forum Die Situation in der Bolivarischen Republik Venezuela

Einführung in das Thema

Aktuelles: Die Situation in der Bolivarischen Republik Venezuela

Einleitung

In Venezuela spielt sich seit einigen Jahren eine humanitäre, wirtschaftliche und politische Krise ab. Mit der Wahl der Nationalversammlung Ende 2020 hat sich der politische Machtkampf in eine neue Phase begeben. Die Wahl wird von vielen Staaten nicht anerkannt – nicht zuletzt deshalb, weil sich Venezuelas Staatsapparat seit 2014 durch manipulierte Wahlen, Unterdrückung der Zivilgesellschaft sowie Gleichschaltung der Justiz längst zu einer Autokratie entwickelt hat. Vermehrt werden der Regierung Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Während von einigen Staaten durch Wirtschaftssanktionen Partei ergriffen wird, bemühen sich andere Mitglieder der Staatengemeinschaft, durch überregionale Zusammenschlüsse den Dialog der gespaltenen Lager Venezuelas zu fördern und das Land hin zu demokratischen Strukturen zu führen. Im Schatten der politischen und wirtschaftlichen Krise spielt sich eine humanitäre Krise enormen Ausmaßes ab, unter der die venezolanische Bevölkerung seit Jahren leidet. Zunehmend verschärft durch die COVID-19-Pandemie leiden derzeit knapp 96% der Bevölkerung an Armut, ein großer Teil der Kinder an Unterernährung. Die Versorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten ist katastrophal, denn auch humanitäre Hilfe aus dem Ausland kommt oft nicht an. Diese Notlage führte unlängst auch zur wohl größten Flüchtlingskrise Lateinamerikas. 

Hintergrund und Grundsätzliches

Der Grundstein der seit 2014 vorherrschenden Versorgungskrise wurde unter dem früheren Präsidenten Hugo Chavez gelegt. Dieser prägte bis 2013 die Volkswirtschaft durch großangelegte Sozialprogramme, die Einsetzung von Militärs in Führungspositionen und den Abbau marktwirtschaftlicher Strukturen. Maßnahmen wie die Verstaatlichung von Unternehmen führten zu zurückgehenden Investitionen innerhalb des Privatsektors. Dies hatte zur Folge, dass innerhalb Venezuela selbst nur eine geringe Anzahl von lebenswichtigen Gütern hergestellt wird. Die hohen Ausgaben der Regierung für Sozialprogramme und viele Importe wurden maßgeblich durch die Ölexporte, die 95% der venezolanischen Exporteinnahmen ausmachten, gedeckt. So wurde die Volkswirtschaft in enormen Maß an Ölexporte gebunden und war seither darauf angewiesen, einen Großteil seiner Güter zu importieren. 

Diese wirtschaftlichen Gegebenheiten übernahm Nicolás Maduro, der im Jahr 2012 von Chavez persönlich zum Nachfolger ernannt wurde. Durch den rapiden Ölpreissturz um 2014 wurde ein wirtschaftlicher Abwärtstrend eingeleitet: Staatsverschuldung und  Arbeitslosigkeit stiegen. Der Import lebenswichtiger Güter ist durch die weggebrochenen Einnahmen durch Ölexporte seitdem stark eingeschränkt. Die Staatsschulden stiegen infolgedessen weiter an und der Bedarf an humanitärer Versorgung für die Bevölkerung nahm zu. 

Der politische Machtkampf in Venezuela spielt sich grundsätzlich zwischen der Regierung Maduros und der Opposition, maßgeblich angeführt von Juan Guaidó, ab. Ausgangspunkt für die letztjährigen Spannungen waren die Parlamentswahlen im Jahr 2015, bei denen die Oppositionellen die Mehrheit erhielten. Nach dem Sieg der Opposition beschnitten die regimetreue Exekutive und Judikative die Kompetenzen der Legislative systematisch, insbesondere durch die Einführung von politischen Parallel-Organen: Im Jahr 2016 ließ Maduro unter unfreien Bedingungen eine verfassungsgebende Versammlung wählen, die im August 2017 die legislativen Aufgaben übernahm. Dadurch, dass Regimekritiker*innen eingeschüchtert und teilweise inhaftiert werden, der Opposition der Zugang zu öffentlichen Medien verweigert wird und mehrere oppositionelle Kandidat*innen von der Regierung Maduros quasi kontrolliert werden, wird den von da an abgehaltenen Wahlen in Venezuela von mehreren Staaten abgesprochen, die internationalen demokratischen Mindeststandards für freie und faire Wahlen zu erfüllen. Seitdem gibt es zwei Parlamente, die sich gegenseitig nicht anerkennen. 2016 fand eine Quasi-Übernahme der Judikative seitens Maduros Regierung statt, indem oppositionelle Jurist*innen verhaftet wurden oder das Land verließen. Seitdem ist die oppositionelle Nationalversammlung handlungsunfähig, weil das Oberste Gericht alle Entscheidungen annulliert. Nachdem die Nationalversammlung Maduros Amtsantritt 2019 nicht anerkannt hatte, erklärte sie die Präsidentschaft des Landes als vakant und Maduro zum Usurpator. Mit dem Rückhalt der Nationalversammlung versetze sich Guaidó 2019 in die Lage des Interims-Präsidenten, der laut Verfassung die Regierungsgeschäfte bis zur Abhaltung von demokratischen Wahlen übernehmen solle. Hinter ihm steht ein großer Teil der Bevölkerung sowie der internationalen Gemeinschaft von rund 60 Staaten, namentlich die Staaten der EU, die USA sowie die sogenannte Lima-Gruppe. Innerhalb Venezuelas kam es zu Ausschreitungen und Demonstrationen unter der Bewegung Guaidós. Die Rechtsakte der Nationalversammlung mit dem Ziel einer demokratischen Transition blieben bisher wirkungslos.

Aktuelles

Durch die extreme Lebensmittelknappheit sind aktuell 80% der Bevölkerung von Nahrungsknappheit betroffen, knapp 12% leiden an Unterernährung. Die wenigen Landwirtschaftsprodukte, die in Venezuela selbst hergestellt werden, können nicht transportiert werden. Zudem verhindern Stromausfälle den Gebrauch von Wasserpumpen und verstärken somit den Wassermangel. Der Gesundheitssektor in Venezuela ist kollabiert, denn in den Krankenhäusern fehlt es an grundlegenden medizinischen Produkten, teilweise sogar an Leitungswasser. Die Mütter- und Kindersterblichkeit hat sich in den vergangenen Jahren signifikant erhöht. 

Die Covid-19-Pandemie hat die humanitäre Notlage weiter verschärft. Durch Arbeitsplatzverluste und zunehmende Armut können  sich noch weniger Menschen Lebensmittel und Hygieneartikel leisten. Mundschutze sind für den Großteil der venezolanischen Bevölkerung unerschwinglich. Zudem stehen in den Krankenhäusern immer weniger Kapazitäten zur Verfügung, die schon ohne Vorhandensein der Pandemie sehr begrenzt waren.

Zusätzlich zur humanitären Krise unterdrückt die Regierung derzeit weiterhin jegliche Form der kritischen Meinungsäußerung. Diese Einschränkung geht mit einer wachsenden politischen Verfolgung und Unterdrückung der Bevölkerung einher. Die Sicherheitskräfte sind für politisch motivierte Festnahmen von Zivilist*innen, Plünderungen und Lynchaktionen, Folter in Gefangenschaft sowie außergerichtliche Hinrichtungen verantwortlich. Aufgrund dieser Fälle exzessiver Gewaltanwendung werden der Regierung Maduros von Amnesty International Verbrechen gegen die Menschlichkeit angenommen. Seit der Wahl der Nationalversammlung im Dezember 2020 hat Staatschef Maduro das letzte von ihm bisher nicht kontrollierte politische Organ wieder unter Kontrolle. Weite Teile der internationalen Staatengemeinschaft und vor allem die Opposition unter Guaidó kritisieren die Wahl. Diese sei weder frei noch fair gewesen. Es wird vermutet, dass Maduro seine repressive Politik weiter ausweiten wird und sich diktatorische Strukturen verfestigen werden, wohingegen der politische Einfluss Guaidós immer mehr abnimmt.

Probleme und Lösungsansätze

Die humanitäre und politische Krise in Venezuela und die Folgen für die regionale Stabilität und den Frieden machen ein Handeln des UN-Sicherheitsrates unerlässlich. 

Es herrscht ein enormer Bedarf an zusätzlicher humanitärer Hilfe aus dem Ausland. Diese wurde jedoch immer wieder für politische Zwecke instrumentalisiert. Während Maduro oftmals Unterstützung aus dem Ausland ablehnte, forderte die Mehrheit der hinter Guaidó stehenden Staaten die Regierung auf, diese zuzulassen. Guaidó inszenierte sich indessen mit Hilfstransporten, auch um seinen politischen Handlungsspielraum zu vergrößern. Maduros Regierung interpretierte die ausländische Hilfe entsprechend zuletzt als Instrument zum Regimewechsel. In diesem Kontext lehnten es die Vereinten Nationen ab, sich an Hilfsaktionen zu beteiligen, die von Guaidó organisiert werden. Ein operatives Hindernis stellt insbesondere die landesweite Knappheit von Treibstoff dar, weswegen Güter von Hilfstransporten selten flächendeckend verteilt werden. Nicht unerheblich tragen dazu auch die von den USA verhängten Wirtschaftssanktionen bezüglich des Ölmarktes bei. In diesem Zusammenhang rief auch der UN-Generalsekretär dazu auf, auf Sanktionen zu verzichten, welche die Fähigkeit untergraben, effektiv auf die Auswirkungen der Pandemie zu reagieren. 

Es besteht zudem die Sorge um einen Bürgerkrieg. 2019 teilte Staatschef Maduro aufgrund des anhaltenden politischen Drucks unter anderem der USA mit, dass ein bewaffneter Konflikt innerhalb der Zivilbevölkerung nicht auszuschließen sei. Während der Demonstrationen im Zuge des Machtkampfes zwischen Guaidó und Maduro bewaffneten sich bereits einige Teile der Bevölkerung, viele Menschen starben. Sowohl die Spaltung der politischen Lager, auch verursacht durch dritte Staaten, als auch die zunehmende Versorgungsnot treiben immer mehr Menschen zu Protesten auf die Straße und erhöhen das Potential eines Bürgerkriegs. 

Die Krise in Venezuela fördert nicht nur Unruhen im Inneren, denn auch Nachbarländer sind von den Folgen der venezolanischen inneren Konflikte betroffen. Besonders trägt dazu die starke Emigration bei: Schätzungen zufolge werden sich Ende 2021 bis zu 6,5 Millionen Venezolaner*innen im Ausland befinden, vor allem in Nachbarländern wie Kolumbien, Peru, Ecuador oder Brasilien. Die Flüchtlingskrise stellt diese unter großen Druck, denn die Versorgung der neuen Bevölkerungsgruppen bereitet zunehmend logistische und soziale Probleme. Besonders angespannt ist die Lage in den Grenzregionen, beispielsweise an der Grenze zu Kolumbien, welches bisher knapp 1,8 Mio. venezolanische Flüchtlinge aufgenommen hat. Vermehrt kommt es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen und der Drogenhandel nimmt stark zu. Die Krise gefährdet indirekt den inneren Friedensprozess in Kolumbien, denn Vorwürfe belasten das bilaterale Verhältnis. Auch der Grenzkonflikt mit Guyana verschärft sich immer mehr. Die regionale Stabilität wird zudem durch weitere Faktoren gefährdet: harte Wirtschaftssanktionen der USA und das Landen russischer Truppen in Venezuela. Die unterschiedlichen geopolitischen und wirtschaftlichen Interessen spiegeln sich immer mehr im Konflikt ab. Es besteht die Gefahr für einseitiges militärisches Eingreifen, was den Frieden in Venezuela und seinen Nachbarländern gefährden würde; nicht zuletzt deshalb, weil die diplomatischen Beziehungen zu Russland und den USA vonseiten der Lateinamerikanischen Staaten sehr unterschiedlich sind. Es besteht die Sorge, dass so eine regionale Krisenlandschaft entsteht. Der UN-Sicherheitsrat, dessen zentrale Rolle die Wahrung des Friedens, sowohl international als auch regional, ist, sollte diskutieren, ob eine Bedrohung des Friedens vorliegt und wie eine potentielle, einseitige Militäroperation verhindert werden kann.

Der Sicherheitsrat sollte zudem darauf hinwirken, dass das Maduro-Regime humanitäre Hilfe durch neutrale Akteur*innen wie das Internationale Komitee vom Roten Kreuz zulässt. Von deren Politisierung sollte Abstand genommen werden. Hier sollten sich die Delegierten Gedanken um mögliche Mechanismen machen, die die Einfuhr solcher Hilfsgüter ermöglichen, sowohl in organisatorischer Hinsicht, bzgl. des Zusammenschlusses von Staaten und Hilfsorganisationen, als auch in operativer Hinsicht, was die flächendeckende Beförderung von Hilfsgütern an die Bevölkerung angeht. Ein besonderes Augenmerk sollte dabei auf die Auswirkungen der Covid-19 Pandemie gelegt werden. 

In operativer Hinsicht stellt die Versorgung an den Grenzen selber eine weitere Herausforderung dar. Aufnahmeeinrichtungen an den Grenzen in Brasilien und Kolumbien sind nicht mehr in der Lage, Unterkünfte und Dienstleistungen zur Deckung der Grundbedürfnisse bereitzustellen. Um eine Entspannung in den Grenzregionen zu erzeugen, sollten sich die Delegierten im Sicherheitsrat Gedanken machen, wie die Situation der vielen Geflüchteten verbessert und der hohe Migrationsdruck auf die Nachbarländer vermindert werden kann. Eine Lösungsmöglichkeit wäre, die Staatengemeinschaft dazu aufzurufen, durch ihre Beiträge die finanziellen Kapazitäten und Zuständigkeiten des hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) auszubauen: Die Hilfsmaßnahmen des UNHCR mussten aufgrund der Unterfinanzierung im Jahre 2020 in wichtigen Bereichen stark reduziert werden. Der UNHCR schätzt einen zusätzlichen Bedarf von 50 Mio. US-Dollar. 

Eine Lösungsmöglichkeit, um die destabilisierenden Spannungen zwischen den Nachbarländern abzubauen, wären sogenannte “Good Offices”, welche bereits vom Generalsekretär der Vereinten Nationen im Konflikt mit Guyana angeboten wurden. Dies geschah mit dem Ziel, innerhalb der Region einen friedlichen und konstruktiven Dialog- bzw. Versöhnungsprozess (Reconciliation Process) anzustoßen. 

Gleiches gilt für den inneren venezolanischen Machtkampf. Auch wenn Präsident Maduro seit Januar 2020 sowohl Exekutive, Judikative als auch Legislative quasi kontrolliert, kommt es immer wieder zu Ausschreitungen. Zwischen diesen gespaltenen Lagern bräuchte es ebenfalls einen Vermittlungsprozess. Bisher scheiterten alle von den Vereinten Nationen angeregten Gespräche jedoch.

Es stellt sich die Frage, in welchem Rahmen und unter Einbezug welcher politisch und gesellschaftlich relevanten Akteur*innen ein potenzieller Dialogprozess bzw. Versöhnungsprozess ablaufen soll. Beim sogenannten “Mechanismus von Montevideo” wurden beispielsweise im Zuge der Phasen des Dialogs, der Verhandlung, Verpflichtung und Implementierung Neuwahlen nicht als Voraussetzung für Gespräche gesehen, sondern lediglich als mögliches Ergebnis. Ziel der Gespräche, bei welchen laut den Vereinten Nationen vor allem die nationalen Akteur*innen im Mittelpunkt stehen sollten, sollte es jedoch sein, zu gewährleisten, dass rechtsstaatliche Strukturen an die Stelle von Unterdrückung und Menschenrechtsverletzungen treten. Die gegenseitige Vertrauensbildung und Ergebnisoffenheit gehören zu zentralen Aspekten, die der Sicherheitsrat bei der Ausgestaltung eines potentiellen Gesprächsrahmens beherzigen sollte, um die Parteien unter Vermeidung weiterer Spannungen zusammenzuführen. Der UN-Sicherheitsrat könnte den UN-Generalsekretär auch hier auffordern, seine Good Offices anzubieten. Alternativ könnte er einem nationalen Versöhnungs- bzw. Friedensprozess seine volle Unterstützung zusagen und die Staatengemeinschaft dazu auffordern, die Durchführung dieser Prozesse zu gewährleisten. Er könnte auch eine politische Mission, möglicherweise an der Mission in Liberia (UNMIL) orientiert, entsenden oder einen regionalen Friedensprozess unterstützen.

Hinsichtlich der systematischen Menschenrechtsverletzungen sowie der potentiellen Gefahr für den regionalen Frieden könnte sich der Sicherheitsrat auf das sogenannte Prinzip der Schutzverantwortung beziehungsweise die Responsibility to Protect berufen. Diese Möglichkeit besteht jedoch ausschließlich im Rahmen von Maßnahmen des Kapitels VII der Charta der Vereinten Nationen. Neben Sanktionen können hierzu durch den UN-Sicherheitsrat auch (militärische) Interventionen zum Schutz der Zivilbevölkerung mandatiert werden. Die Anwendung von solchen Interventionen ist jedoch umstritten und hat nicht selten das Potenzial, zu weiteren Spannungen zu führen. Hier kommt dem Sicherheitsrat die große Aufgabe zu, festzustellen, ob die inneren Konflikte in Venezuela eine Gefahr für die Sicherheit und den Frieden in der Region darstellen und ob hier Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorliegen. 

Bisher lagen dem Sicherheitsrat zwei Resolutionen vor, eingebracht von den USA (S/2019/186) beziehungsweise der Russischen Föderation (S/2019/190). Beide Entwürfe fanden keine Mehrheit. Ausschlaggebend dafür waren gegenseitige Schuldvorwürfe zwischen den USA und Russland, sowie die Frage nach der Lieferung von Hilfsgütern, welche die Russische Föderation als eigene Verantwortlichkeit Venezuelas ansah. Eine Möglichkeit, diese Spannungen auf internationaler Ebene abzubauen, stellt das Ausarbeiten einer Resolution dar, bei welcher sich die Mitgliedstaaten verpflichten, eine einseitige direkte Einflussnahme zu verhindern, von politischen Maximalzielen abzurücken und Entscheidungen im überregionalen Kontext zu treffen. 

 

Punkte zur Diskussion:

·         Wie können flächendeckend Hilfsgüter für die Bevölkerung ermöglicht werden? Welche Rolle spielt dabei die Infrastruktur in Venezuela? Durch welche Maßnahmen könnte in der Zusammenarbeit mit der Regierung Maduros eine Einfuhr gewährleistet werden?

·         Wie kann auch kurzfristig im Kampf gegen COVID-19 humanitäre Hilfe geleistet werden? Welche Rolle spielen die Nachbarstaaten? Wie könnte das Gesundheitssystem unterstützt werden?

·         Wie kann die Situation der Geflüchteten in den Grenzregionen verbessert werden? Welche Rolle spielt dabei der UNHCR?

·         Liegt eine Bedrohung für den internationalen Frieden vor? Wie kann die Stabilität innerhalb der Region gewährleistet werden?

·         Welche Mechanismen könnten für einen regionalen Dialog- bzw. Versöhnungsprozess sorgen? Wie wäre dieser ausgestaltet? Welche Rolle könnte eine politische UN-Mission spielen, die primär Good Offices anbietet? Wie können regionale Spannungen abgebaut werden?

·        

Wie kann der UN-Sicherheitsrat Vermittlungsprozesse innerhalb Venezuelas unterstützen? Welche Rolle könnten auch hier Good Offices oder politische Missionen spielen?

 

Lexikon

Friedensprozess in Kolumbien: In Kolumbien kam es von 1964 bis 2016 zu einem bewaffneten Konflikt zwischen Guerillagruppen, also Kampftruppen, und der Regierung. 2016 wurde ein Waffenstillstand zwischen der größten Guerillagruppe, der FARC, und der Regierung geschlossen. Es folgte ein Friedensprozess, der jedoch in sich nicht vollumfänglich stabil und nicht abgeschlossen ist, sodass sich die Situation in Venezuela negativ auf ihn auswirken könnte.

Good Offices: Diese “Good Offices” und Vermittlungsaufgaben des Generalsekretärs dienen der Verhütung und friedlichen Beilegung von Streitigkeiten zwischen zwei oder mehreren Staaten durch Beratung und Vermittlung seines Büros. Dabei haben sie beratenden Charakter und sind für die Streitparteien nicht bindend. Diese Dienste können durch den Generalsekretär selbst oder auf Ersuchen des Sicherheitsrates und der Generalversammlung in Gang gesetzt werden. 

Humanitäres Prinzip des Schutz des Menschen: Menschen, die durch Katastrophen oder Gewaltkonflikte in eine humanitäre Notlage geraten sind, die sie nicht aus eigener Kraft bewältigen können, haben ein Recht auf humanitäre Hilfe und Schutz. Ebenso steht allen Menschen das Recht zu, humanitäre Hilfe zu leisten und humanitären Schutz zu gewähren. Regierungen und Konfliktparteien dürfen die Hilfe nicht behindern.

Judikative: Die Judikative ist die richterliche Gewalt im Staat. Das Konzept gehört zur Idee der Gewaltenteilung, nach der ein Staat in Legislative (Gesetzgebende Gewalt), Exekutive (Ausführende Gewalt) und Judikative (Richterliche Gewalt) aufgeteilt ist.

Lima-Gruppe: Zu dieser gehören die Staaten Argentinien, Brasilien, Chile, Costa Rica, Guatemala, Guyana, Honduras, Kanada, Kolumbien, Mexiko, Panama, Paraguay, Peru und St. Lucia.

Lynchaktionen: Bei Lynchaktionen oder Lynchjustiz wird jemand einer Straftat bezichtigt und daraufhin ohne rechtskräftiges bzw. richterliches Urteil schwer misshandelt oder getötet. 

Rechtsakt: Sogenannte hoheitliche Rechtsakte des Parlaments sind beispielsweise das Erlassen von Gesetzen oder Verordnungen. 

Reconciliation process (Versöhnungsprozess): Darunter wird ein Prozess der Versöhnung in Gesellschaften, welche von gewaltsamen Konflikten geprägt wurden, verstanden. Dieser soll langfristig strukturelle Ungerechtigkeiten und Konfliktpotential hinsichtlich politischer, sozialer, rechtlicher und wirtschaftlicher Bereiche abbauen und darüber hinaus Einigkeit innerhalb einer Gesellschaft etablieren. 

Schutzverantwortung (Responsibility to Protect): Dieses Prinzip ermächtigt ein internationales Eingreifen, wo schwerste Menschenrechtsverletzungen, wie beispielsweise Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die Bevölkerung gefährden. Wenn ein Staat zum Schutz seiner Bevölkerung nicht fähig oder willens ist, oder gar selbst Massenverbrechen verübt, geht prinzipiell die Schutzverantwortung auf die internationale Gemeinschaft über. Sie ist dann in der Pflicht, angemessene diplomatische, humanitäre oder andere friedliche Mittel zum Schutz von Zivilisten zu ergreifen. Erst wenn derartige Maßnahmen aussichtslos erscheinen, darf und muss die internationale Gemeinschaft bereit sein, auch Zwangsmaßnahmen über ein Mandat des UN-Sicherheitsrats als “ultima ratio” zu ergreifen. 

Der UNHCR (Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen) ist ein persönliches Amt der Vereinten Nationen. Ihm untersteht das Hochkommissariat. Es ist mit dem Schutz von Flüchtlingen und Staatenlosen beauftragt und auch im Bereich der humanitären Hilfe tätig. Dieser unterstützt derzeit in Venezuela verstärkt Maßnahmen, um die Auswirkungen von COVID-19 auf die Bevölkerung zu mildern, bietet zusätzliche finanzielle Unterstützung, erhöht die Kapazität von Unterkünften und arbeitet mit Regierungen und Partnern an der Einbeziehung von Flüchtlingen und Migranten in soziale Schutzprogramme.

Usurpator: Person, die widerrechtlich die Gewalt in einem Staat an sich reißt.

Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind schwere Verbrechen gegenüber der Zivilbevölkerung während eines bewaffneten Konflikts, die eine gewisse Systematik aufweisen. Sie sind ebenso wie Kriegsverbrechen vor dem Internationalen Strafgerichtshof verfolgbar. Beispiele für Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind Mord, Vernichtung, Versklavung, Vertreibung, Inhaftierung, Folter, Vergewaltigung und Verfolgung.

Wichtige Dokumente

UN Human Rights / Office oft the high commissioner, UN-Menschenrechtsbericht über Venezuela, 04.06.2019, https://www.ohchr.org/EN/NewsEvents/Pages/DisplayNews.aspx?NewsID=24788 – detaillierter und realitätsnaher Bericht der Vereinten Nationen insbesondere im Bezug zu Menschenrechtsverletzungen und der humanitären Lage (Englisch).

United Nations, Presseerklärung des Sicherheitsrates, 20.05.2020, https://www.un.org/press/en/2020/sc14193.doc.htm - Sichtweisen der Mitglieder des Sicherheitsrates und Stand der Gespräche (Englisch).

Resolutionsentwurf, USA, Sicherheitsrat, 28.02.2019, https://www.securitycouncilreport.org/atf/cf/%7B65BFCF9B-6D27-4E9C-8CD3-CF6E4FF96FF9%7D/s_2019_186.pdf - (Englisch).

Resolutionsentwurf, Russische Föderation, Sicherheitsrat, 28.02.2019, https://www.securitycouncilreport.org/atf/cf/%7B65BFCF9B-6D27-4E9C-8CD3-CF6E4FF96FF9%7D/s_2019_190.pdf - (Englisch).

UN Documents for Venezuela, https://www.securitycouncilreport.org/un-documents/venezuela/ - Wichtige Dokumente, Briefe und Sitzungsprotokolle des Sicherheitsrats zur Situation in Venezuela. Veranschaulicht gut die Positionen der Mitgliedstaaten (Englisch).

Quellen und weiterführende Links

SWP-Aktuell, Claudia Zilla, Stationen für einen möglichen Ausweg aus der Krise, 14.03.2019, https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2019A14_zll.pdf - Erklärung der internationalen politischen Probleme und gute Veranschaulichung von Lösungsmöglichkeiten im Sinne der Vereinten Nationen (Deutsch).

International crisis group, https://www.crisisgroup.org/latin-america-caribbean/andes/venezuela - Berichte mit Strategien zur Konfliktlösung und Friedensbildung (Englisch).

Claudia Zilla, 01.10.2020 https://www.bpb.de/internationales/weltweit/innerstaatliche-konflikte/266687/venezuela#footnode4-4 – Bundeszentrale für Politische Bildung zur Krise in Venezuela, gute Zusammenfassung insbesondere Hintergründe und Historisches (Deutsch). 

Venezuelanalysis.com, https://venezuelanalysis.com/tag/united-nations - aktuelle Berichte über die diplomatischen Veränderungen und Sanktionen im Venezuela Konflikt (Englisch).

Human rights watch, https://www.hrw.org/americas/venezuela - diverse und aktuelle Berichte über Menschenrechtsverletzungen und die Einschränkung der Meinungsfreiheit (Englisch).

OCHA – Lagebericht, 31.12.2020, https://reliefweb.int/country/ven - Lagebericht und Kennzahlen der aktuellen Situation bedingt durch COVID-19 (Englisch).

Günther Maiholf, Kolumbiens Frieden und Venezuelas Krise, 02.2018, https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2018A13_ilm.pdf - gute Darstellung über den Einfluss der venezolanischen Krise auf die Region mit Schwerpunkt zu Kolumbien (Deutsch).

Lars Brozus / Christian Schaller, Über die Responsibility to Protect zum Regimewechsel, 06.2013, https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/studien/2013_S13_bzs_slr.pdf - Zusätzliche Informationen zum Umgang mit dem Prinzip der Schutzverantwortung (Deutsch).

Konrad-Adenauer-Stiftung e.V., https://www.kas.de/de/krise-in-venezuela - Zahlen und Fakten zur humanitären und wirtschaftlichen Krise in Venezuela (Deutsch).

International Association for Humanitarian Policy and Conflict Research, 2008, http://www.peacebuildinginitiative.org/indexf0e2.html?pageId=1975 - Erklärungen zu Versöhnungs- und Friedensprozessen (Englisch).

 

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