanon (2005) einberufen.

Neokolonialismus: direkte Beherrschung von Entwicklungsländern über Spielregeln des kapitalistischen Weltmarktes. Die vom Kolonialismus befreiten Entwicklungsländer konnten allenfalls eine juristische Unabhängigkeit erreichen; die direkte Beherrschung wurde durch eine indirekte abgelöst. Militärische, politische, kulturelle, technologische, finanzielle und wirtschaftliche Abhängigkeiten stellen Mechanismen des Neokolonialismus dar.

Afrikanische Union: Der wichtigste Zusammenschluss afrikanischer Staaten. Sie wurde 2002 als Nachfolgerin der Organisation für Afrikanische Einheit (OAU) gegründet. Heute gehören ihr alle international anerkannten Staaten Afrikas an – einschließlich der Demokratischen Arabischen Republik Sahara (Westsahara). Sitz der AU ist die äthiopische Hauptstadt Addis Abeba.

Kenyatta und Ruto in Kenia: William Ruto ist derzeit Präsident Kenias und Nachfolger von Uhuru Kenyatta. Nach den Wahlen im Jahr 2007, die zu Unruhen im Land führten, kamen mehr als 1000 Menschen im Zuge von Gewaltexzessen ums Leben. Daraufhin erhob der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) Anklage unter anderem gegen Ruto und Kenyatta und beschuldigte die beiden, Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben. Der IStGH stellte die Verfahren jedoch ein.

Genozid (Völkermord): eine Handlung, „begangen in der Absicht, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe ganz oder teilweise zu zerstören“ (UN-Konvention gegen Völkermord von 1948).

Gacaca-Gerichte in Ruanda: 2002 eingeführt, um die Gräueltaten des Genozids von 1994 aufzuarbeiten. Die Gacaca-Rechtsprechung hat in Ruanda eine jahrhundertelange Tradition. Die Richter, die Gacaca-Gerichten vorsitzen, werden von den Menschen innerhalb der jeweiligen Gemeinde ausgewählt. Grundlage ist zumeist ihre Rechtschaffenheit. Die Mehrheit der Richter verfügt über keine juristische Ausbildung. Dennoch waren sie dafür verantwortlich, über komplizierte Völkermord-Fälle zu urteilen. In ihrem Bericht von 2011 mahnte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch an, dass die Gacaca-Gerichte wegen fehlender Professionalität und anderen Mängeln die internationalen Standards fairer Rechtsprechung nicht einhalten. Dennoch waren die Gacaca-Gerichte ein wichtiger Schritt hin zur nationalen Versöhnung. Sie wurden offiziell im Juni 2012 eingestellt.

Quellenangaben und weiterführende Links

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Papiere 1 bis 25 von 69.
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