forum Bekämpfung illegaler Waffenvorkommen

Einführung in das Thema

Kursiv geschriebene Wörter werden am Ende des Textes im Lexikon erklärt.

1. Kurzzusammenfassung

Im Jahr 2017 ging die Europäische Union von ca. 35 Millionen illegalen Schusswaffen im Privatbesitz allein in der EU aus. In zwölf Ländern der EU gibt es sogar vermutlich mehr illegale als legale Waffen. Genaue Zahlen zur Verbreitung illegaler Waffen sind aber schwer zu erheben. Woher kommt diese hohe Anzahl illegaler Waffen? Ihr Ursprung liegt zum Großteil in legalen Waffenlieferungen. Legale Waffen werden abgezweigt durch Korruption, Verlust oder Diebstahl und kommen dadurch in unbefugte Hände; sie werden illegal.

Die internationale Gemeinschaft hat sich in diversen Gremien der Vereinten Nationen (UN) mit Maßnahmen zur Eindämmung von illegalen Waffenlieferungen auseinandergesetzt. Der Hauptausschuss 1 und sein übergeordnetes Organ, die Generalversammlung, werden dabei vom Büro für Abrüstungsfragen UNODA unterstützt. Bislang wurden einige nennenswerte Maßnahmen beschlossen. Neben den vier Resolutionen des Sicherheitsrates ist für die Unterzeichnerstaaten der “Vertrag über den Waffenhandel” (ATT) von 2014 rechtlich bindend. Weitere Maßnahmen zur Bekämpfung von illegalen Waffenlieferungen sind das “Aktionsprogramm zur Verhütung, Bekämpfung und Beseitigung des unerlaubten Handels mit Kleinwaffen und leichten Waffen” (PoA), das “Rückverfolgungsinstrument” (ITI) und das “Feuerwaffenprotokoll”. Im September 2023 gelang außerdem ein Durchbruch: Das globale Rahmenwerk zur Munition wurde beschlossen und schließt damit eine Lücke bei der Verminderung der Risiken von illegalem Waffenhandel.

Trotz der Bemühungen steht die internationale Gemeinschaft noch vor großen Herausforderungen. Vor allem bei der Kennzeichnung und Rückverfolgung von Waffen besteht Ausbaubedarf. Neue Technologien sowie der Krieg in der Ukraine stellen die Staaten zudem vor neue Schwierigkeiten.

2. Punkte zur Diskussion

  • Sind die bisherigen Verträge und Programme (v.a. ATT, PoA, ITI; weiter das Rahmenwerk zur Munition, Feuerwaffenprotokoll, ISACS) ausreichend, um den illegalen Waffenhandel einzudämmen? Wieso?
  • Wo besteht Verbesserungsbedarf und welche Probleme sind besonders drängend? (siehe 6.: Kennzeichnung, Lagerhaussicherheit, Transparenz, Datenbanken, Umsetzung, Unterstützung, neue Probleme)
  • Welche Maßnahmen können als Ergänzung herangezogen werden?
  • Sind nationale, regionale oder internationale Maßnahmen sinnvoll? Gibt es Konfliktpunkte zwischen nationalen Interessen und internationalen Übereinkommen?

3. Einleitung

Wenn man von illegalen Waffenlieferungen spricht, ist in der Regel die Rede von Kleinwaffen und leichten Waffen (SALW - Small arms and light weapons). Im Vergleich zu großen Waffen oder Massenvernichtungswaffen wurden sie bei den Vereinten Nationen erst ab 1999 behandelt, also vergleichsweise spät.

Illegale Waffen stellen die wichtigsten Werkzeuge in Konflikten dar, wie in Kriegen, Bürgerkriegen, oder als Mittel für die organisierte Kriminalität. Viele der sich heute im Umlauf befindenden illegalen SALW stammen aus Vorratslagern aus vergangenen Konflikten, vor allem aus der Zeit des Kalten Krieges oder dem Krieg im ehemaligen Jugoslawien. Genaue Zahlen des illegalen Waffenhandels sind nicht bestimmbar. Eine Schätzung für die Europäische Union ging 2017 von ca. 35 Millionen illegalen Schusswaffen im Privatbesitz aus.

4. Hintergrund und Grundsätzliches

Der Großteil der Klein- und Leichtwaffen ist in Privatbesitz, und die meisten illegalen SALW stammen ursprünglich aus dem legalen Besitz und wurden von dort abgezweigt. Dies geschieht durch Korruption, Verlust oder Diebstahl. SALW können zu jedem Zeitpunkt ihres Lebenszyklus von der Legalität in die Illegalität wandern, sei es bei der Herstellung, bei der Überführung, bei der Lagerung oder bei der Entsorgung. Die UN sehen im illegalen Waffenhandel eine Gefahr für den Frieden. Die ,,Agenda 2030 für Nachhaltige Entwicklung” behandelt das Thema deshalb im Rahmen des nachhaltigen Entwicklungsziels SDG 16 (SDGs, Sustainable Development Goals), welches Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen zum Ziel hat.

Für die Verbreitung von illegalen SALW spielen regionale Märkte in Konfliktgebieten eine wichtigere Rolle als die globalen Schwarzmärkte. Illegale Waffen werden unter anderem in Konflikten in afrikanischen Ländern wie in Libyen, im Südsudan, im Sudan, aber auch auf anderen Kontinenten wie zum Beispiel in der Ukraine eingesetzt.

Dort gefährden illegale Waffen den Frieden, weil sie zur Verlängerung von Konflikten führen oder in die Hände von Terrorist*innen oder der organisierten Kriminalität fallen und von ihnen genutzt werden. Sie können auch zur Verletzung von Menschenrechten eingesetzt werden. Illegale Waffen gefährden weiterhin die Sicherheit von UN-Friedenssicherungsmissionen, wie etwa von MINUSMA in Mali. Die Auswirkungen von illegalen Waffenlieferungen beschränken sich dabei nicht nur auf das Land, in dem die Waffen genutzt werden. Sie destabilisieren auch andere Länder und ganze Regionen, z.B. indem Waffen von einem Postkonfliktland in ein Nachbarland gelangen.

Das hat wiederum Rückwirkungen auf globale Herausforderungen wie Migration, auf die Gesundheit (z.B. bei Opfern und Überlebenden von Waffengewalt), auf die Handelspolitik oder auf die humanitäre Sicherheit. Illegale Waffen stellen eine Gefahr für die Zivilbevölkerung dar. Kinder und Frauen sind dabei überdurchschnittlich stark von den negativen Auswirkungen von illegalen Waffenlieferungen betroffen, etwa durch Angriffe auf Schulen oder die Förderung von häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt.

Ein indirektes, mit den Waffen zusammenhängendes Problem ist der Umgang mit Munition - denn jede Schusswaffe benötigt Munition, um funktionsfähig zu sein. Explosionen in Munitionslagern führen jährlich durchschnittlich zu 718 Toten. Das Thema fand lange Zeit in der Diskussion um illegale Waffenlieferungen wenig Beachtung, obwohl beide Probleme eng zusammenhängen.

Neben der UN setzen sich auch Nichtregierungsorganisationen (NGOs) wie Amnesty International für eine strengere Umsetzung von Verträgen zur Eindämmung illegalen Waffenhandels ein. Rüstungsunternehmen drohten in der Vergangenheit bereits Anklagen aufgrund von illegalen Waffenlieferungen in Konfliktgebiete wie nach Mexiko.

5. Aktuelles

Die UN beschäftigen sich in unterschiedlichen Gremien mit der Eindämmung von illegalen Waffenlieferungen.

Seit dem Jahr 2000 verabschiedet die Generalversammlung (GV) jährlich zwei Resolutionen zum illegalen Waffenhandel. Die Resolution “Der illegale Handel von Klein- und Leichtwaffen in allen Aspekten” und die Resolution “Unterstützung von Staaten zur Eindämmung von unerlaubtem Handel mit Klein- und Leichtwaffen” werden seit 2005 beide jährlich von der GV verabschiedet.

Der Hauptausschuss 1 (HA1), beschäftigt sich auch mit illegalen Waffenlieferungen. Der HA1 und die GV werden unterstützt vom Büro der VN für Abrüstungsfragen UNODA (United Nations Office for Disarmament Affairs). Es gehört zum Sekretariat der VN.

Unterstützt werden sowohl die Generalversammlung als auch der Sicherheitsrat vom Generalsekretär der VN. Er veröffentlicht regelmäßig Berichte mit Bemerkungen und Empfehlungen. Die Berichte des GS an den SR wurden in der Resolution 2117 bekräftigt und erfolgen alle zwei Jahre. Der letzte Bericht wurde 2021 veröffentlicht.

Weitere Organe, welche sich bei den VN mit dem illegalen Waffenhandel beschäftigen, sind der Sicherheitsrat und der Menschenrechtsrat. Der Sicherheitsrat (SR) als Hauptorgan der VN für internationalen Frieden und Sicherheit beschäftigte sich 1999 erstmals ausführlich mit dem Thema. Zwischen 2013 und 2021 hat er fünf rechtlich bindende Resolutionen zur Eindämmung des illegalen Waffenhandels verabschiedet. Der Menschenrechtsrat als weiteres Nebenorgan der GV beschäftigte sich mit den Auswirkungen von illegalem Waffenhandel auf die Menschenrechte.

Koordiniert werden alle Organe beim Thema Waffenhandel vom Koordinationsmechanismus UN CASA (Coordinating Action on Small Arms).

Die Institutionen der VN haben verschiedene Verträge zur Eindämmung von illegalem Waffenhandel beschlossen. Die wichtigsten internationalen Verträge im Bereich der Rüstungskontrolle sind folgende: Der Vertrag über den Waffenhandel (ATT - Arms Trade Treaty) trat 2014 in Kraft. Der ATT ist das erste multilaterale Instrument, welches rechtlich bindend die Weiterverteilung von illegalen Waffen eindämmt. Er enthält ein Verbot zur Weitergabe von Waffen z.B. bei Waffenembargos, oder wenn das Risiko von Kriegsverbrechen oder Ähnlichem besteht. Der Vertrag verpflichtet die Unterzeichnerstaaten außerdem zur Risikobewertung vor der Ausfuhr oder Umleitung von Waffen und zum Informationsaustausch zwischen ein- und ausführenden Staaten. Regelmäßig findet eine Konferenz statt, auf der die Unterzeichnerstaaten über Fortschritte und Probleme berichten (CSP - Conference of the State Parties to the ATT).

Der zweite Vertrag ist das sogenannte “Aktionsprogramm der Vereinten Nationen zur Verhütung, Bekämpfung und Beseitigung des unerlaubten Handels mit Kleinwaffen und leichten Waffen unter allen Aspekten” (PoA - Programme of Action to Prevent, Combat and Eradicate the Illicit Trade in Small Arms and Light Weapons). Es wurde 2001 verabschiedet und trat 2011 in Kraft. Alle VN-Mitglieder haben den Vertrag zum PoA angenommen und sich damit verpflichtet, nationale Maßnahmen zur Eindämmung von illegalen SALW zu ergreifen. Allerdings ist der Vertrag zwar politisch verbindlich, aber nicht rechtlich bindend (im Gegensatz zur ATT!). Das bedeutet, das PoA ist eine Art politisches Zielprogramm. Seine Umsetzung kann nicht eingeklagt werden, und es gibt keine Strafe bei Nichteinhaltung. Das PoA umfasst alle Lebensphasen von Klein- und Leichtwaffen. Es beschreibt Maßnahmen zur Überwachung, Kennzeichnung, Rückverfolgung, Dokumentation, der Kontrolle von Ein- und Ausfuhren, der Verwaltung von Beständen, und der Entsorgung. Außerdem sollen der internationale Informationsaustausch und die Transparenz erhöht werden, und die Staaten sollen einander technisch und finanziell unterstützen. Alle zwei Jahre treffen sich die Unterzeichnerstaaten (beim BSM3 bis BSM8 - Biennial Meeting of States on the Programme of Action on Small Arms and Light Weapons). Alle sechs Jahre finden Konferenzen zur Evaluation statt, die nächste im Jahr 2024 (sogenannte Review Conferences). Der ATT (1.) und das PoA (2.) werden finanziell von UNSCAR unterstützt, um die Zusammenarbeit in der Waffenkontrolle voranzubringen (Treuhand-Fazilität der VN zur Förderung der Zusammenarbeit in der Waffenkontrolle; Englisch: UN Trust Facility Supporting Cooperation on Arms Regulation). Aktuell wird der Fond finanziert von Australien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Irland, den Niederlanden, Schweden, der Schweiz, Spanien, und dem Vereinigten Königreich. Zudem können ausgewählte Staaten finanzielle Unterstützung über das Projekt SALIENT einholen (SAving LIves ENTity).

Das dritte wichtige Instrument zur Eindämmung des illegalen Waffenhandels ist das sogenannte Rückverfolgungsinstrument (ITI - International Tracing Instrument), welches 2005 in Kraft trat. Das ITI dient der Identifikation und Rückverfolgung von SALW, um illegale SALW auf lange Sicht auszulöschen (Kennzeichnung, Registrierung, Dokumentation, Rückverfolgung). Wie das PoA ist es zwar politisch verbindlich, aber rechtlich nicht bindend. Es ist das einzige Instrument der VN, welches SALW klar definiert. Unterzeichnerstaaten vom ITI (3.) und dem PoA (2.) können freiwillig nationale Berichte zur Umsetzung abgeben, und sie treffen sich alle zwei Jahre für Sitzungen.

Neben diesen drei Verträgen wurde 2005 das Feuerwaffenprotokoll unterzeichnet. Es dient der Bekämpfung von organisierter Kriminalität. Es ist rechtsverbindlich und verbietet die unerlaubte Herstellung, Verbreitung und den Handel von Feuerwaffen. Wichtige Waffenproduzenten wie Frankreich, Russland, die USA und China haben das Protokoll allerdings nicht unterzeichnet oder ratifiziert. Alle bislang genannten Verträge (1.-4.) finden in MOSAIC (MOdular Small-Arms-control Implementation Compendium) konkrete Umsetzungsvorschläge, an denen sich die Staaten orientieren können.

Beim Thema Munition gelang im Juni 2023 ein Durchbruch. Es wurde ein Entwurf für ein neues globales Rahmenwerk zur Munition beschlossen (The Global Framework for Through-life Conventional Ammunition Management). Der Entwurf des Rahmenwerks wurde von der offenen Arbeitsgruppe zum Thema Munition erarbeitet, die von der GV eingerichtet wurde (OEWG, Open-ended working group on Ammunition). Das Rahmenwerk soll die Risiken von Munition senken und wichtige Lücke im internationalen Regelwerk schließen. Das Rahmenwerk muss noch von der GV angenommen werden; es wurde bislang auf der diesjährigen Sitzung der Generalversammlung noch nicht behandelt (Stand zum Zeitpunkt des Verfassens des Textes). Zuvor existierte nur ein freiwilliges Projekt zu internationalen technischen Richtlinien für Munition von 2011 (IATGs - International Ammunition Technical Guidelines).

Ein weiteres freiwilliges Projekt zur Eindämmung des illegalen Waffenhandels sind die 2012 beschlossenen Standards zur Kontrolle von Kleinwaffen (ISACS - International Small Arms Control Standards).

6. Probleme und Lösungsansätze

Bei den bisher getroffenen Maßnahmen identifizierten der Generalsekretär der VN (seit 2016 António Guterres, zuvor Ban Ki-Moon), die Unterzeichnerstaaten des PoA auf den Konferenzen, und die Europäische Union als Partner des PoA folgende Probleme: Es gibt eine unzureichende Kennzeichnung von SALW durch Exportländer:

Das Ergebnis der vergangenen Konferenzen und der Konferenz von 2018 zum PoA war, dass vor allem Probleme bei der Kennzeichnung und Dokumentation von Klein- und Leichtwaffen und bei einer fehlenden Kontrolle bei der Waffenweitergabe bestehen. Es gibt oft keine individuelle Nachverfolgbarkeit von SALW, d.h. es ist keine individuelle Nummer markiert. Zudem gibt es Probleme bei der Dokumentation, z.B. aufgrund unterschiedlicher Regeln zur Dokumentation zwischen dem ATT, dem PoA und ITI.

Die Infrastruktur in Importländern ist häufig schlecht, was u.a. zu einer nicht gewährleisteten Sicherheit von Lagerhäusern führt.

Es gibt kaum Lösungen zum Umgang mit überflüssigen Waffen: Nachdem bewaffnete Konflikte beendet sind, bleiben die beteiligten Akteure oft auf einem großen Lager an Waffen sitzen. Es gibt keine Regelungen zum Umgang mit den übrigen Waffen. Das macht es leichter, die Waffen zu entwenden.

Die Kooperation wird erschwert durch mangelnde Transparenz und unterschiedliche Datenbanken: Zahlen zur tatsächlichen Verbreitung von illegalen SALW sind nicht transparent, weil Waffen unterschiedlich kategorisiert werden, und weil Daten von Staaten stammen und nicht direkt überprüfbar sind. Das trifft auch auf die Datenbank der VN zu, das Register der Vereinten Nationen für konventionelle Waffen UNROCA (UN Register of Conventional Arms). Die nationalen Berichte im Rahmen der PoA sind ebenfalls unregelmäßig und nicht detailliert.

Maßnahmen des ATT werden in vielen Ländern gar nicht oder nicht ausreichend umgesetzt. Darüber hinaus ist die ATT noch immer nicht von wichtigen Waffenexportnationen wie den USA oder Russland ratifiziert.

Es gibt nicht genügend Unterstützungsmaßnahmen: Es gibt mehr Länder, welche Hilfe bei der Umsetzung der Maßnahmen des PoA beantragen als Länder, welche Hilfe anbieten.

Hinzu kommen neue Probleme:

Es entstehen immer neue Möglichkeiten zur Waffenherstellung, wie etwa von Waffenteilen mittels 3D-Druck, oder dem Umbau von legalen Waffen in sogenannte “scharfe” Waffen mit Munition durch Anleitungen im Internet. Der Krieg in der Ukraine regt die legale Waffenproduktion an und erleichtert dadurch die Verfügbarkeit von SALW und die Möglichkeiten zum Abzweigen für illegale Zwecke. Nach Ende des Krieges wird außerdem der Umgang mit den überflüssigen Waffen eine Herausforderung für die Weltgemeinschaft werden.

Lösungsansätze zur Verbesserung der bisherigen Maßnahmen werden im Rahmen der bestehenden Aktionsprogramme und Verträge kontinuierlich erarbeitet, wie im zweijährigen Bericht zur PoA und den Berichten des GS an die GV und den SR.

Das Institut der Vereinten Nationen für Abrüstungsforschung UNIDIR (United Nations Institute for Disarmament Research) betont, dass die Kennzeichnung, Überwachung und Rückverfolgung von legalen Waffen der Kern ist, um eine Abzweigung als illegale SALW einzudämmen. Lösungsansätze in diesem Bereich umfassen z.B. eine einheitliche und individuelle Markierung von Waffen; die Suche nach technischen Möglichkeiten, um Kennzeichnungen vor dem Entfernen oder Verschwinden zu sichern bzw. wiederherzustellen; oder die Einrichtung von regionalen und subregionalen Datenbanken. Zudem wird betont, dass regionale Kontexte beachtet werden müssen und regionale Zusammenschlüsse und Vorstöße werden begrüßt.

UNIDIR veröffentlichte 2022 eine Studie, in der sie einen Rahmen für die Vertragsstaaten des ATT anbieten, um nationale Maßnahmen zu evaluieren und auszubauen. Sie zeigen darin Maßnahmen zur Prävention auf, wie z.B. den Ausbau von Personal, welches die Standards durchsetzt, oder die Förderung von Sicherheitsmaßnahmen beim Transport von Waffen.

Die Grundvoraussetzung für erfolgreiche Maßnahmen zur Eindämmung illegaler Waffenlieferungen an nichtstaatliche Akteure ist aber natürlich der Wille der beteiligten Staaten zum Angehen der Herausforderungen und Probleme.

7. Hinweise zur Recherche

Zum Definieren der Position des eigenen Landes kann es hilfreich sein, sich folgende Fragen zu stellen:

  • Hat das von Ihnen vertretene Land die unter 5. genannten Verträge unterschrieben?
  • Fördert Ihr Land Maßnahmen zur Eindämmung des illegalen Waffenhandels finanziell oder ist es auf Hilfe angewiesen?
  • Engagiert sich Ihr Land darüber hinaus in den geschlossenen Verträgen?
  • Wie transparent sind die Waffenlieferungen aus/ nach Land X?
  • Hat Ihr Land die UN-Resolutionen mitgetragen? Falls nicht, gibt es offizielle Stellungnahmen dazu (auf Regierungsseiten oder in Pressemitteilungen)?
  • Wie stark ist Ihr Land von illegalem Waffenhandel betroffen?
  • Beherbergt Ihr Land Terrororganisationen oder Gruppen der organisierten Kriminalität, welche Vorteile aus illegalen Waffenlieferungen ziehen?
  • Hat die Regierung Ihres Landes eventuell Vorteile von illegalen Waffenlieferungen, weil sie von Gruppen, welche die Waffen erhalten, unterstützt werden?
  • Hat Ihr Land eine starke Waffenlobby, welche von lockeren Regelungen profitiert?

Diese Fragen können Ihnen bei der Recherche helfen, die Position Ihres Landes Stück für Stück aufzubauen. Zur Beantwortung empfehlen sich die Quellen, welche bei den Quellen aufgelistet sind (“Zum Entwerfen der Position ihres Landes”). Die SmallArmsSurvey veröffentlicht detaillierte Berichte über die Situation in einzelnen Regionen oder Ländern, die für Details einen guten Anhaltspunkt bieten (selbe Stelle in den Quellen). Für Lösungsansätze kann es als Einstieg sinnvoll sein, sich an Empfehlungen des Generalsekretärs oder der EU zu orientieren. UNODA ist eine weitere wichtige Quelle. (Siehe unter bei den Quellen: “Kritische Betrachtungen und Lösungsansätze” und “Verträge, Berichte und Resolutionen”)

 

Lexikon

Embargo: Staatliches Verbot, mit einem bestimmten anderen Staat Handel zu treiben

Exportland: Land, aus dem Güter (hier: SALW) ausgeführt werden

Humanitär: auf menschliche Not bezogen

Illegal (Illegalität): gesetzwidrig

Importland: Land, das Güter (hier: SALW) einführt

Jugoslawien: Ein von 1918 bis 2003 bestehender Staat in Mittel- und Südosteuropa (heutige Staaten: Slowenien, Kroatien, Bosnien und Herzegowina, Serbien, Montenegro, Mazedonien)

Kalter Krieg: Schwerer Konflikt zwischen feindlichen Staaten, die verschiedenen Machtblöcken angehören, und der ohne Waffengewalt ausgetragen wird; konkret: der Kalte Krieg von 1945 bis 1991 war ein Konflikt zwischen Westmächten unter Führung der USA und dem sog. Ostblock unter Führung der damaligen Sowjetunion

Kleinwaffen: Waffen für den individuellen Gebrauch, u.a. Pistolen, Revolver, Gewehre, Maschinenpistolen, Handgranaten, Minen

Korruption: Bestechung, Bestechlichkeit; missbräuchliche Nutzung eines öffentlichen Amtes zum privaten Vorteil oder zugunsten Dritte

Legal (Legalität): erlaubt, rechtmäßig

Leichte Waffen: Waffen, zu deren Bedienung mehrere Personen notwendig sind, u.a. Mörser, tragbare Raketenwerfer, schwere Maschinengewehre

Munition: Material zum Schießen für Gewehre, Kanonen usw.

Multilateral: Mehr als zwei Vertragsstaaten betreffend

Post-(Postkonfliktland): Zeitlich später liegend; hier konkret: die Situation in einem Land nach Ende eines Konflikts

Ratifizieren (Ratifikation): Völkerrechtlich bindende Unterzeichnung eines internationalen Vertrages durch das Oberhaupt eines Staates, nachdem die jeweils zuständige gesetzgebende Gewalt zugestimmt hat

Resolution: Schriftliche, auf einem entsprechenden Beschluss beruhende Erklärung einer politischen Versammlung, z.B. bei den Vereinten Nationen

Schwarzmarkt: Ort, an dem Handel mit illegalen Waren betrieben wird

Zivilbevölkerung: Nicht den Streitkräften angehörender Teil der Bevölkerung

Massenvernichtungswaffen: bezeichnet eine Kategorie bestimmter Waffen, die als besonders zerstörerisch angesehen werden und gravierende Auswirkungen auf Leben, Gegenstände und Umwelt haben. Dazu zählen heute chemische, biologische, radiologische und nukleare Waffen (daher die gebräuchliche Abkürzung CBRN-Waffen), mit denen der Gegner militärisch behindert oder ausgeschaltet werden soll. .

Quellen und weiterführende Links

Als Einstieg:

Zusammenfassung über Institutionen, Verträge und Resolutionen (s. oben bei „5. Aktuelles”): UNODA, Small Arms and Light Weapons. https://disarmament.unoda.org/convarms/salw/ (Englisch)

Lohnenswerter und umfangreicher Bericht der EU zu SALW (bis S. 21): EP 2015. Illegale Kleinwaffen und leichte Waffen. Vorgehen auf internationaler und EU-Ebene. https://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/IDAN/2015/565869/EPRS_IDA(2015)565869_DE.pdf (Deutsch)

Zum Entwerfen der Position Ihres Landes:

ATT-Vertragsstatus nach Land: ATT o.J.b. Treaty Status. https://thearmstradetreaty.org/treaty-status.html?templateId=209883 (Englisch)

Small Arms Survey, https://www.smallarmssurvey.org/, besonders die Databases geben einen guten Überblick (Englisch)

Nationale Berichte der PoA; Forderungen/ gewährleistete Hilfe von Staaten im Rahmen der PoA: UNODA o.J.c. PoA. https://smallarms.un-arm.org/ [Reiter “International assistance”, “SDGs”, “National reports” “Country profiles”] (Englisch)

Statistik zur Anzahl an illegalen aufgedeckten Waffen nach Land vom VN-Büro für Drogen und Kriminalität UNODC (United Nations Office on Drugs and Crime): UNODC o.J. Comprehensive statistics of illicit firearms trafficking now publicly available on UNODC data portal. https://www.unodc.org/unodc/en/frontpage/2019/October/comprehensive-statistics-of-illicit-firearms-trafficking-now-publicly-available-on-the-unodc-data-portal.html -> Verweis auf https://dataunodc.un.org/dp-firearms-tracing-outcome (Unter “Tracing Outcome”) ist sichtbar, ob die Rückverfolgung erfolgreich war (Englisch)

OHCHR 2021. Human rights and the regulation of civilian acquisition, possession and use of firearms. https://www.ohchr.org/en/calls-for-input/human-rights-and-regulation-civilian-acquisition-possession-and-use-firearms (Englisch)

Dierks, Benjamin 2022. Sicherheitsrisiko - Wie Europa mit der wachsenden Bedrohung durch illegale Waffen umgeht. https://www.deutschlandfunk.de/illegale-waffen-100.html (Deutsch)

Kritische Betrachtungen und Lösungsansätze: Studie zur Evaluation des ATT - übersichtliche Darstellung in Tabellen, welche Vorsorgemaßnahmen zu verschiedenen Zeitpunkten des Handels mit Waffen auf nationaler, bilateraler und multilateraler Ebene getroffen werden können. Wood, Brian. 2022. The Arms Trade Treaty. Assessing its impact on countering diversion. https://unidir.org/sites/default/files/2022-08/UNIDIR_The_Arms_Trade_Treaty_Assessing_its_Impact_on_Countering_Diversion.pdf (Englisch)

Ursachen und Auswirkungen des illegalen Waffenhandels inkl. Handlungsempfehlungen: Mercado 2018. Arms Trafficking and Organized Crime. Global trade, local impacts. https://globalinitiative.net/wp-content/uploads/2022/08/GI-TOC-policy-brief_Arms-trafficking-web-1.pdf (Englisch)

Verträge, Berichte und Resolutionen:

ATT: ATT o.J.a. https://thearmstradetreaty.org/ (Englisch)

PoA: UNODA Programme of Action on small arms and its International Tracing Instrument. https://disarmament.unoda.org/convarms/salw/programme-of-action/ (Englisch)

UNODA o.J.d. Programme of Action. The United Nations Programme of Action on Small Arms and Light Weapons. https://www.unrcpd.org/conventional-weapons/poa/ (Englisch)

UNODA o.J.f. Modular Small-arms-control Implementation Compendium (MOSAIC). https://disarmament.unoda.org/convarms/mosaic. (Englisch)

UNODA o.J.b. About us. https://disarmament.unoda.org/about/ (Englisch)

ITI: UNIDIR 2018. The International Tracing Instrument: Examining options to support operationalization. https://unidir.org/sites/default/files/publication/pdfs//the-international-tracing-instrument-examining-options-to-support-operationalization-en-712.pdf (Englisch)

Berichte des GS an den SR, inkl. neuster Bericht von 2021: SecurityCouncilReport o.J. UN Documents for Small Arms: Secretary-General's Reports. https://www.securitycouncilreport.org/un_documents_type/secretary-generals-reports/?ctype=Small%20Arms&cbtype=small-arms (Englisch)

-, A/RES/77/80, 2022, https://digitallibrary.un.org/record/3998242?ln=en, “Assistance to States for curbing the illicit traffic in small arms and light weapons and collecting them”

-, A/RES/77/71, 2022, https://digitallibrary.un.org/record/3998132?ln=en, "The illicit trade in small arms and light weapons in all its aspects"

VN-SR Resolution 2616 (2021). https://digitallibrary.un.org/record/3952180?ln=en (Englisch)

Englischer Überblick, ähnlich zum EU-Bericht, detaillierter und mit Fokus auf verschiedene Waffeneigenschaften: Parker, Sarah/ Wilson, Marcus 2016. Handbook - A Guide to the UN Small Arms Process. 2016 Update. https://www.smallarmssurvey.org/sites/default/files/resources/UNSAP%20TEXT%20WEB.pdf (Englisch)

Zum Thema Munition:

Auswärtiges Amt 2023. Durchbruch in der internationalen Rüstungskontrolle: Neues Globales Rahmenwerk zu Munition. https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/sicherheitspolitik/abruestung-ruestungskontrolle/-/2609128 (Deutsch)

UNODA o.J.g. Ammunition. https://disarmament.unoda.org/convarms/ammunition/ (Englisch)

SmallArmsSurvey 2021. Quick facts on unplanned explosions at munitions sites (UEMS). https://smallarmssurvey.org/sites/default/files/UEMS-Infographic-Dec-2021-13_Jan_2022_update.pdf (Englisch)

Friedensmission MINUSMA: Anders, Nils Holger 2023. Peacekeeping in hostile environments: The impact of illicit arms on MINUSMA. https://unidir.org/sites/default/files/2023-08/UNIDIR_Peacekeeping_Hostile_Environments_Impact_Illicit_Arms_MINUSMA.pdf (Englisch)

UNROCA: Transparency in the global reported arms trade. https://www.unroca.org/about (Englisch)

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