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Einführung in das Thema

Die Menschenrechtssituation in Belarus

 

Trigger-Warnung: Das Thema Menschenrechtssituation in Belarus setzt sich mit verschiedenen Formen von Gewalt und Menschenrechtsverletzungen auseinander. Auch bei der Recherche gibt es zum Teil sehr explizite Beschreibungen gewaltvoller Praktiken.

 

  1. Kurzzusammenfassung

In Belarus werden derzeit starke Menschenrechtsverletzungen begangen. Das autoritäre Regime um Machthaber Lukaschenko unterdrückt die Bevölkerung und verfolgt Journalist*innen und politische Gegner*innen systematisch und gewaltsam.

 

Die jüngste Eskalation der Lage seit August 2020 steht im Zusammenhang mit den belarussischen Präsidentschaftswahlen, die im selben Monat stattfanden und bei denen es aus Sicht internationaler Beobachter*innen zu massivem Wahlbetrug gekommen war. So hatte Lukaschenko die Wahl scheinbar unrechtmäßig gewonnen. Die auf seine Wahl folgenden friedlichen Demonstrationen ließ und lässt er meist gewaltsam niederschlagen.

 

In Belarus sind in der Folge diverse Rechte massiv eingeschränkt. Dazu gehören die Rechte auf Meinungs-, Versammlungs-, Vereinigungs-, und Pressefreiheit, das Recht auf Freiheit und Sicherheit der Person, sowie das Verbot von Folter. Regierungskritische Personen werden willkürlich verhaftet, schikaniert und misshandelt. 

 

Die Vereinten Nationen und die internationale Gemeinschaft reagierten bereits auf die dramatische Lage - bislang jedoch insgesamt nicht sehr erfolgreich. Es ist die Aufgabe des Menschenrechtsrates die Anstrengungen zu bündeln und Maßnahmen zu verabschieden, die die Wahrung der Menschenrechte sicherstellen.

 

  1. Punkte zur Diskussion

○       Wie schätzt der Rat die Menschenrechtssituation in Belarus ein? In welchen Bereichen besteht besonders dringender Handlungsbedarf?

○       Welche Maßnahmen kann und sollte der Rat ergreifen, um den Menschenrechtsverletzungen in Belarus Einhalt zu gebieten?

○       Wie kann die Internationale Gemeinschaft den Druck auf die belarussische Regierung erhöhen, um sie zur Umsetzung von Maßnahmen zur Verbesserung der Menschenrechtslage zu bewegen? Sind Sanktionen angemessene Mittel? Wie kann sichergestellt werden, dass die Bevölkerung möglichst wenig unter den Maßnahmen leidet?

○       Wie können die Menschenrechtsverletzungen in Belarus dokumentiert werden? Welche Rolle können Nichtregierungsorganisationen hierbei spielen?

○       Wie kann die Arbeit der verschiedenen Akteure koordiniert werden? Welche Synergieeffekte können genutzt werden?

 

  1. Einleitung

Am 23. Mai 2021 sorgte die erzwungene Landung eines zivilen Passagierflugzeugs in der belarussischen Hauptstadt Minsk international für Aufsehen. Die belarussischen Behörden hatten die Maschine, die sich auf der Reise von Griechenland nach Litauen befand, unter Einsatz eines Militärflugzeuges umgeleitet und zur Landung gezwungen. An Bord befand sich der regierungskritische Blogger Roman Protassewitsch, der von den belarussischen Behörden international gesucht und verfolgt wurde. Er wurde nach Landung des Flugzeuges festgenommen. Beweise deuten darauf hin, dass die Begründung der Maßnahme, es habe eine Bombendrohung gegeben, nur vorgeschoben und der Fehlalarm inszeniert worden war, um Protassewitsch zu verhaften. Protassewitsch ist nach seiner Verhaftung mehrfach öffentlich aufgetreten und hat sein Wohlbefinden bekundet - Expert*innen sehen jedoch starke Anzeichen dafür, dass diese Auftritte unter Zwang stattfanden und dass Protassewitsch gefoltert worden war.

 

Der Vorfall ist nur einer in einer Reihen von Menschenrechtsverstößen, die das belarussische Regime in der Vergangenheit begangen hat und bis heute begeht. Der Menschenrechtsrat muss sich mit der Menschenrechtssituation in Belarus auseinandersetzen, um eine weitere Verschlechterung der Lage zu verhindern und auf die Einhaltung von Menschenrechten hinzuwirken.

 

  1. Hintergrund und Grundsätzliches

Die Belarussische Sozialistische Sowjetrepublik (hier: Belarus) war 1922 einer der Gründungsstaaten der Union der Sozialistischen Sowjet Republiken (UdSSR). Nach langer Besetzung durch Nazi-Deutschland während des zweiten Weltkreiges war Belarus in der Nachkriegszeit weitestgehend von westlichen Einflüssen abgeschieden. Nachdem liberalere Kräfte Ende der 1980er an Macht gewonnen hatten, erklärte sich Belarus 1990 für unabhängig von der UdSSR und änderte 1991 seinen Namen in Republik Belarus (hier: Belarus). 1994 verabschiedete Belarus eine neue Verfassung und Alexander Lukaschenko wurde mit großer Mehrheit als erster Präsident gewählt.

 

Lukaschenko ging von Beginn seiner Amtszeit an gegen kritische Stimmen vor und unter seiner Herrschaft wurden und werden zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen. Spätestens seit der Präsidentschaftswahl 2006, die in Lukaschenkos dritter Amtszeit mündete, ist ein noch schärferes Vorgehen zu verzeichnen. Bei dieser sowie bei den folgenden Präsidentschaftswahlen 2010 und 2015 protestierten Gegner*innen massiv gegen Lukaschenkos Regierung. Die Proteste wurden meist gewaltsam niedergeschlagen. Unabhängige Beobachter*innen der OSZE stellten bei den Wahlen regelmäßig Unstimmigkeiten fest. Dennoch ist Lukaschenko bis heute im Amt.

 

Im Zuge der Präsidentschaftswahlen im Sommer 2020 eskalierte die Lage weiter. Das Regime verfolgt Angehörige der politischen Opposition aber auch zivilgesellschaftliche Akteure mit massiver Repression, Gewalt und Einschüchterung. Die Zahl der aus politischen Gründen Inhaftierten steigt stetig an und liegt derzeit (Stand 12.10.2021) auf über 600. Eine genauere Darstellung der Situation findet sich unten.

 

Zuvor sollen die wichtigsten Menschenrechtsschutzinstrumente und -organe der Vereinten Nationen vorgestellt werden:

Die Achtung und Verwirklichung der Menschenrechte sind bereits im Gründungsdokument der Vereinten Nationen - der sogenannten Charta - als Ziele festgeschrieben. Mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte haben die Vereinten Nationen einen weiteren Schritt in Richtung des Menschenrechtsschutzes getan. Verschiedene Menschenrechtsabkommen - international verbindliche Verträge - stellen den rechtlichen Rahmen des Menschenrechtsschutzes durch die Vereinten Nationen dar. Dazu gehören u.a. der Sozialpakt (bspw. Rechte auf Gesundheit, Bildung, Arbeit), der Zivilpakt (bspw. Sklavereiverbot, Recht auf Schutz des Privatlebens, Recht auf freie Meinungsäußerung) und die Konvention gegen Folter.

Der Menschenrechtsrat ist das hauptsächlich für Menschenrechtsschutz zuständige zwischenstaatliche Organ der Vereinten Nationen. Eine ausführliche Beschreibung seiner Aufgaben können Sie der Einführung in den Menschenrechtsrat entnehmen.

Das Hohe Kommissariat der Vereinten Nationen für Menschenrechte (OHCHR) spielt im UN-System für die Förderung und den Schutz der Menschenrechte ebenfalls eine wichtige Rolle. Das Kommissariat äußert sich regelmäßig zur Menschenrechtslage in der Welt und ist befugt, Zustände zu untersuchen und darüber Bericht zu erstatten.

 

  1. Aktuelles

Die erzwungene Landung des Passagierflugzeuges vom 23. Mai ist nur eines vieler mit Belarus in Verbindung stehender Ereignisse, die in jüngster Zeit durch die internationalen Medien gegangen sind. Anfang August 2021 konnte die belarussische Olympionikin Kristina Timanowskaja ihre durch Belarus erzwungene Ausreise aus Japan verhindern, indem sie sich in den Schutz der japanischen Polizei begab. Sie hatte sich zuvor kritisch gegenüber belarussischen Sportfunktionär*innen geäußert.Nur wenige Tage später war der im ukrainischen Exil lebende Oppositionelle Witali Schischow erhängt in einem Park in Kiew gefunden worden. Schischnow hatte Tage zuvor berichtet, beim Joggen von Fremden verfolgt worden zu sein. Verschiedene Menschenrechtsorganisationen werfen der belarussischen Regierung eine Beteiligung am Tod Schischnows vor.

 

Diese jüngst international diskutierten Vorfälle stehen im Zusammenhang mit den nach der Präsidentschaftswahl im August 2020 eskalierten Protesten gegen Machthaber Lukaschenko. Bereits seit Beginn der Covid-19-Pandemie verschärfte sich die Kritik an Lukaschenkos Regierung, welche die Lage systematisch verharmloste und unzureichende Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung und zur Eindämmung der Pandemie traf. Die wirtschaftliche Situation hatte sich im Vergleich zu Vorjahren bereits verschlechtert, sodass die negativen wirtschaftlichen Folgen der Pandemie auf ein ohnehin geschwächtes System trafen. Die zunächst ausbleibende Reaktion der Regierung auf die Pandemie beeinflusste die wirtschaftliche Entwicklung weiter negativ. Machthaber Lukaschenko sah sich einer breiten gesellschaftlichen Opposition gegenüber: Belarus lag in einer internationalen Umfrage zur Regierungszufriedenheit in der Pandemie im April 2020 auf dem vorletzten Platz.

 

Bereits während des Wahlkampfes in Vorbereitung auf die Wahlen im August griff das Regime noch härter durch als in der Vergangenheit. Zahlreiche Oppositionelle wurden in Haft genommen und es kam zu diversen teilweise gewaltsamen Konfrontationen zwischen Demonstrant*innen und Sicherheitskräften. Unter den aus politischen Gründen in Haft genommenen befand sich auch der Videoblogger Sergej Tsikhanouskij, der als oppositioneller Präsidentschaftskandidat im Gespräch war. Schließlich erklärte seine Frau, Swetlana Tsikhanouskaja, als Kandidatin antreten zu wollen. Anders als viele andere Oppositionskandidat*innen wurde sie zur Wahl zugelassen. Sie schmiedete ein Bündnis mit den Ehefrauen zweier nicht zugelassener Oppositionskandidaten und ermöglichte so der sonst gespaltenen Opposition eine Bündelung ihrer Kräfte.

 

Gleichzeitig zeigte Lukaschenko sich offensiv. Er ging die Opposition massiv verbal an und watete mit militärischen Machtdemonstrationen auf. Sein Verhalten schien großen Teilen der Bevölkerung nicht nur unangemessen, sondern realitätsfern. Die kritische Grundstimmung aufgrund der Corona-Pandemie, die überzeugende Gegenkandidatin und das dikatorische Verhalten Lukaschenkos machten einen Wahlsieg der Opposition denkbar.

 

Die Wahl selbst war von zahlreich Irregularitäten geprägt; unabhängige OSZE-Beobachter*innen konnten nicht anreisen. Am Ende gewann laut Wahlkommission Lukaschenko mit 80% der Stimmen deutlich. Alle Oppositionskandidat*innen legten Beschwerde gegen dieses Ergebnis ein, die Europäische Union beschloss kurze Zeit später, es nicht anzuerkennen. Im Nachgang der Wahl kam es zu massiven Protesten, die von Seiten der Demonstrant*innen meist friedlich verliefen. Dennoch reagierte das Regime mit unverhohlener Härte und ging gewaltsam gegen die Demonstrierenden vor - allein in der Nacht nach der Verkündung des Ergebnisses wurden mehr als 3.000 Menschen verhaftet. Seitdem eskaliert die Lage weiter und das belarussische Regime begeht massive Menschenrechtsverletzungen diverser Natur. Tsikhanouskaja ist aus Belarus geflohen, nachdem sie ebenfalls verhaftet und mutmaßlich misshandelt worden war.

 

Die Vereinten Nationen und die internationale Gemeinschaft reagieren bereits seit längerem auf die kritische Menschenrechtssituation in Belarus, insbesondere jedoch seit der Eskalation der Menschenrechtsverletzungen nach der Wahl 2020.

Bereits 2012 setzte der Menschenrechtsrat eine*n Sonderberichterstatter*in für die Menschenrechtssituation in Belarus ein. Das Mandat beinhaltet die Beobachtung der Lage, die Unterstützung des Staates bei der Implementierung von Empfehlungen des Rates und des OHCHR sowie die Vermittlung zwischen Beteiligten. Seit 2018 hat die Französin Anais Marin das Amt inne, dessen Mandat am 26. Juli 2021 zuletzt für ein weiteres Jahr verlängert wurde. 

 

Der Menschenrechtsrat hat sich darüber hinaus bereits mehrfach mit der Menschenrechtslage in Belarus befasst, zuletzt in seinen Resolutionen A/HRC/45/1, A/HRC/RES/46/20 und A/HRC/RES/47/19. In diesen drückt der Rat unter anderem seine Besorgnis über die Lage aus, verurteilt das Verhalten von Belarus und fordert von der Regierung Veränderung. Er ruft weiterhin die Zivilbevölkerung und alle Akteur*innen dazu auf, Menschenrechtsverletzungen zu dokumentieren. Er verlangt von Belarus nicht nur alle politischen Gefangenen freizulassen, sondern auch transparente und unabhängige Ermittlungen zuzulassen. In A/HRC/RES/46/20 bittet der Rat die Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, die seit dem 01. Mai 2020 begangenen Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen. Im Einklang mit diesem Mandat richtete die Hohe Kommissarin für Menschenrechte die sogenannte OHCHR-Untersuchung der Menschenrechtslage in Belarus ein und ernannte drei Experten, die das OHCHR unterstützen und beraten sollen.

 

Neben den Reaktionen des Menschenrechtsrates haben auch andere Teile der internationalen Gemeinschaft Konsequenzen aus der Lage gezogen. 17 OSZE Mitgliedsstaaten aktivierten den sogenannten Moskau Mechanismus der OSZE, der eine Ad-hoc Untersuchung der Menschenrechtslage eines Mitgliedstaates ermöglicht. Die Untersuchungen bestätigten den Verdacht des Wahlbetruges und stellten massive und systematische Menschenrechtsverletzungen fest, die “zweifelsfrei bewiesen” werden konnten.

 

Im März 2021 beschloss ein Bündnis aus 19 überwiegend europäischen Staaten, einen unabhängigen Dokumentationsmechanismus einzurichten, der kurzfristig Beweise für die schweren Menschenrechtsverletzungen sammeln soll und den Namen „International Accountability Platform for Belarus“ trägt. Die von dänischen, britischen und belarussischen NGOs geführte Plattform soll die gesammelten Beweise so aufarbeiten, dass sie vor Gericht verwendet werden können.

 

  1. Probleme und Lösungsansätze

Wie bereits deutlich geworden ist, sind die Menschenrechte in Belarus derzeit massiv eingeschränkt und die Regierung geht gewaltsam gegen kritische Stimmen vor. Der folgende Abschnitt soll einen Überblick über die Menschenrechtssituation geben.

 

Recht auf freie Meinungsäußerung, Pressefreiheit

Bereits vor der Wahl 2020 insbesondere aber danach schränkte das Regime das Recht auf freie Meinungsäußerung sowie die Pressefreiheit massiv ein. Dies geschieht sowohl juristisch durch Gesetzesänderungen als auch praktisch durch Verfolgung und Inhaftierung kritischer Journalist*innen oder Oppositioneller. Freie und unabhängige Medien erleiden starke Repressionen und müssen beispielsweise Listen der Personen vorhalten, die für sie Inhalte verfasst haben. Medienschaffende müssen mit Verhaftung und sogar Misshandlungen und Folter rechnen. Internationalen Journalist*innen wird eine Akkreditierung oft verwehrt, sodass eine unabhängige Berichterstattung weiter erschwert wird.

 

Im Rahmen der Präsidentschaftswahl schränkte Belarus ebenfalls den Internetzugang ein und stelle Mobilfunknetze teilweise ab. Internetseiten werden regelmäßig und willkürlich geblockt und sind von Belraus aus nicht zugänglich.

 

Recht auf Versammlungsfreiheit

Ebenfalls die Versammlungsfreiheit ist massiven Einschränkungen ausgesetzt. Gegen die meist friedlich Demonstrierenden ging und geht die Polizei mit exzessiver und grundloser Gewalt vor. Bei vergangenen Demonstrationen feuerte sie aus kurzer Distanz Gummigeschosse in die Menge und setzte Wasserwerfer und chemische Reizstoffe ein. Teilnehmende aber auch Unbeteiligte und Journalist*innen wurden und werden willkürlich inhaftiert und mit Geldstrafen belegt. Es bestehen darüber hinaus restriktive Regelungen für Versammlungen wie hohe finanzielle Forderungen für Aufräumarbeiten nach Demonstrationen.

 

Recht auf Vereinigungsfreiheit

Die Regierung geht weiterhin massiv gegen zivilgesellschaftliche und oppositionelle Organisationen vor und kriminalisiert die Bildung von und die Mitgliedschaft in diesen Vereinigungen. Auch Menschenrechtsorganisationen oder kulturelle und akademische Vereinigungen geraten ins Fadenkreuz der Maßnahmen, wenn die Regierung sie als Bedrohung wahrnimmt.

 

Recht auf Freiheit und Sicherheit der Person

Das massive Vorgehen gegen die friedlichen Demonstrant*innen sowie gegen Journalist*innen und Oppositionelle stellt eine massive Einschränkung des Rechts auf Freiheit und Sicherheit der Person dar. Mindestens vier Menschen sind in direkter Folge der Gewalt durch die Sicherheitskräft ums Leben gekommen.

 

Folter und andere Misshandlungen

Es gibt wiederholt glaubhafte Berichte über systematische Folter und andere Misshandlungen der in Haft befindlichen Personen. Menschenrechtsexpert*innen der Vereinten Nationen haben über 450 belegte Zeugenaussagen über Folter und Misshandlungen gesammelt. Amnesty International berichtet: “Männer, Frauen und Minderjährige wurden gedemütigt, brutal geschlagen und sexualisierter Gewalt ausgesetzt, sie erhielten während langer Haftzeiten keinen Zugang zu Nahrung, sauberem Wasser und medizinischer Versorgung.

 

Der Menschenrechtsrat kann wie bereits dargestellt auf verschiedene Art und Weise auf diese Menschenrechtsverletzungen reagieren und versuchen, Verbesserungen zu erwirken. Zu den wichtigsten und am häufigsten eingesetzten Maßnahmen zählt politischer Druck und Aufruf zu Verbesserungen. Der Rat erarbeitet außerdem Empfehlungen für Belarus, beziehungsweise verweist auf die Empfehlungen, die die Hohe Kommissarin oder die Untersuchungskommissionen erarbeiten. Der Rat kann hier seine Aufrufe weiter verstärken und weiter politischen Druck ausüben. Er kann in diesem Kontext auch die internationale Gemeinschaft dazu aufrufen, Belarus politisch unter Druck zu setzen, die Menschenrechtslage zu verbessern.

 

Dabei stellt sich schnell die Frage, wie eine Umsetzung der Empfehlungen durch Belarus verlangt werden kann. Hier können neben allgemeinem politischem Druck Sanktionen eine wichtige Rolle spielen. Der Rat ist nicht befugt, Sanktionen gegen Belarus zu verhängen - er kann jedoch die Mitgliedstaaten dazu auffordern. Die Europäische Union hat beispielsweise verschiedene Wirtschaftssanktionen gegen Belarus verhängt, Vermögen von Einzelpersonen eingefroren und Reisebeschränkungen verhängt. Diese Maßnahmen können dazu geeignet sein, den Druck auf das Regime zu erhöhen und Besserungen zu erwirken. Problematisch bei Sanktionen kann sein, dass auch die Bevölkerung des Staates, die ohnehin unter den Menschenrechtsverletzungen leidet, durch die Sanktionen einer weiteren Verschlechterung der Lebenssituation ausgesetzt ist. Hier kann der Rat abwägen, wie die Ziele des politischen Drucks und des Schutzes der Bevölkerung gegeneinander abzuwägen sind.

 

Eine ebenfalls wichtiger Aspekt ist die Dokumentation der Menschenrechtsverletzungen um nicht nur internationale Aufmerksamkeit zu erzeugen, sondern gegebenenfalls auch eine Strafverfolgung zu ermöglichen. Hier greifen bereits verschiedene Mechanismen und auch die Zivilbevölkerung ist aufgerufen, Menschenrechtsverletzungen zu dokumentieren . Die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen wie bspw. Amnesty International ist hier ebenfalls von großer Bedeutung. Es ist für den Rat wichtig zu klären, wie die verschiedenen Akteur*innen zusammenarbeiten und sich gegenseitig unterstützen können.

 

  1. Hinweise zur Recherche

Bei der Recherche zu diesem Thema ist neben den unten angegebenen Quellen und weiterführenden Links das Abstimmungsverhalten der Staaten bei den bereits verabschiedeten Resolutionen ein guter Ansatzpunkt. Dieses ist bei den unten angegebenen Resolutionen jeweils am Ende vermerkt.

 

Ebenfalls nützlich kann die Information sein ob Ihr Staat Maßnahmen wie bspw. Sanktionen gegen Belarus verhängt oder unterstützt hat. Dies kann Ihnen einen Hinweis geben, wie ihr Staat sich zu der Lage in Balrus positioniert. Auf der folgenden Wikipedia-Seite können Sie einen Überblick über die diplomatischen Beziehungen von Belarus gewinnen: https://en.wikipedia.org/wiki/Foreign_relations_of_Belarus (englisch). 

 

Unter den angegebenen Quellen sind die Resolutionen des Menschenrechtsrates gut geeignet, sich einen Überblick über die bereits getroffenen Maßnahmen zu verschaffen. Um weitere mögliche Anregungen für Maßnahmen zu sammeln, lohnt sich ein Blick in den Bericht der OSZE sowie in den Bericht der Sonderberichterstatterin für Belarus. Dort können Sie auch nur die Zusammenfassungen lesen.

 

Grundsätzlich ist es empfehlenswert, nicht nur nach deutschen Quellen zu suchen, sondern die Suchbegriffe in englische zu übertragen. So finden Sie eine breitere Auswahl an Quellen. 

 

  1. Lexikon

Ad-hoc: Ad-hoc kommt aus dem LAeinischen und bedeutet „für diesen Augenblick gemacht“ oder „zur Sache passend“. Im übertragenen Sinne bezeichnet es Dinge, die speziell für einen Zweck entworfen wurden oder spontan aus einer Situation heraus entstanden sind.

 

Autoritäres Regime: Eine Regierung, die autoritär handelt, hindert Parteien oder Gruppen daran, demokratisch im Staat mitzuwirken. Eine autoritäre Herrschaft lässt keine anderen Meinungen zu und verhindert, dass Zeitungen, Fernsehen und andere Medien kritisch berichten können. Regime ist eine negative Bezeichnung für eine Regierung.

 

Mandat: die (vertraglich festgelegte) Vollmacht zur Wahrnehmung bestimmter Interessen oder zur Erledigung bestimmter Aufgaben einer anderen Person oder Organisation

 

OSZE: Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Ziel der OSZE ist es, die Sicherheit in Europa durch Zusammenarbeit und Dialog zwischen den europäischen sowie den östlichen und westlichen Nachbarstaaten zu stärken.

 

Repression: Unterdrückung

 

restriktiv: beschränkend

 

Sanktionen: Maßnahmen eines Staates oder eine Staatengruppe gegen einen anderen Staat, mit denen die Einhaltung von Vereinbarungen erzwungen werden soll. Sie können wirtschaftlicher (Zollerhöhung, Embargo), politischer (Einschränkung/Abbruch diplomatischer Beziehungen) oder militärischer Art sein.

 

Synergieeffekte: positive Wirkung, die sich aus dem Zusammenschluss oder der Zusammenarbeit zweier Akteure ergibt.

 

 

  1. Quellen und weiterführende Links

            Amnesty International, Belarus 2020, 07. April 2021, https://www.amnesty.de/informieren/amnesty-report/belarus-2020 - Bericht über die Menschenrechtslage in Belarus im Jahr 2020, gibt einen guten Überblick über die Menschenrechtslage in Belarus. (dt.)

 

            United Nations General Assembly, Report of the Special Rapporteur on the situation of human rights in Belarus, Anaïs Marin, 04. Mai 2021, https://undocs.org/A/HRC/47/49 - Bericht der Sonderberichterstatteri für Belarus, enthält viele detaillierte Informationen. (engl.)

 

            Wolfgang Benedek, OSCE Rapporteur’s Report under the Moscow Mechanism on Alleged Human Rights Violations related to the Presidential Elections of 9 August 2020 in Belarus, 05. November 2020, https://www.osce.org/files/f/documents/2/b/469539.pdf - Bericht der OSZE über die Lage in Belarus, ausführliche Einschätzung der Situation und aufzeigen von Handlungsempfehungen. (engl.)

 

            United Nations General Assembly, Resolution adopted by the Human Rights Council on 24 March 2021. Situation of human rights in Belarus in the run-up to the 2020 presidential election and in its aftermath, https://undocs.org/A/HRC/RES/46/20 - Resolution des Menschenrechtsrates über die Menschenrechtslage in Belarus, gibt gute Einblicke in die Position des Rates und der Mitgliedstaaten. (engl.) 

 

United Nations General Assembly, Resolution adopted by the Human Rights Council on 13 July 2021. Situation of human rights in Belarus, https://undocs.org/A/HRC/RES/47/19 Resolution des Menschenrechtsrates über die Menschenrechtslage in Belarus, gibt gute Einblicke in die Position des Rates und der Mitgliedstaaten. (engl.) 

 

Auswärtiges Amt, Gegen Willkür und Folter: Ein Dokumentationsmehnismus für schwere Menschenrechtsverletzungen in Belarus, 09. August 2021, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/themen/menschenrechte/-/2449746 - Artikel des Auswärtigen Amtes über den Dokumentatiosnmechanismus „International Accountability Platform for Belarus“. (dt)

 

            OHCHR, Special Rapporteur on the situation of human rights in Belarus, 2021, https://www.ohchr.org/en/hrbodies/sp/countriesmandates/by/pages/srbelarus.aspx - Informationen über die Sonderberichterstatterin für Belarus und ihr Mandat. (engl.)

 

Jakob Wöllenstein, Präsidentschaftswahl 2020 in Belarus, 13. August 2020, https://www.kas.de/de/laenderberichte/detail/-/content/praesidentschaftswahl-2020-in-belarus - ausführlicher Bericht über die Vorgänge rund um die Prösidentchaftswahl in Belarus. (dt.)

 

LastWeekTonight, Lukashenko: Last Week Tonight with John Oliver, 13. September 2021, https://www.youtube.com/watch?v=27FpoRiStgk&ab_channel=LastWeekTonight - Video über Präsident Lukaschenko, eher als Hintergrundinformation geeignet. (engl.)

 

            UNRIC, Menschenrechts Schützen, 2021, https://unric.org/de/un-aufgaben-ziele/menschenrechte/ - Informationen über die Menschenrechtsschutzmechanismen der Vereinten Nationen, eher als Hintergrundinformation geeignet. (dt.)

 

Deutsches Institut für Menschenrechte, Vereinte Nationen: Menschenrechtsabkommen, 2021, https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/menschenrechtsschutz/deutschland-im-menschenrechtsschutzsystem/vereinte-nationen/vereinte-nationen-menschenrechtsabkommen - Übersicht über die Menschenrechtsabkommen der Vereinten Nationen, eher als Hintergrundinformation geeignet. (dt.)

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