forum Rolle der Kernenergie für die Umsetzung von SDG 7

Einführung in das Thema

Kursiv geschriebene Wörter werden am Ende des Textes im Lexikon erklärt.

1. Kurzzusammenfassung

Die Vereinten Nationen haben sich 2015 zum Ziel gesetzt, dass 2030 alle Menschen auf der Welt Zugang zu bezahlbarer, zuverlässiger, moderner und vor allem nachhaltiger Energie haben sollen. Weltweit sind jedoch 675 Millionen Menschen noch nicht damit versorgt. Da fossile Energiequellen wie Kohle und Öl hauptverantwortlich für den Klimawandel sind, werden alternative nachhaltige Energien dringend benötigt. Kernkraft könnte eine Brückentechnologie auf dem Weg zu erneuerbaren Energien sein, bringt jedoch auch Probleme wie das Risiko von Atomunfällen und die Frage nach der Endlagerung von Atommüll mit sich.

Im Jahr 2021 hat Atomkraft gerade einmal 9,8% des globalen Strommixes ausgemacht, was sich auf rückläufige Investitionen in neue Kernkraftwerke in den letzten 30 Jahren zurückführen lässt. Um die schlimmsten Folgen des Klimawandels zu verhindern, müssten laut der UN die CO2-Emissionen im Energiesektor bis 2030 jedoch halbiert werden. Kämen neue Investitionen in Atomkraft in Hinblick auf lange Planungs- und Bauzeiten neuer Kernkraftwerke also bereits zu spät? Forschung in neue Technologien rund um Atomkraft macht Hoffnung auf ihr zukünftiges Potenzial. Dafür sind jedoch enorme finanzielle Investitionen nötig, was eine internationale Zusammenarbeit im Energiesektor unabdingbar macht.

2. Punkte zur Diskussion

  • Inwiefern kann Kernkraft zusätzlich zu erneuerbaren Energien eine vertretbare “nachhaltige” Alternative zur fossilen Energieerzeugung wie Kohlekraft darstellen?
  • Inwiefern kann Atomkraft im Rahmen der Umsetzung von SDG 7 dazu beitragen, die Anzahl an Menschen, die weltweit bisher keinen Zugang zu Elektrizität und sauberer Energie haben, deutlich zu verringern, gleichzeitig aber auch die Pariser Klimaziele zu erreichen?
  • Sollte im Vergleich zu den letzten 30 Jahren wieder mehr in den Ausbau von Kernenergie investiert werden? Welche Priorität sollte Kernkraft verglichen mit erneuerbarer Energie haben?
  • Inwiefern sollte ein Austausch technologischen Wissens stattfinden, um Staaten beim Bau neuer Atomkraftwerke zu unterstützen? Sollte die Anzahl atomkraftnutzender Staaten überhaupt steigen?
  • Welches Potenzial bieten neue Technologien für den weltweiten Energiesektor?

3. Einleitung

2021 hatten weltweit 675 Millionen Menschen keinen Zugang zu Elektrizität, davon 567 Millionen in Subsahara-Afrika. Außerdem waren drei Milliarden Menschen auf (Holz-)Kohle oder tierische Abfälle zum Kochen angewiesen. An der daraus entstehenden Luftverschmutzung sterben jährlich 4,3 Millionen Menschen, die meisten darunter Frauen und Kinder.

Damit erscheint ein Erreichen der 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs), die die Vereinten Nationen (UN) 2015 beschlossen haben, bis 2030 kaum noch möglich. Gerade Ziel 7, laut dem bis 2030 alle Menschen Zugang zu bezahlbarer, zuverlässiger, nachhaltiger und moderner Energie haben sollen, ist für den weltweiten Fortschritt jedoch unfassbar wichtig. Energie ist die Grundlage für Transport und Industrieproduktionen aller Art und ohne sie ist eine Umsetzung anderer Nachhaltigkeitsziele wie “hochwertige Bildung” (SDG 4) und “Keine Armut” (SDG 1) undenkbar. Gleichzeitig lassen sich ¾ der weltweiten Treibhausgase auf den Energiesektor zurückführen. Kann Kernenergie, die häufig als Alternative zu umweltschädlicher Kohlekraft bezeichnet wird, zur Umsetzung von SDG 7 beitragen?

4. Hintergrund und Grundsätzliches

Um einen Beitrag zur Umsetzung der Pariser Klimaziele zu leisten, hat die UN in SDG 7 die Notwendigkeit erneuerbarer Energien betont. Konkret haben sich die Mitgliedsstaaten zum Ziel gesetzt, bis 2030 den Anteil erneuerbarer Energien am globalen Energiemix deutlich zu erhöhen, wobei jedoch kein konkretes Prozentziel festgelegt wurde. Fossile Brennstoffe wie Kohle, Öl und Gas, aus denen Energie und Elektrizität gewonnen wird, sind laut der UN für etwa 75 Prozent der globalen Treibhausgase verantwortlich. Um die schlimmsten Folgen durch die globale Erderwärmung zu verhindern, müssen diese Emissionen laut UN deshalb bis 2030 halbiert werden und 2050 bei null liegen.

Hinzu kommt, dass der globale Strombedarf laut Schätzungen der Internationalen Energieagentur bis 2040 im Vergleich zu 2020 von etwa 29.000 auf 39.000 Terawattstunden pro Jahr steigen wird, was einer Zunahme von über einem Drittel entspricht. Grund dafür sind vor allem die Entwicklung von E-Autos, die mit Strom betrieben werden, sowie der Einsatz von Strom zum elektrischen Heizen in der Industrie und zur Kühlung von Gebäuden. Insofern muss die Stromproduktion in den nächsten Jahren zwar deutlich zunehmen, gleichzeitig muss jedoch auch der Anteil fossiler Energieerzeugung am globalen Energiemix deutlich sinken.

Eine Alternative zu Kohle und Öl sind erneuerbare Energien. Bekannte Beispiele dafür sind Wind-, Wasser- und Sonnenenergie, die im Gegensatz zu Kohleenergie fast unendlich genutzt werden können. Laut Daten des Umweltbundesamts sind erneuerbare Energien, gemessen an den CO2-Äquivalenten, über den gesamten Produktionsprozess hinweg eine sehr umweltfreundliche Energiequelle (maximal 33 Gramm CO2 pro kWh bei erneuerbaren Energien, aber z.B. 1000 (!) Gramm CO2 pro kWh bei Braunkohle). Obwohl erneuerbare Energien bereits etwa 28% des Stroms im globalen Endenergieverbrauch ausmachen, ist ihr Anteil am Transport- und Heizsektor noch sehr gering. Des Weiteren können sie nur dann Strom produzieren, wenn die Wetterverhältnisse für die jeweilige Form der Energiegewinnung geeignet sind. Deshalb lohnt sich ein Blick auf Atomkraft als Energiequelle für Strom und Heizenergie, die deutlich umweltfreundlicher als Kohlekraft ist, weil während der Energiegewinnung aus Atomkraft so gut wie keine Treibhausgase entstehen. Für die Produktion von Atomenergie werden Atomkerne, also kleinste messbare Teilchen, von Uran und Plutonium kontrolliert gespalten. Die bei der Spaltung entstehende Hitzestrahlung verwandelt Wasser in Dampf, der wiederum Turbinen für die Stromerzeugung antreibt. Bei diesem Prozess entsteht gefährliche radioaktive Strahlung, weshalb die Kraftwerke von dicken Stahl- und Betonschutzhüllen nach außen hin abgeriegelt werden.

Atomkraft ist dennoch nur auf den ersten Blick emissionsneutral. Wenn man nämlich den gesamten Lebenszyklus eines Kernkraftwerks von Uranabbau, Brennelementherstellung, Kraftwerksbau und -rückbau bis zur Endlagerung betrachtet, tragen all diese Schritte z.B. durch Transport und Lagerung der Materialien auch zum Klimawandel bei.

Wie hoch darüber hinaus das Risiko von in die Umwelt gelangender radioaktiver Strahlung ist, haben die Atomunfälle in Tschernobyl und Fukushima nachweislich gezeigt.Beim Atomunfall im ukrainischen Tschernobyl kam es 1986 zu Komplikationen bei einem Versuch zum Umgang mit möglichen Stromausfällen im Kraftwerk, sodass die Leistung des Reaktors ungewollt um ein hundertfaches anstieg und es zur Explosion kam. Die daraus entstehende radioaktive Wolke zog über Russland und die Ukraine bis nach Europa und verseuchte große Gebiete, sodass über 400.000 Menschen ihre Heimat verlassen mussten und bis heute viele Menschen durch die Folgen der radioaktiven Strahlung an Krebs erkranken oder bereits daran gestorben sind.

Im japanischen Fukushima kam es 2011 infolge eines Tsunamis, der durch ein Erdbeben ausgelöst worden war, zu einem Ausfall der Kühlkreisläufe, die normalerweise dafür sorgen, dass die Brennstäbe in den Atomkraftwerken nicht überhitzen. Dadurch kam es zur Kernschmelze, also zum Schmelzen der Brennstäbe, was dann die Reaktorhüllen zerstört hat. In weiten Teilen Japans lässt sich bis heute in Wasser, Boden und Tieren Radioaktivität nachweisen, die Schilddrüsenerkrankungen bei Kindern sind nach dem Atomunfall um das 37-fache gestiegen und für neun Millionen Kubikmeter radioaktive Erde fehlt bis heute ein Plan dazu, wie sie sicher gelagert werden kann. Das ist nämlich gar nicht so einfach, da die Halbwertszeit von Uran (U 238) bei etwa 4,5 Milliarden Jahren liegt, das heißt, dass es über vier Milliarden Jahre dauert, bis sich die radioaktive Strahlung der Unfälle in Tschernobyl und Fukushima halbiert haben wird. Die gesundheitlichen Folgen von radioaktiver Strahlung treten teils erst mehrere Jahrzehnte später auf, sodass die internationale Ärzteorganisation “Internationale Ärzt*innen für die Verhütung des Atomkrieges” (International Physicians for the Prevention of Nuclear War, IPPNW) bis 2056 von 240.000 zusätzlichen Krebstoten ausgeht. Eine zeitnahe und sichere Endlagerung von Atommüll ist deshalb alternativlos.

Kernenergie ist also weit davon entfernt, ausschließlich umweltfreundlich zu sein. Dennoch ist sie aktuell die einzig wirklich erprobte Alternative zu fossiler und erneuerbarer Energieerzeugung und das Risiko von Atomunfällen kann durch Investitionen in moderne und regelmäßig gewartete Kernkraftanlagen deutlich gesenkt werden. Kann sie also trotz der Risiken eine Brückentechnologie sein, um SDG 7 doch noch zu erreichen?

5. Aktuelles

Mit dem Beginn des Ukrainekriegs sind die Energiepreise weltweit gestiegen. Vor allem die Europäische Union, die zuvor 40% ihrer Erdölimporte aus Russland bezogen hat, sah sich nun nach alternativen Energiequellen um, was die weltweiten Energiepreise deutlich erhöhte. Dennoch hat Atomkraft im Jahr 2021 gerade einmal 9,8% des globalen Strommixes ausgemacht, weniger als je zuvor, während der Anteil von Wind- und Solarenergie auf 10,2% gestiegen ist.

Der Ukrainekrieg beeinflusst auch die weltweite nukleare Sicherheit. Da das größte europäische Atomkraftwerk in Saporischschja in der Ukraine liegt und durch die Kriegsparteien als Druckmittel instrumentalisiert wird, ist die Gefahr einer Atomkatastrophe deutlich angestiegen. Im Jahr 2022 gab es weltweit insgesamt 411 aktive Kernkraftreaktoren in 33 Staaten, in den letzten 30 Jahren sind jedoch nur fünf Staaten hinzugekommen. Dadurch laufen ⅔ der weltweit laufenden Kernkraftwerke seit über 30 Jahren und haben bald ihr Laufzeitende erreicht. Außerdem gilt im Allgemeinen, dass Atomkraftwerke mit zunehmender Laufzeit auch mehr Gefahren mit sich bringen, weil z.B. Rohrbrüche in den Kühlkreisläufen wahrscheinlicher werden. Deshalb werden sie meist nach etwa vierzig Jahren abgeschaltet. Um die wegfallende Stromkapazität dieser abgeschalteten Atomkraftwerke zu kompensieren, müsste die jährliche Neubaurate von Kraftwerken der letzten zehn Jahre jedoch von 6 auf 12 Kraftwerke verdoppelt werden.

Zudem werden über ¾ der sich aktuell im Bau befindlichen Atomkraftwerke von China (nur im Inland) und Russland (auch im Ausland) gebaut. Das deutet auf ein enormes technologisches Wissens- und Machtgefälle hin, da viele Staaten für den Neubau und die Instandhaltung von Atomkraftwerken so auf die Unterstützung Chinas und Russlands angewiesen sind.

Je älter die Atomkraftwerke sind, desto teurer werden außerdem die Instandhaltungskosten, weshalb die Stromgestehungskosten (Levelized Cost of Energy, LCOE) von Atomkraft seit 2009 um 36% gestiegen sind. Solar- (-90%) und Windkraft (-72%) sind durch technologische Fortschritte dagegen deutlich günstiger in der Stromproduktion geworden. Damit Atomkraft in Zukunft einen Beitrag zur Umsetzung von SDG 7 leisten kann, sind also viele Investitionen nötig. Doch welche Probleme tun sich dabei auf?

6. Probleme und Lösungsansätze

Von allen 411 weltweit aktiven Kernkraftreaktoren befinden sich nur zwei in Afrika. Um SDG 7 zu erreichen, müssen die 567 Millionen in Subsahara-Afrika lebenden Menschen ohne Strom jedoch damit versorgt werden. Unter anderem wird in Ägypten und Nigeria von der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) aktuell der Bau von Atomkraftwerken untersucht. Wichtige Voraussetzung dafür ist jedoch, dass sowohl die geographischen Bedingungen (verlässliche Wasserversorgung für die Kühlkreisläufe der Brennstäbe) als auch die Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitskräfte gegeben sind, um Atomunfälle zu verhindern.

Doch es gibt Herausforderungen: Der Bau von großen Kernkraftwerken dauert meist über Jahre an und kann mehrere Milliarden Euro kosten. Bis 2030 müssten laut der UN jedoch die CO2-Emissionen im Energiesektor bereits halbiert sein. Kämen neue Investitionen in die Atomkraft also bereits zu spät? Nachdem ein Atomkraftwerk abgeschaltet wird, dauert es zudem etwa 21 Jahre, bis die Brennstäbe so weit abgekühlt sind, dass die radioaktiven Stoffe in ein Endlager transportiert werden können. Es gibt jedoch bisher kaum geeignete Orte, an denen diese über eine Million Jahre sicher gelagert werden können. Die Endlagersuche muss aus Verantwortung vor zukünftigen Generationen jedoch dringend gelöst werden.

Das chemische Element Thorium könnte genau wie sogenannte Flüssigsalzreaktoren eine Alternative zu mit Wasser gekühlten Urankraftwerken darstellen, bringt vor allem in der Endlagerung jedoch auch Herausforderungen mit sich. Hoffnung macht auch die aktuelle Entwicklung von kleineren modular vorproduzierbaren Kernkraftwerken (Small Modular Reactors, SMRs), die bereits in 18 verschiedenen Ländern gebaut werden. Sie können zwar nur etwa ein Drittel so viel Strom wie ein normales Atomkraftwerk (300 statt 1000 Megawatt) produzieren, sind aber schneller und damit günstiger in der Installation.

Seit einiger Zeit wird außerdem daran geforscht, Energie durch die Umwandlung in Wasserstoff leichter transportieren zu können. In Zukunft könnten Regionen, die mehr (z.B. Atom-)Strom produzieren, als sie benötigen, ihren Strom also dorthin transportieren, wo Bedarf besteht. Auch die Forschung daran, durch Kernfusion Energie zu gewinnen, hat in den letzten Jahren deutliche Fortschritte gemacht. Dabei werden im Gegensatz zur Kernspaltung, die bei aktuell laufenden Atomkraftwerken genutzt wird, kleine Atomkerne zu größeren verschmolzen, wodurch dann genau wie bei der Kernspaltung Energie freigesetzt wird. Momentan wird für die Herstellung der zugehörigen Produktionsanlagen zwar noch deutlich mehr Energie benötigt als durch die Kernfusion freigesetzt wird, jedoch ist es Ende 2022 erstmals gelungen, mithilfe eines großen Lasers bei der Verschmelzung von Wasserstoff zu Helium mehr Energie freizusetzen, als zuvor durch den Laser zur Auslösung der Reaktion eingesetzt wurde. Kernfusion bietet das Potenzial, deutlich sicherer als Kernspaltung zu sein. Das liegt daran, dass die bei der Kernspaltung freigesetzte Neutronen quasi unbegrenzt weitere Kerne spalten können, während eine Kernfusion neben der Verschmelzung der Atomkerne zu keinen weiteren Reaktionen führt und damit deutlich kontrollierbar ist.

Damit der Energiesektor bis 2050 emissionsneutral wird, müssen laut der UN bis 2030 4,2 Billionen US-Dollar pro Jahr in nachhaltige Energien investiert werden. 2021 wurde in erneuerbare Energien (366 Milliarden US-Dollar) zudem 15 mal mehr investiert als in Atomkraft (24 Milliarden US-Dollar). Welche Rolle kann und sollte Atomkraft also zukünftig, auch in Hinblick auf aktuelle Forschung und neue Technologien, für eine weltweit nachhaltige und für alle Menschen zugängliche Energieversorgung einnehmen?

7. Hinweise zur Recherche

Idealerweise machen Sie sich zunächst mit den Grundbegriffen (z.B. Energie, Atomkraft, SDG 7) vertraut und gehen dann zur Rolle Ihres Staates in der Kernkraft über. Recherchieren Sie vor allem auch, ob Ihr Staat Atomkraft nutzt! Vorsicht, deutschsprachige Quellen berichten meist eher kritisch, englischsprachige Quellen eher positiv über Atomkraft! Im Idealfall setzen Sie sich mit beiden Haltungen auseinander.

zum Energiebegriff: https://www.bmwk-energiewende.de/EWD/Redaktion/Newsletter/2015/22/Meldung/direkt-erklaert.html

zu Atomkraft: https://www.youtube.com/watch?v=CtD7xLLNODg

aktuelle Artikel der Tagesschau zum Thema Atomkraft: https://www.tagesschau.de/thema/atomkraft

Bericht der IAEA zum Potenzial von Kernenergie zur Emissionsneutralität: https://www.iaea.org/sites/default/files/21/10/nuclear-energy-for-a-net-zero-world.pdf

Globaler Bericht über den Status von Kernenergie: https://www.worldnuclearreport.org/IMG/pdf/wnisr2022-v3-lr.pdf

 

Lexikon

Atomenergie/ Kernenergie: Für die Produktion von Atomenergie werden Atomkerne von Uran und Plutonium kontrolliert gespalten. Die bei der Spaltung entstehende Hitzestrahlung verwandelt Wasser in Dampf, der wiederum Turbinen für die Stromerzeugung antreibt. Bei diesem Prozess entsteht gefährliche radioaktive Strahlung, weshalb die Kraftwerke von dicken Stahl- und Betonschutzhüllen nach außen hin abgeriegelt werden.

CO2-Äquivalent: Neben dem wichtigsten von Menschen verursachten Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) gibt es weitere Treibhausgase wie beispielsweise Methan oder Lachgas. Die verschiedenen Gase tragen nicht in gleichem Maße zum Treibhauseffekt bei und verbleiben über unterschiedlich lange Zeiträume in der Atmosphäre. Um die Wirkung verschiedener Treibhausgase vergleichbar zu machen, hat das Expertengremium der Vereinten Nationen (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) das sogenannte Globale Erwärmungspotenzial (Global Warming Potential) definiert. Dieser Index drückt die Erwärmungswirkung einer bestimmten Menge eines Treibhausgases über einen festgelegten Zeitraum (meist 100 Jahre) im Vergleich zu derjenigen von CO2 aus.

Emissionsneutral: Die Erde ist genau dann emissionsneutral, wenn die Menge an denjenigen Gasen in der Atmosphäre, die den Klimawandel befeuern (z.B. CO2), nicht weiter ansteigt.

Erneuerbare Energien: Energiequellen, die quasi unendlich zur Verfügung stehen oder sich schneller erneuern, als dass sie verbraucht werden. Dazu gehören: Bioenergie (Biomassepotenzial), Geothermie, Wasserkraft, Meeresenergie, Sonnenenergie und Windenergie

Flüssigsalzreaktoren: In diesen Reaktoren liegen die Brennstoffe in geschmolzenem Salz gelöst vor, welches die Brennstoffe gleichzeitig kühlt. Wasser wird so nicht mehr zum Kühlen benötigt. Flüssigsalzreaktoren mit Thorium als Brennstoff gelten in ihrem Betrieb als sicherer als mit Wasser gekühlte Urankraftwerke, der anfallende Atommüll müsste jedoch mehrere hundert Jahre lang gekühlt werden.

Globaler Endenergieverbrauch: die gesamte Energie, die von Endverbrauchern wie Haushalten, Industrie und Landwirtschaft verbraucht wird. Energie, die vom Energiesektor selbst für Umwandlung und Transport verbraucht wird, zählt nicht dazu.

Globaler Energie- bzw. Strommix: Zusammenfassung der Energieproduktion verschiedener Energiequellen, sodass der prozentuale Anteil der jeweiligen Energiequellen bestimmt werden kann. Kann nur auf die Stromproduktion oder den gesamten Energiesektor bezogen werden.

Pariser Klimaziele: Das Pariser Klimaabkommen wurde 2015 von der Weltklimakonferenz beschlossen. Ziel ist es unter anderem, die globale Erderwärmung auf 1,5 bzw. 2°C zu beschränken und die negativen Folgen des bereits stattfindenden Klimawandels durch internationale Kooperation so weit wie möglich abzufangen.

Stromgestehungskosten (Levelized Costs of Energy, LCOE): Kosten, welche für die Energieumwandlung von einer anderen Energieform in elektrischen Strom notwendig sind. Z.B. die Kosten, um aus Sonnenenergie Strom zu gewinnen.

Thorium: Das chemische Element Thorium ist ein radioaktives Metall. Es lässt sich in Kraftwerken zu einer bestimmten Form von Uran umwandeln, dem Uran-233, aus dem wiederum durch Kernspaltung Energie gewonnen werden kann.

Wasserstoff: Um Wasserstoff herzustellen, wird Wasser durch einen Chemischen Prozess namens Elektrolyse in einer Brennstoffzelle mithilfe von Strom in seine Bestandteile Sauerstoff (O2) und Wasserstoff (H2) zerlegt. Wenn z.B. die Sonneneinstrahlung so hoch ist, dass lokal mehr Strom produziert wird als gebraucht wird, kann er in Wasserstoff umgewandelt werden, der wiederum deutlich leichter gespeichert und transportiert werden kann. Auch Atomstrom kann in Wasserstoff umgewandelt werden. Auf umgekehrte Weise kann so Wasserstoff wieder in Wasser (H2O) umgewandelt werden und erzeugt dabei wiederum elektrischen Strom.

Quellenangaben und weiterführende Links

A. Watjer, “Pariser Klimaabkommen”, https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/das-europalexikon/309438/pariser-klimaabkommen/ - zentrale Inhalte des Pariser Klimaabkommens (deutsch).

Bund für Umwelt und Naturschutz Baden-Württemberg, “Atomkraft: Keine Rettung fürs Klima”, https://www.bund-bawue.de/mensch-umwelt/atomkraft/atomkraft-und-klimaschutz/#:~:text=Atomkraft%20ist%20nicht%20klimaneutral,und%20nach%20der%20Stromproduktion%20ausgesto%C3%9Fen - Risiken von Atomkraft (deutsch).

BUNDJugend, “Nuklearkatastrophen: Tschernobyl und Fukushima”, https://www.bundjugend.de/nuklearkatastrophen/ - die Atomunfälle in Tschernobyl und Fukushima erklärt (deutsch).

Bundesverband Geothermie, “LCOE - Stromgestehungskosten”, 06/2020, https://www.geothermie.de/bibliothek/lexikon-der-geothermie/l/lcoe-stromgestehungskosten.html - Definition Stromgestehungskosten (deutsch).

Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches, “Wasserstoff und Energiewende”, https://www.dvgw.de/themen/energiewende/wasserstoff-und-energiewende - wie kann Wasserstoff zur Energieversorgung beitragen? (deutsch).

Deutschlandfunk, “Sorge um die Sicherheit des größten AKW Europas”, 09/2022, https://www.deutschlandfunk.de/atomkraftwerk-saporischja-supergau-strahlung-100.html - der Ukrainekrieg und das Atomkraftwerk in Saporischschja (deutsch).

Eurostat, “Glossary: Final energy consumption”, https://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php?title=Glossary:Final_energy_consumption - Definition zum globalen Endenergieverbrauch (englisch).

Generalversammlung der Vereinten Nationen, “Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung”, A/Res/70/1, 21.10.2015, https://www.un.org/Depts/german/gv-70/band1/ar70001.pdf - die siebzehn Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (deutsch).

Gerd Schneider, “Kernenergie/ Atomenergie”, 2023, https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/das-junge-politik-lexikon/320607/kernenergie-atomenergie/ - Definition von Kernenergie (deutsch).

Greenpeace Deutschland, “Wie gefährlich sind Atomkraftwerke?”, https://www.greenpeace.de/klimaschutz/energiewende/atomausstieg/gefaehrlich-atomkraftwerke - u.a. Unfallgefahr bei älteren Atomkraftwerken (deutsch).

Grotelüschen, Frank und Knoll, Christinae, “Energiequelle der Zukunft? Die Forschung zur Kernfusion weckt große Hoffnungen”, 06/2023, https://www.deutschlandfunk.de/kernfusion-durchbruch-deutschland-energie-100.html - aktuelle Forschung zur Kernfusion (deutsch).

Internationale Atomenergie-Organisation, “Nuclear Energy for a Net Zero World”, Wien, 2021/09, https://www.iaea.org/sites/default/files/21/10/nuclear-energy-for-a-net-zero-world.pdf - die IAEA über das Potenzial von Atomkraft für erneuerbare Energien (englisch).

Internationale Energieagentur, World Energy Outlook 2019: Energy”, https://www.iea.org/reports/world-energy-outlook-2019/electricity - Schätzungen zum weltweiten Strombedarf im Jahr 2040 (englisch).

Irene Habich, “Soll Kernkraft sicherer machen: Was ist Thorium?”, 14.04.2023, https://www.rnd.de/wissen/soll-kernkraft-sicherer-machen-was-ist-thorium-52CBOYM3GNDZ7D52VREEBS2ODA.html - aktuelle Forschung zu Thorium und Flüssigsalzreaktoren (deutsch).

Joscha Weber, “Is nuclear energy good for the climate?”, 29.11.2021, https://www.dw.com/en/fact-check-is-nuclear-energy-good-for-the-climate/a-59853315 - CO2-Äquivalente verschiedener Energiequellen (englisch).

Mycle Schneider, “The World Nuclear Industry Status Report 2022”, 2022/10, https://www.worldnuclearreport.org/IMG/pdf/wnisr2022-v3-lr.pdf - aktuelle Zahlen zu Atomkraft, vor allem die Zusammenfassung auf Seite 16-33 ist empfehlenswert (englisch).

Open access government, “One year on: Impact of the Ukraine war on global energy prices”, 20.02.2023, https://www.openaccessgovernment.org/one-year-impact-of-ukraine-war-global-energy-prices-input-output-analysis/152599/#:~:text=Immediately%20following%20the%20invasion%2C%20energy,28th%20February%20to%203rd%20August - Entwicklung der Ölpreise durch den Krieg in der Ukraine (englisch).

Till Bücker, “Mini-Reaktoren weltweit gefragt”, 11.03.2021, https://www.tagesschau.de/wirtschaft/energie/mini-reaktoren-small-modular-reactors-atomkraft-kernenergie-101.html - Erklärung Small Modular Reactor (SMR), (deutsch).

Umweltbundesamt, “Ist Atomstrom wirklich CO2-frei?”, 27.11.20219, https://www.umweltbundesamt.de/service/uba-fragen/ist-atomstrom-wirklich-co2-frei - Gegendarstellung des IAEA-Berichts (deutsch).

United Nations, “The Sustainable Development Goals Report, Special edition”, 2023, https://unstats.un.org/sdgs/report/2023/The-Sustainable-Development-Goals-Report-2023.pdf - auf Seite 26 und 27 anschauliche aktuelle Zahlen und Statistiken zu SDG 7 (englisch).

United Nations Climate Action, “Renewable energy - powering a safer future”, https://www.un.org/en/climatechange/raising-ambition/renewable-energy - die UN über die Chancen erneuerbarer Energien (englisch).

United Nations Climate Action, “What is renewable energy?”, https://www.un.org/en/climatechange/what-is-renewable-energy - Definition von erneuerbarer Energie mit Beispielen (englisch).

United Nations Department of Economic and Social Affairs. “SDG 7: Ensure access to affordable, reliable, sustainable and modern energy for all”, https://sdgs.un.org/goals/goal7 - Überblick, Indikatoren und Überblick zum Fortschritt von SDG 7 (englisch).

United Nations Environment Programme, “Why do Sustainable Development Goals matter?”, https://www.unep.org/explore-topics/sustainable-development-goals/why-do-sustainable-development-goals-matter/goal-7 - aktuelle Zahlen zum Fortschritt von SDG 7 (englisch).

Werner Eckert, “Klimaneutral, CO2-neutral - nicht egal”, 30.08.2021, https://www.tagesschau.de/wissen/klima/klimaneutralitaet-107.html - Erklärung des Begriffes “emissionsfrei” (deutsch).

description Positions- und Arbeitspapiere

Papiere 1 bis 25 von 27.
Papiere 1 bis 25 von 27.
© Model United Nations Schleswig-Holstein 2024